Im Rahmen des Sundance Film Festivals plauderte Steven Soderbergh mit IndieWire über die Zukunft seines Handwerks. Als durchschlagende Neuerung stellte er dabei das Drehen von Material über eine Handykamera in den Fokus. Sein Horrorfilm „Unsane – Ausgeliefert“ wurde komplett via iPhone gedreht, ein Umstand, der den Filmemacher über alle Maßen begeisterte: „Ich denke, das ist die Zukunft. Jeder, der den Film sieht und nicht weiß, wie er produziert wurde, wird nicht ahnen, dass er auf einem Smartphone aufgenommen wurde. [...] Ich hab ihn auf einer 12 Meter hohen Leinwand gesehen. Sieht geschmeidig aus wie Samt. Ein absoluter Gamechanger.“ Er gab zu verstehen, dass er auch in Zukunft jederzeit wieder auf diese Methode zurückgreifen würde. „Für viele Leute gibt es bei der Größe des Aufnahmegeräts eine philosophische Hemmschwelle. Die habe ich nicht. Ich sehe das als eine der befreiendsten Erfahrungen, die ich jemals als Filmemacher gemacht habe und immer noch mache. Der Erfolg, den ich Moment für Moment gespürt habe, war so bedeutend, dass für mich hier ein neues Kapitel beginnt.“
Soderbergh äußerte sich auch zu anderen Aspekten des Geschäfts. So zeigte er sich beispielsweise gegenüber Netflix und dessen Vertriebsmodell sehr positiv eingestellt. Er warf Kritikern des Streaminggiganten vor, nicht mit der Zeit zu gehen und sich umsonst aufzuregen: „Sich über Netflix aufzuregen ist, wie sich über’s Wetter aufzuregen. Es wird so oder so passieren, wir können uns nur entscheiden, wie wir damit umgehen. So schnell werden die nicht verschwinden. Für jeden Fall, bei dem man sagen kann ‚Oh, sie sind in diesem oder jenen Feld destruktiv oder kannibalistisch‘, verschaffen sie anderswo Filmemachern Zuschauer auf einer Plattform, die ohne sie nicht existieren würde. […] Du machst diese Dinger nicht, damit sie geheim bleiben.“
Videokassette statt Netflix: Quentin Tarantino guckt altmodischTrotz seiner progressiven Einstellung gegenüber Streaming, stellte Soderbergh klar, dass in seiner Vision von der Zukunft auch immer Platz für Kino sein wird. Auch für den von ihm produzierten Film „The King“, den er auf dem Sundance Filmfestival promotete, sieht er einen Kino-Release vor: „Wenn Leute sagen, das Kino sei tot, dann sag‘ ich immer, OK, also hätten die Macher von „Get Out“ den Film an eine [Streaming-]Plattform verkaufen sollen? Dann wäre dieser wahnsinnige, weltweite Riesenerfolg an den Kinokassen aber ausgeblieben. Am Ende muss das jeder Filmemacher für sich selbst entscheiden.“
Am 29. März 2018 können sich Zuschauer selbst einen Eindruck davon machen, welche Bildgewalt Soderbergh tatsächlich aus seiner Handykamera herauskitzeln konnte. Dann startet „Unsane - Ausgeliefert“ in den deutschen Kinos. Den ersten Trailer erwarten wir bereits in Kürze.