Am 8. November 2018 erschien die neue Ausgabe des deutschen Playboys. Darin wurde Filmkomponist Ennio Morricone zitiert, wie er Quentin Tarantino einen „Kretin“ nennt. „Er klaut nur bei anderen und setzt das neu zusammen. Daran ist nichts originell“, wirft der legendäre Schöpfer von Filmmusiken wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder „Es war einmal in Amerika“ dem Kultregisseur darin angeblich vor. Wir berichteten Ende vergangene Woche über die harsche Kritik, die Morricone über Tarantino äußerte. Auch in Richtung der Oscarverleihung und über die Academy gab es einen klaren Seitenhieb.
Nun heißt es aber, dass besagtes Playboy-Interview, das zum Teil auch auf der Website des Magazins nachzulesen ist, so nie stattgefunden habe und sämtliche Zitate von Morricone falsch seien. Dies erklärt zumindest Ennio Morricone in einem Statement, welches die italienische Zeitung Republica veröffentlichte und mittlerweile auch von Morricone via Facebook verbreitet wurde. Darin heißt es unter anderem: „Ich habe nie irgendwelche negative Aussagen über die Academy, Quentin oder seine Filme getroffen und vor allem habe ich diese nicht als Müll bezeichnet.“
Morricone liebte die Arbeit mit Tarantino
Der 90-Jährige kündigte auch rechtliche Konsequenzen und das Einschalten seines Anwalts an. Vor allem aber stellte Morricone klar, dass er in Wirklichkeit sehr viel von Tarantino halte und ihn als größten Regisseur dieser Zeit sehe. „Ich bin begeistert von der Arbeit mit ihm und der Beziehung, die aus dieser entstanden ist“, so der langjährige Filmmusiker, der für Tarantinos „The Hateful 8“ den Score kreierte. Obwohl man bereits in früheren Werken des „Pulp Fiction“-Regisseurs Morricone-Stücke hören könnte, war „The Hateful 8“ die erste ausgiebiege Zusammenarbeit der beiden Filmgrößen,nachdem Tarantino zuvor zum Beispiel für „Inglourious Basterds“ schon auf bereits existierende Werke Morricones zurückgegriffen hat. Für „The Hateful 8“ gewann der Italiener im Jahr 2016 prompt den Oscar - nach einem vorherigen Ehrenpreis den ersten für eine bestimmte Filmmusik.
Der Oscar ist eine Ehre
Auch diese Ehrung bedeutet Morricone viel. Während es im deutschen Playboy heißt, der Musiker bezeichne die Oscars als „peinliche“ und „langweilige Veranstaltung“, rechnet Morricone im Gespräch mit der Republica seine Auszeichnung der Academy hoch an und spricht gar von „einer der größten Anerkennungen“ seiner Karriere. Er sei zudem auf ewig dankbar, für diesen Film die Musik beigesteuert haben zu dürfen.
Update: Der Playboy-Verlag reagiert
Update vom 13.11., 8 Uhr: Gegenüber Spiegel Online veröffentlichte der Burda Verlag, in dem der Playboy erscheint, eine Stellungnahme: „Wir wundern uns, dass Komponist Ennio Morricone bestreitet, dem deutschen Playboy ein Interview gegeben zu haben. Tatsächlich hat das Gespräch am 30. Juni 2018 in seinem Anwesen in Rom stattgefunden. Das Interview war über den Konzertveranstalter Semmel Concerts, der ebenfalls bei dem Gespräch anwesend war, für den deutschen Playboy vereinbart. Ähnlich irritiert sind wir darüber, dass Teile der veröffentlichten Aussagen so nicht getroffen worden sein sollen.“
Update vom 13.11., 17 Uhr: Nun rudert der Playboy doch zurück. Chefredakteur Florian Boitin wird in einer Stellungnahme mit dem Eingeständnis zitiert: „Nach jetzigem Kenntnisstand müssen wir jedoch leider davon ausgehen, dass das im Interview gesprochene Wort von ihm in Teilen nicht korrekt wiedergegeben wurde.“ Die Schuld daran sieht man bei dem freien Autor, der das Interview geführt hat und an dessen Integrität es bislang keinen Zweifel gegeben habe. Mann bedauere, „wenn Herr Morricone dadurch in ein falsches Licht gerückt worden sein sollte.“ Der Playboy arbeite zudem weiter an der Aufklärung des Sachverhalts und prüfe rechtliche Schritte.
Update vom 14.11., 14 Uhr: Nun wurde eine Entschuldigung des Interviewers Marcel Anders veröffentlicht (via meedia), die an Morricones Agentur ging: „Ich entschuldige mich aufrichtig bei dem Maestro und allen Beteiligten. Ich hätte bei dem originalen Interview, das in Rom aufgenommen wurde, bleiben und nichts hinzufügen sollen, das nicht korrekt ist. Das war ein schrecklicher Fehler. Bitte nehmen Sie meine Entschuldigung an.“
In einem aktuellen Interview mit der Berliner Zeitung sind Ennio Morricones Äußerungen zu Quentin Tarantino übrigens deutlich milder. Der Regisseur wird von Morricone dort „liebenswert, aber total chaotisch“ genannt. Er sei „ein Großer des heutigen Kinos“, der allerdings sehr viel aus anderen Filmen entlehne und Musik manchmal nicht so einsetze, dass sie zum Gesamteindruck passe. Das habe nur Stanley Kubrick perfekt gekonnt. Morricone zeigt sich hier also kritisch, aber eben nicht herabwürdigend.