Ein floppender Kinofilm in der Sternensaga? Das schien in der bisherigen Disney-Ära im „Star Wars“-Franchise eigentlich unmöglich, schließlich haben Werke wie „Rogue One: A Star Wars Story“ und „Star Wars 8: Die letzten Jedi“ jeweils mehr als eine Milliarde US-Dollar weltweit eingespielt und „Das Erwachen der Macht“ sogar mehr als zwei Milliarden. Mit dem Spin-off „Solo: A Star Wars Story“ scheint die Erfolgssträhne des Studios vorerst zum Ende gekommen zu sein, denn sowohl in den USA als auch in Deutschland ist die Geschichte um den jungen Han Solo als schwächster Eintrag der Marke in den Kinos gestartet – sogar der Bogey-Award wurde hierzulande verpasst. Wie The Hollywood Reporter nun berichtet, reißen die Negativmeldungen nicht ab: Analysten und Finanzexperten rechnen nämlich mit hohen Verlusten.
Kann "Solo" gerettet werden?
Schätzungen zufolge hat die komplizierte Produktion von „Solo“ an die 250 Millionen US-Dollar gekostet und das schließt noch nicht einmal die sicherlich horrenden Ausgaben für das Marketing mit ein. Angesichts dieser hohen Zahlen wäre es eine absolute Notwendigkeit gewesen, dass der Film die entsprechenden Summen umsetzt. Das scheint sich allerdings nicht einzustellen: Nachdem wir erst kürzlich vermeldeten, dass ein weltweites Einspiel zwischen 525 bis 575 Millionen US-Dollar prognostiziert wurde, geht man im neuen Bericht von THR mittlerweile nur noch von etwa 400 Millionen Dollar Umsatz aus, was eindeutig zu wenig für einen Film dieser Preisklasse ist.
Ein Wall-Street-Analyst rechnet daher mit Verlusten von bis zu 50 Millionen US-Dollar, andere nicht näher benannte Quellen gehen sogar von über 80 Millionen aus. Allerdings muss man festhalten, dass keinem dieser Experten die exakten Verträge von Disney bekannt sind, die das Studio für die Auswertung auf dem TV-, Heimkino- und anderen Sektoren (etwa Merchandise) abgeschlossen hat. Es ist demnach sehr gut möglich, dass die an den Kinokassen ganz klare finanzielle Enttäuschung auf anderem Wege mindestens abgeschwächt oder vielleicht sogar kompensiert werden kann. Trotzdem kann festgehalten werden: „Solo: A Star Wars Story“ ist der erste Film im Franchise, der seit der Übernahme von Lucasfilm durch Disney in den Lichtspielhäusern durchfällt.
Das Marketing ist schuld!
Angesichts der Misere wird natürlich nach Ursachen gesucht. Wir haben bereits einige mögliche Faktoren wie zum Beispiel enttäuschte Erwartungen herausgearbeitet, aber dem Medienanalysten Doug Creutz nach liegt die Erklärung für das schlechte Einspielergebnis vor allem am für Disney-Verhältnisse schlechten Marketing (via Deadline). Um das zu verdeutlichen, vergleicht Creutz in seinem Bericht für Investoren die jeweils ersten Teaser zu „Rogue One“ und „Solo“.
Dabei argumentiert Creutz, dass es Disney nicht gelungen sei, Hauptdarsteller Alden Ehrenreich dem breiten Publikum als Han Solo zu verkaufen. Man habe sein Gesicht für lediglich zehn Sekunden richtig sehen können im ersten Teaser, was eindeutig zu kurz gewesen sei. Beim ersten „Rogue One“-Teaser hingegen würde man sich allein die ersten 35 Sekunden lang hauptsächlich auf Felicity Jones als Jyn Erso konzentrieren und sie so als neue Heldin etablieren. Anschließend wird die zweite Hälfte von der imperialen Alarmsirene und der Stimme von Forest Whitaker als Saw Gerrera dominiert, was Creutz zufolge dem Zuschauer schon ein „Gefühl eines epischen Erlebnisses“ vermittelt, ehe mit einer weiteren heldenhaften Einstellung von Jyn der Teaser zu Ende geht.
Wichtig sei in diesem Zusammenhang außerdem der Veröffentlichungszeitpunkt der Teaser: Die erste „Rogue One“-Vorschau sei ganze 247 Tage vor dem Kinostart erschienen, wodurch mehr Zeit war, um einen Hype um den Film entstehen zu lassen. Bei „Solo“ hingegen wäre der erste Teaser gerade einmal 108 Tage vorher erschienen, was ein viel kleineres Zeitfenster zur Vorfreude darstellen würde. Auch insgesamt, so Creutz, sei die Marketingkampagne von Disney viel zu spät in die Vollen gegangen.
Ein Lösungsvorschlag
Ferner räumt Creutz mit einigen anderen Erklärungsversuchen zum „Solo“-Flop auf: Das Publikum sei NICHT von „Star Wars“ übersättigt. Als Vergleich zieht er die Filme von Marvel heran, denn immerhin seien in einem Zeitraum von nur sechs Monaten mit „Thor 3“, „Black Panther“, „Avengers 3“ und „Deadpool 2“ gleich vier Comicverfilmungen der Marke in den USA herausgekommen, ohne dass sich beim Publikum Ermüdungserscheinungen gezeigt hätten.
Es war auch schon zu vernehmen, dass die eher zwiespältigen Meinungen der Fans zu „Die letzten Jedi“ auf „Solo“ abgefärbt haben könnten: „Aber da das Franchise ‚Die dunkle Bedrohung‘ und ‚Angriff der Klonkrieger‘ überlebt hat, konnten wir es nur schwer glauben, dass ‚Die letzten Jedi‘ solch großen Schaden angerichtet haben könnte“, schrieb Creutz. Die schwierige Produktion soll ebenfalls keinen Einfluss auf das schlechte Einspielergebnis gehabt haben, da es sich in erster Linie um interne Angelegenheiten gehandelt habe, von dem die breite Masse eh nichts gewusst habe.
Ein Vorschlag wird am Ende des Berichtes auch noch gemacht: Dave Filoni sollte idealerweise innerhalb von Lucasfilm befördert werden. Filoni hat mit „Star Wars Rebels“ und „Star Wars: The Clone Wars“ zwei sehr erfolgreiche Animationsserien zu verantworten und werkelt aktuell fleißig mit „Star Wars Resistance“ an einer dritten. Insgesamt habe er an zehnmal mehr „Star Wars“-Material gearbeitet als alle Kinofilme zusammengenommen und er würde die Marke wie kaum ein anderer verstehen.
Wookie ohne Leine: Chewbacca bekommt in "Solo" endlich den verdienten RespektWie es nach „Solo: A Star Wars Story“ weitergehen wird, steht angesichts der finanziellen Schlappe wohl noch in den Sternen. Alden Ehrenreich hat für weitere Filme bereits unterschrieben, aber ob diese nun auch umgesetzt werden, ist fraglich. Wir sind aber der Meinung, dass der Flop eigentlich eine ziemlich gute Sache für die Marke „Star Wars“ ist.