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    "Der Junge muss an die frische Luft": Warum Julius Weckauf gern im "falschen" Dialekt sprechen darf

    „Der Junge muss an die frische Luft“ ist der erfolgreichste 2018 gestartete deutsche Film, über den großartigen Hauptdarsteller Julius Weckauf wird dennoch diskutiert. Weil er einen rheinischen Dialekt spricht und keinen Ruhrpott-Slang.

    Warner Bros.

    +++ MEINUNG +++

    Was für ein überragender Erfolg für Caroline Link: Mit ihrem Hape-Kerkeling-Biopic „Der Junge muss an die frische Luft“ hat die „Nirgendwo in Afrika“-Regisseurin mittlerweile mehr als zwei Millionen Besucher in den deutschen Kinos begeistert und ein Ende des Hypes ist noch nicht in Sicht. Am vorgestrigen Donnerstag lag „Der Junge muss an die frischer Luft“ immer noch auf Platz 2 der deutschen Kinocharts. Am Ende der Laufzeit wird die Tragikomödie mehr als drei Millionen Zuschauer in Deutschland haben. Das liegt aber nicht nur an Links Regie (und Ruth Tomas feinem Drehbuch), sondern auch zu einem gehörigen Teil an dem heute zehnjährigen Hauptdarsteller Julius Weckauf („Lindenberg! Mach dein Ding!“), der mit „Der Junge muss an die frischer Luft“ sein Schauspieldebüt gibt.

    In unserer FILMSTARTS-Kritik schrieben wir: „Der zum Zeitpunkt des Drehs neun Jahre alte Debütant Julius Weckauf ist eine Wucht als kleiner Hans-Peter Kerkeling. Das ist unglaublich wichtig für den Film.“ Auch wenn die tolle Leistung des mit unglaublicher Natürlichkeit überzeugenden Weckauf nicht in Frage gestellt wird, übt eine Fraktion von Zuschauern Kritik daran, dass der Junge den falschen Dialekt spricht. Während der junge Hans-Peter „Hape“ Kerkeling im tiefsten Ruhrpott in Recklinghausen aufgewachsen ist und als Kind eben diesem Ruhrpott-Dialekt frönte, spricht Julius Weckauf einen rheinischen Dialekt. Seine Eltern besitzen einen Schreibwarenladen in der Nähe von Mönchengladbach. Es liegen geografisch zwar nur 100 Kilometer zwischen Mönchengladbach und Recklinghausen, sprachlich gibt es jedoch feine Unterschiede.

    Talent wichtiger als Zungenschlag

    Mir ist es eindeutig lieber, wenn Julius Weckauf als junger Hape Kerkeling authentisch und natürlich ist, als unbedingt auf den haargenau passenden Dialekt zu pochen. Klar passt dieses Detail für Puristen nicht ganz, aber das akzeptiere ich gern, wenn es sein muss. Wie Caroline Link erklärte, gab es zwar massiv Bewerber für die Rolle, aber gar nicht so viele konkrete Kandidaten, die tatsächlich als qualifiziert in Frage kamen. Weckauf selbst wurde erst acht Wochen vor Drehbeginn verpflichtet. „Der Julius hat ein unglaubliches Sprachgefühl. Kinder können oft gucken, aber wenn sie sprechen müssen, wird es schwierig“, sagte Link im Interview mit der Hamburger Morgenpost. Da ist die Regisseurin diesen Dialekt-Kompromiss eingegangen, weil der Junge den ihm vertrauten rheinischen Zungenschlag besser draufhatte als den Ruhrpott-Dialekt – den übrigens seine Co-Stars Hedi Kriegeskotte (als Oma Änne), Joachim Król (als Opa Willi), Rudolf Kowalski (als Opa Hermann) und Sönke Möhring (als Vater Heinz) als Ruhrpott-Originale sprechen.

    Auch Horst Schlämmer spricht Rheinsch

    Zum Ausgleich lässt sich – sozusagen als sprachlicher Trostpreis – noch argumentieren, dass Weckauf so im Dialekt von Horst Schlämmer spricht, also jener Kunstfigur, die Hape Kerkeling über Jahre spielte und der er sogar einen Kinofilm („Horst Schlämmer – Isch kandidiere!“) widmete. Als stellvertretender Chefredakteur des fiktiven Grevenbroicher Tagblatts spricht der Mann mit dem Herrenhandtäschchen reinstes Rheinisch. Weckauf wusste übrigens vor dem Dreh gar nicht, dass Hape Kerkeling hinter der Schlämmer-Figur steckt und wer das überhaupt ist. „Ich kannte nur Horst Schlämmer. Ich dachte, der wäre echt“, meinte der Junge im Stern-Interview.

    „Der Junge muss an die frische Luft“ läuft seit dem 25. Dezember 2018 in den deutschen Kinos und ist in dieser Woche immer noch in knapp 800 Lichtspielhäusern zu sehen.

     

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