Streaming-Anbieter mischen mit einer Vielzahl an Eigenproduktionen immer stärker auf dem nach wie vor boomenden Serienmarkt mit. Amazon hatte dabei bisher eine ganz besondere Strategie, wenn es darum ging, neue Formate anzutesten. Seit 2013 stellte der Online-Riese jedes Jahr zunächst Pilotfolgen für potentielle Serien online und wollte seinen Prime-Kunden so ein Mitsprachrecht bei der Produktion von Serienstoffen einräumen. Je nach Beliebtheit und Interesse wurde entschieden, ob ein Format tatsächlich in Serie gehen würde (obgleich das letzte Wort natürlich trotzdem immer noch Amazon selbst hatte). Was sich aufgrund ausbleibender diesjähriger Piloten schon abgezeichnet hatte, wurde nun bestätigt: Wie die neue Amazon-Studios-Chefin Jennifer Salke verkündete (via IndieWire), gehört Amazons Pilotprogramm der Vergangenheit an.
Zu langwieriger Prozess
Während so mancher Amazon-Prime-Nutzer dem bisherigen Vorgehen hinterhertrauern dürfte, leuchtet die Begründung für dessen Abschaffung durchaus ein. So räumte Amazons Serien-Chef Albert Cheng ein, dass es auf dem bisherigen Wege einfach zu lange dauerte, bis die Zuschauer die Serie, die sie sich wünschen, dann auch wirklich bekommen würden. Erst nach der Umsetzung des Piloten, der Abstimmung durch die Prime-Kunden und einer darauffolgenden Bestellung der Serie würde es ans Schreiben und die Umsetzung der weiteren Folgen gehen. So verging bislang zwischen Pilotfolge und kompletter erster Staffel in der Regel mehr als ein Jahr.
Die Gefahr, dass das Interesse an einem zunächst beliebten Stoff in der Zwischenzeit abflaut, ist groß – und wurde in jüngerer Vergangenheit etwa durch die Comedy-Serie „Jean-Claude Van Johnson“ demonstriert. Während die erste Folge auf viel Gegenliebe stieß, reichten Amazon die Abrufe der fünf Folgen, die 14 (!) Monate später nachgeschoben wurden, nicht aus, um die Serie über eine erste Staffel hinaus zu verlängern.
Um solchen Wartefrust zu vermeiden, kündigte Salke etwas kryptisch an, dass man künftig auf eigene Testwerte und einige Zuschauerdaten zurückgreifen werde, um Entscheidungen über neue Formate zu fällen. Viele Projekte wie etwa die kommende „Herr der Ringe“-Serie werden inzwischen gar direkt ohne Pilotphase bestellt. Konkurrent Netflix geht bei den eigenproduzierten Serien genauso vor.
Alternative zu Netflix
Auch wenn sich der Produktionsprozess von Amazon-Serien nun also dem anderer Streaming-Dienste wie etwa Netflix annähert, will man sich von diesen weiterhin abgrenzen. Salke machte mit einem klaren Seitenhieb in Richtung Netflix klar, dass man weiterhin eher auf Qualität statt auf Quantität setzen wolle. Demzufolge soll der Output nicht so massiv erhöht werden, wie das bei Netflix der Fall ist, wo 2018 im Zuge einer milliardenschweren Investition so viele Original-Stoffe erscheinen sollen wie in noch keinem Jahr zuvor. Bei Amazon soll laut Salke eine „besser betreute Gruppe talentierter Serienmacher“ aufgebaut werden, für die bei der Umsetzung der „bestmöglichen Inhalte“ „Originalität, kreative Exzellenz und Unterhaltung“ an allererster Stelle stehen sollen.
Neue Serien von Nicole Kidman und Reese Witherspoon
Auch wenn Amazon in Sachen Veröffentlichungs-Frequenz vielleicht nicht mit Netflix gleichzieht, sind auch bei dem Online-Händler aktuell zahlreiche Formate in der Entwicklung. Zu den neuesten bestätigten Serien gehören die von Oscarpreisträgerin Reese Witherspoon produzierte Musikserie „Daisy Jones & The Six“ über den Aufstieg einer fiktiven Rockband im L.A. der 1970er Jahre, die Horrorserie „Them“, die vom „Parks And Recreation“-Co-Schöpfer Greg Daniels kreierte romantische Sci-Fi-Satire „Upload“ sowie die Bestseller-Adaption „The Expatriates“, bei der Hollywood-Star Nicole Kidman als Ausführende Produzentin zu den treibenden kreativen Kräften gehört.