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    "Game Of Thrones"-Konkurrenz von Netflix? Pilotkritik zu "Troja: Untergang einer Stadt"

    Seit dem 6. April 2018 könnt ihr euch auf Netflix „Troja: Untergang einer Stadt“ anschauen. Doch was taugt die neue Historienserie? Kann sie „Game of Thrones“ Paroli bieten? Wir haben die Pilotepisode gesehen und sagen es euch.

    Netflix

    „Bringt mir ‚Game Of Thrones’”, forderte Amazon-Chef und Gründer Jeff Bezos im Herbst 2017 lautstark, unzufrieden mit der Hit-Ausbeute des hauseigenen Streaming-Dienstes. Und er ist bei weitem nicht der einzige, der dem Fantasy-Straßenfeger aus dem Hause HBO nacheifern und in Zukunft Paroli bieten will: Sky sendete zuletzt die Historienserie „Britannia“, deren Pilotfolge uns mit „intriganten Ränkespielen und dreckiger Historien-Action mit dezenten Fantasy-Einschüben“ überzeugen konnte. Der History-Channel zog nach und präsentiert mit „Knightfall“ derzeit eine blutige Ritter-Serie zur Zeit der Kreuzzüge, die uns jedoch schon weniger begeisterte (in Deutschland läuft die Serie bei Entertain TV).

    Mit „Troja: Untergang einer Stadt“ folgt nun schon innerhalb von kürzester Zeit das dritte, zum „Game Of Thrones“-Thronerbe hochstilisierte Geschichtsepos in Serienform. Doch das von der BBC in Auftrag gegebene und außerhalb Großbritanniens von Netflix vertriebene „Troja“, dessen acht Episoden ihr euch seit dem 6. April 2018 auf der Streaming-Plattform anschauen könnt, ist leider die misslungenste der drei Serien. Warum, erfahrt ihr nachfolgend in unserer Pilotkritik.

    Die Story von "Troja: Untergang einer Stadt"

    Die Handlung der Serie beginnt mit dem jungen Hirten Paris (Louis Hunter), dem in einem Wald einige griechische Gottheiten begegnen. Unter anderem befindet sich darunter auch Liebesgöttin Aphrodite (Lex King), die ihm auch gleich die schönste Frau der Welt verspricht. Wie es der Zufall will, verschlägt es Paris kurz darauf in die nahe gelegene Stadt Troja, wo sich herausstellt, dass er in Wahrheit Alexandros, der Sohn des dortigen Königspaares Priam (David Threlfall) und Hecuba (Frances O’Connor) ist. Schnellstens muss sich der nun adelige Ex-Hirte von seinem Ziehvater verabschieden und Pflichten in seiner neuen Familie übernehmen.

    Dies führt ihn nach Sparta, wo er Hermione (Grace Hogg-Robinson), die junge Tochter der wunderschönen Helena (Bella Dayne) und ihres Mannes, König Menelaus (Jonas Armstrong), kennenlernen und bald darauf zur Frau nehmen soll. Doch Alexandros alias Paris verliebt sich stattdessen Hals über Kopf in die spartanische Königin und sieht in ihr die ihm von Aphrodite versprochene, schönste Frau der Welt. Also flieht er aus der griechischen Stadt – natürlich nicht allein…

    Dröge Handlung, unsympathische Figuren

    Homers „Ilias“, auf der „Troja: Untergang einer Stadt“ basiert, bietet ohne Zweifel mehr als genug Stoff für eine spannende (Mini-)Serie voller faszinierender Figuren und epischer Auseinandersetzungen. Leider ist davon in der Pilotepisode (noch) gar nichts, aber auch rein gar nichts zu sehen oder zu spüren: In der ersten halben Stunde springt Regisseur Owen Harris, der unter anderem auch die „Black Mirror“-Episode „San Junipero“ inszenierte, so hastig durch die Stationen von Paris‘ Leben bis zu dessen erstem Zusammentreffen mit Helena, das selbst spannende Handlungselemente, wie zum Beispiel die Offenbarung, dass er kein einfacher Hirte sondern ein Prinz Trojas ist, nur minimal angeschnitten werden.

    So erhält man als Zuschauer nicht einmal die Chance, sich für diese Vorgänge zu begeistern oder gar emotional zu involvieren. In der zweiten Hälfte der Pilotfolge wird das Tempo dann radikal reduziert und die sich anbahnende Liebe zwischen Paris und Helena wird ins Zentrum der Inszenierung gerückt – und dennoch entsteht im Laufe der Episode keinerlei Chemie zwischen den Liebenden. Zu keiner Zeit kauft man ihnen die Gefühle zueinander ab und als sie schließlich gemeinsam im Bett landen, dann ist ihr verschwitztes Techtelmechtel im prächtigen Zelt der Königin nicht erotischer als das leidenschaftslos-steife Rumgebumse in Tommy Wiseaus Kult-Katastrophe „The Room“.

    Netflix

    Einen Großteil zu diesem bedauernswerten Umstand tragen die Darsteller bei. Sämtliche Leistungen bewegen sich höchstens auf durchschnittlichem TV-Niveau, mit gelegentlichen Ausschlägen nach unten. Gerade Hauptdarsteller Louis Hunter wird zu einem entscheidenden Schwachpunkt: Der bisher noch nicht großartig in Erscheinung getretene Australier („The Secret Circle“) spielt steif, bleibt durchgängig unsympathisch und vor allem porträtiert er den draufgängerischen Tunichtgut zu keiner Sekunde überzeugend oder glaubhaft.

    Und da auch Helena-Darstellerin Bella Dayne („The Man In The High Castle“) ihrer Figur außer Schönheit keinerlei Facetten verleihen zu mag, bleibt das Kernelement der ersten Folge – also die schwelende Liebe zwischen der Spartanerin und dem Trojaner – erschreckend emotionsarm. Schlussendlich bleibt man nach Ende der einstündigen Auftaktepisode ob der drögen und höhepunktlosen Handlung und den eindimensional-langweiligen Figuren ernüchtert zurück, wenn man es denn überhaupt bis dorthin geschafft hat.

    Eher "Xena" und "Hercules" als "Rom"

    Bei einer Historienserie mit Fantasy-Anstrich stehen Geschichte und Figuren aber sicherlich nicht für alle Zuschauer an erster Stelle – auch bombastische Schauwerte und actionreiche Sequenzen stehen auf der Wunschliste, vor allem, wenn der obligatorische „Game of Thrones“-Vergleich gezogen wird. Doch auch in dieser Hinsicht enttäuscht „Troja: Untergang einer Stadt“. Es gibt lediglich zwei kurze Einstellungen, die ein wenig visuellen Charme versprühen: Einmal sieht man das Segelschiff, mit dem Paris und seine Gefolgsleute nach Sparta kommen, zudem kann man einen Panorama-Blick auf die antike griechische Stadt erhaschen. Beide Szenen sind auf ordentlichem TV-Niveau – was jedoch nicht viel aussagt, da sich der größte Rest der Folge in kleinen, dunklen Räumen oder engen Gassen abspielt. Wer Schauwerte sucht, ist bei der „Troja“-Pilotfolge fehl am Platz.

    Netflix

    Auch ein realistischer Look geht der Serie bisher komplett ab: Während zum Beispiel „Rom“ (die Serie brachte es zwischen 2005 und 2007 leider nur auf zwei Staffel), ein Vorbild in puncto akkurater Fernseh-Antike darstellt, erinnert „Troja“ größtenteils an den artifiziellen Stil der Starz-Produktion „Spartacus“ oder sogar an eine modernere Version von „Hercules“ beziehungsweise „Xena“.

    Darum solltet ihr die Finger von "Troja" lassen

    Insgesamt ist die erste Episode der neuen Netflix-Serie bei uns radikal durchgefallen. Vor allem dem Vergleich zur Blockbuster-Show „Game of Thrones“ hält sie zu keiner Sekunde stand: Sowohl Figuren als auch deren Darsteller bleiben uninteressant und unsympathisch, die Geschichte und deren Inszenierung können eigentlich nie überzeugen oder gar begeistern und auch hinsichtlich Ausstattung und Schauwerten werfen die „Troja“-Macher ihren Zuschauern nur kleinste Brotkrumen hin. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie ihr Budget für die große Schlacht um die Stadt in der heutigen Türkei aufgespart haben und spätestens dort ansprechende Historien-Action geboten wird. Und vielleicht könnte auch die Figur des mächtigen Helden Achilles ein Hoffnungsschimmer sein: Dieser wird von David Gyasi („Cloud Atlas“, „Auslöschung“) verkörpert und wird im Laufe der acht Episoden eine entscheidende Rolle spielen. Allerdings wird es selbst für einen beinahe unbezwingbaren Helden wie Achilles schwer, diesen Karren noch aus dem Dreck zu ziehen.

    Daher unsere Empfehlung: Verzichtet auf „Troja: Untergang einer Stadt“ und schaut stattdessen nochmal „Game Of Thrones“ oder „Rom“. Oder auch Wolfgang Petersens Hollywood-„Troja“ von 2004 mit Orlando Bloom als Paris und Diane Kruger als Helena.

    Die gesamte erste Staffel von „Troja: Untergang einer Stadt“ steht seit dem 6. April 2018 auf Netflix zum Abruf bereit.

     

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