„Kreative Differenzen“ wurden beim Ausstieg von Danny Boyle aus „James Bond 25“, dem noch unbetitelten finalen Auftritt von Daniel Craig als 007, als offizielle Begründung genannt. Es ist die Formulierung, die in Hollywood immer vorgeschoben wird, wenn die genauen Gründe nicht ans Licht kommen sollen. Doch sehr oft klappt das nicht. Nun liefert die britische Zeitung Sun einen detaillierten, aus verschiedenen Quellen zusammengetragenen Bericht, was wirklich vorgefallen sein soll.
Wir weisen dabei daraufhin, dass es sich bei der Sun um ein Boulevardblatt handelt, dass zur Skandalisierung neigt und daher nicht die zuverlässigste Quelle ist. Allerdings hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass die Kollegen in Sachen „James Bond“ nah an Insiderinformationen sitzen und ihre Artikel sehr oft zutreffend sind. Zudem decken sich viele der Informationen mit denen, die in der Branche die Runde machen. Daher wollen wir euch die neuen Gerüchte zu den Problemen hinter den Kulissen von „Bond 25“ nicht vorenthalten.
Zwist ums Drehbuch
Bereits in unserem Artikel zum Ausstieg von Danny Boyle stellten wir die Vermutung auf, dass es mit einem Streit ums Drehbuch zusammenhängen könnte. Denn es war zwischenzeitlich durchgesickert, dass Boyle verlangte, dass sein langjähriger Autor John Hodge ein eigenes Skript schreibt, obwohl bereits ein Drehbuch der Bond-Stamm-Autoren Neal Purvis und Robert Wade in Arbeit war. Laut der Sun stimmt dies nicht nur, man habe sogar Purvis und Wade komplett ersetzt, diese hätten also ihre Arbeit eingestellt.
Die Quellen des Blatts berichten nun aber, dass es massiven Streit über das von Hodge dann abgelieferte Skript gab. Die Idee von Hodge und Boyle hätte sich massiv von einem traditionellen 007-Blockbuster unterschieden. So habe das Duo versucht, mehr „aktuelle Themen“ aufzugreifen. Das Franchise solle, so die Sun, Boyles Meinung nach mit der Zeit gehen und in die #MeToo-Ära überführt werden.
Dass Boyle eine sehr abweichende Vorstellung für einen neuen 007-Film hat, kursiert schon länger. Von Boyle gibt es dazu auch ein passendes Zitat im aktuellen Sun-Artikel: „Du erkennst das Vermächtnis der Welt von Bond an und du schreibst in dieser Welt, aber du schreibst auch in der modernen Welt.“ Als Zugeständnis an die alte Bond-Welt hätte Boyle so einen russischen Bösewicht ins Zentrum der Geschichte gestellt, das Drumherum wäre dann aber moderner geworden. Doch laut den Quellen der Sun sei dieses „artsy concept“ den Bond-Produzenten zu riskant gewesen sein. Das sei ein Hauptgrund des Streits gewesen, womit wir zu der Person kommen, die bei James Bond mehr Einfluss hat, als viele denken.
Die Macht des Daniel Craig
Schon länger machen Meldungen die Runde, dass kein 007-Star jemals auch nur annähernd so viel Einfluss auf die Filme hatte wie Daniel Craig. Wiederholt wurde berichtet, dass der Schauspieler und Regisseur Sam Mendes bei „Skyfall“ und „Spectre“ immer wieder aneinandergerieten. Mendes gestand dies nach „Skyfall“ auch öffentlich ein, verwies aber darauf, dass man sich am Ende immer wieder zusammenraufen konnte. Bei „Spectre“ soll es aber immer schlimmer geworden sein. Craig habe Mendes damals spüren lassen, dass er der Boss ist. Die Freundschaft der beiden sei darüber zerbrochen.
Das greift die Sun nun auf, die berichtet, dass Daniel Craig unter anderem auch klargestellt habe, dass er nicht als Bond zurückkehren würde, wenn Mendes noch einmal Regie führt. Und nun sei seine Machtstellung noch weiter ausgebaut worden. Schließlich seien die Bond-Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson zu jedem Zugeständnis bereit gewesen, um Craig zurück zu holen, als der sich eine gefühlte Ewigkeit lang zierte und sich mit despektierlichen Äußerungen scheinbar schon von der Rolle verabschiedet hatte.
Laut der Sun habe Craig daher eine „außergewöhnliche Machtfülle“. Ein Indiz dafür sei, dass die Ankündigung des Abgangs von Boyle nicht nur von den Produzenten Broccoli und Wilson gemacht wurde, sondern von Broccoli und Wilson und Craig gemeinsam, so als wären alle drei gleichberechtigt. Die ungewöhnliche Nennung des Schauspielers, der bei „Spectre“ auch einen Co-Produzenten-Credit bekam, in dieser Ankündigung sorgte bei uns und in der Branche allgemein für ein wenig Verwunderung.
Daniel Craig vs. Danny Boyle
Die Machtfülle von Daniel Craig soll nun auch ein weiterer Grund sein, warum Danny Boyle entnervt hingeschmissen habe. Laut den Quellen der Sun sei Boyle bald ermüdet davon gewesen, dass er immer wieder eingeschränkt wurde, damit Craig glücklich ist. Auch Craig und Boyle seien dabei immer wieder aneinandergeraten.
Schon im Vorfeld des Drehs von „Spectre“ habe der Star mehrfach Forderungen gestellt, zum Beispiel dass Dialogzeilen oder die von ihm zu tragenden Outfits geändert werden. Es wird nun vermutet, dass sich Daniel Craig bei „Bond 25“ ähnlich einmischte und dies Boyle irgendwann zu weit ging.
Muss "Bond 25" verschoben werden?
Die Insider der Sun befürchten nun auch, dass „Bond 25“ nicht wie geplant im Herbst 2019 in die Kinos kommen wird, da ein Drehbeginn bereits im Dezember 2018 unmöglich erscheint. Schließlich dürfte das Drehbuch von Hodge und Boyle nicht mehr verwendet werden und wie weit das Skript von Wade und Purvis fertiggestellt wurde, nachdem man voll auf die Karte Boyle setzte, ist unbekannt. Und ein neuer Regisseur zeigt vielleicht auch noch Interesse, eigene Ideen einzubringen und sich ausgiebig vorzubereiten – gerade wenn man einen großen Namen verpflichten will.
Vor allem die machen nämlich die Runde, wobei nicht klar ist, wer nur in der Presse diskutiert wird und über wen Wilson, Broccoli und Craig wirklich nachdenken. Doch ein Christopher McQuarrie („Mission: Impossible - Fallout“) und ein trotz eigenem Dementi für die Gegenwart immer wieder gehandelter Christopher Nolan („The Dark Knight“) dürften kaum als Auftragsregisseure zur Verfügung stehen, die ohne großen eigenen Input eine fremde Geschichte verfilmen. Auch bei der von der Sun noch zusätzlich ins Spiel gebrachten, von den Bond-Machern angeblich sehr geschätzten Susanne Bier („The Night Manager“) ist das mehr als fraglich.
Die Sun verweist daher darauf, dass es nach Meinung von Experten aus der Industrie einen Kinostart vor Ende 2020, also ein Jahr später als geplant, nicht geben wird.
Steigt nun auch Daniel Craig aus?
Das führt bei den Kollegen von der Sun sogar zu der Frage, ob eine massive Verzögerung nicht dazu führen könnte, dass sogar Daniel Craig irgendwann wieder die Schnauze voll hat und hinschmeißt. Es gebe zumindest aufgrund von Craigs Äußerungen in der Vergangenheit und der bekannten Ungeduld des Stars die Befürchtung, dass er das Projekt verlasse. Konkrete aktuelle Informationen dazu nennt die Sun nicht, so dass wir davon ausgehen, dass Craig auch bei einer Verzögerung um ein Jahr an Bord bleibt.
Es bleibt aber spannend in Sachen „James Bond“. Und auch wenn wir nicht damit rechnen, dass Danny Boyle, der seinen Abschied bislang noch gar nicht kommentiert hat, oder die Macher sich in naher Zukunft zu den genauen Hintergründen äußern, wird es weiter Bewegung geben. Schließlich wird fieberhaft nach einem neuen Regisseur gesucht und dazu werden sehr wahrscheinlich Informationen ans Licht kommen, wie auch die Boyle-Verpflichtung schon Monate vor der Bekanntgabe gerüchteweise kursierte.