Achtung, kein Witz: Es folgen Spoiler zu „Star Wars: Episode 8“!
Julius Vietzen: In den vergangenen Monaten habe ich mich anhand der Beispiele „Thor 3: Tag der Entscheidung“ und „Justice League“ am Thema „Humor im zeitgenössischen Blockbuster“ abgearbeitet und irgendwie scheine ich davon nicht so richtig loszukommen. Denn auch auf die Gefahr hin, die Leser hier bei FILMSTARTS langsam zu nerven: Bei „Star Wars: Die letzten Jedi“ muss ich wieder über dasselbe Thema meckern. Ich habe es bereits in meinem Meinungsartikel über den unangebrachten Humor in „Thor 3“ gesagt und wiederhole es hier, damit niemand auf falsche Gedanken kommt: Ich habe absolut nichts dagegen, im Kino zu lachen. Ich habe auch beim neuesten „Star Wars“-Film wieder einige Male herzhaft gelacht und nein, die knuffigen Vogelviecher Porgs stören mich nicht nennenswert. Das Problem liegt für mich vielmehr in der Art des Humors. Denn auch in „Die letzten Jedi“ wird gezwinkert, bis die Augen schmerzen.
Die Tierchen sind ok, aber...
Direkt in der ersten Szene geht es schon los damit: General Hux (Domhnall Gleeson) war schon in „Das Erwachen der Macht“ fast eine Karikatur (man denke an seine Rede vor den versammelten Legionen der Ersten Ordnung), doch in „Die letzten Jedi“ wird er nun endgültig der Lächerlichkeit preisgegeben. Seine Sprechweise ist noch exzentrischer geworden und Gleeson trägt fast den ganzen Film über eine übertrieben bösartige Schurken-Fratze zur Schau. Dass man von dieser Bösewicht-Karikatur jedoch nichts wirklich Schlimmes zu befürchten hat, macht bereits Hux‘ Unterhaltung mit Poe Dameron (Oscar Isaac) deutlich, in der dieser den General gleich zu Filmbeginn vor seiner kompletten Mannschaft bloßstellt.
Der lustige Luke
Im Auftakt dient der Humor jedoch immerhin einem erzählerischen Zweck: Poe will Hux so lange hinhalten, bis die Basis des Widerstands vollständig evakuiert ist und die Bomber zu ihrem Gegenangriff bereit sind – was natürlich die Frage aufwirft, wie Hux es jemals zum General bringen konnte, wenn er dieses simple Täuschungsmanöver nicht durchschaut. Anders sieht es bei der direkt anschließenden Szene aus: Ich kann beim besten Willen keinen erzählerischen Sinn darin erkennen, dass Luke (Mark Hamill) sein altes Lichtschwert, das Rey (Daisy Ridley) ihm übergeben will, einfach kommentarlos hinter sich wirft.
Natürlich will Luke die Verantwortung nicht, die Rey ihm mitsamt dem Lichtschwert zu übergeben droht, doch das hätte Regisseur Rian Johnson anders viel treffender zum Ausdruck bringen können – ganz abgesehen davon, dass es meiner Meinung nach schlicht und einfach nicht zu Luke passt, wie man ihn aus den vergangenen Filmen kennt. Hinzu kommt: Mit diesem kleinen Gag hat man mal eben schnell den großartigen Gänsehaut-Moment am Ende von „Das Erwachen der Macht“ untergraben, an den diese Szene ja direkt anschließt. Fortan wird das Ende von „Star Wars 7“ für mich immer einen faden Beigeschmack haben.
Wer braucht schon Dramatik?
Auch an einem weiteren irritierenden Moment ist Luke beteiligt. Felsenfest scheint zuvor seine Entschlossenheit, sich nicht wieder in die galaktischen Konflikte verwickeln zu lassen und er weigert sich vehement, Rey als seine Schülerin zu akzeptieren. Doch dann schleicht er sich an Bord des Millennium Falken, wo er seinen alten Freund und Gefährten R2-D2 trifft. Auch der versucht Luke zu überzeugen, der sich aber weiterhin dagegen wehrt. Dramatische Spannung wird aufgebaut, der Zuschauer rätselt, wie sich alles jemals noch zum Guten wenden soll – doch dann spielt der treue Astromechdroide einfach die aus „Eine neue Hoffnung“ bekannte Hologramm-Botschaft von Leia (Carrie Fisher) ab und Luke gibt sofort klein bei. Alle lachen, ein großer Spaß. Oder doch nicht? Vielleicht geht es nur mir so, aber von meinem Gefühl her war „Star Wars“ bislang gerne mal hemmungslos albern, aber es wurden nie Spannung und Dramatik geopfert, nur um einen Lacher zu provozieren.
Das Problem mit dem Bügeleisen
Auch die zugegebenermaßen wirklich ziemlich lustige Szene in der Weltraum-Wäscherei an Bord des Kommandoschiffs des Obersten Anführers Snoke (Andy Serkis), als sich ein Objekt, das im ersten Moment ein Raumschiff hätte sein können, als Bügeleisen herausstellt, stößt mir bei näherer Betrachtung übel auf: Die Szene ist eine Referenz auf die Kurzfilm-Komödie „Hardware Wars“, in der „Krieg der Sterne“ mit Haushaltsgegenständen nachgestellt wird. Rian Johnson spielt in dem Moment geschickt mit den Erwartungen des Zuschauers, doch wäre eine Szene, in der die typische Landung eines Raumschiffs inklusive Zischen und Dampf parodiert wird, in einer Science-Fiction-Parodie nicht besser aufgehoben, als in einem echten „Star Wars“-Film? Und so erfrischend es auch ist, dass sich die Helden – in diesem Fall Finn (John Boyega), Rose (Kelly Marie Tran) und BB-8 – ihre Verkleidungen in einer Wäscherei besorgen müssen und nicht wie in gefühlt jedem anderen Film (inklusive „Eine neue Hoffnung“ und „Rogue One“) zufällig jemandem über den Weg laufen, der die richtige Größe trägt – bislang war das in „Star Wars“ nicht nötig. „Star Wars“ ist eben auch Fantasy und muss nicht realistisch sein. Da stört mich so ein Meta-Moment nur und reißt mich – wie auch die anderen hier beschriebenen Szenen – ständig wieder aus der Handlung heraus.
Ganz kurz mal: Der Witz gehört bei "Star Wars" dazu
Tobias Mayer: Im FILMSTARTS-Interview legte sich Mark Hamill fest: „Die Sache, die ich am meisten an „Star Wars“ mag, ist der Humor“. Er sprach über „Krieg der Sterne“, den längst als „Episode 4“ bekannten „Star Wars“-Film, mit dem zwar nicht die Handlung der Saga begann, wohl aber 1977 die Kinoreihe – und der lustig ist, wenn sich die Droiden C-3PO und R2-D2 kabbeln oder wenn Han Solo (Harrison Ford) vorm Zellengang auf dem Todesstern vergeblich versucht, seinen argwöhnischen imperialen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung mit einer lächerlichen Ausrede hinzuhalten. Lustig war „Star Wars“ also schon immer, auch weil George Lucas die Geschichte, die Planeten, die Figuren und die Technik im Geiste der trashigen „Flash Gordon“-Sci-Fi-Serials entwarf. Die mondgroße Raumstation Todesstern zerstört einen Planeten per Superlaser – bitte diesen Satz einfach mal wirken lassen.
Rian Johnson, der Macher des bisher lustigsten „Star Wars“-Films, soll es nun mit dem Humor übertrieben haben, führt mein lieber Kollege Julius oben ausführlich aus. Ich halte mich kürzer (will lieber noch mal ins Kino): Mag sein, dass der fanatische General Hux keine bedrohliche Aura mehr hat, da so viele Witze auf seine Kosten gehen – aber abgesehen von diesem Kollateralschaden finde ich nicht, dass „Episode 8“ an emotionaler Wucht verliert oder an Spannung, weil so viele Gags drin sind.
Star Wars 8: Die letzten JediDenn Rian Johnson hält Platz frei für Pathos und Gefühl: Ich sehe und spüre, was Rey und Kylo Ren (Adam Driver) in ihrem Konflikt mit sich und miteinander durchmachen. Ich sehe und spüre, welche Last Luke Skywalker mit sich herumträgt. Daran ändert sich auch nichts, nur weil ich gerade gelacht habe oder gleich wieder lache. Als Luke sein Lichtschwert wegwirft, untergräbt das nicht den großartigen Gänsehaut-Moment aus dem Vorgängerfilm. Wenn sich Finn, Rose und DJ ihre Uniformen aus der Weltraum-Wäscherei holen, mag das parodistisch sein, das anschließende Duell mit Captain Phasma ist aber deswegen nicht weniger packend.
Johnson nimmt seine Geschichte ernst, aber eben nicht zu sehr. Damit steht er in der Tradition einer Filmreihe, in der von Anfang an wild gemixt wurde: schräge Aliens laufen neben Menschen, Ritter duellieren sich auf einer futuristischen Raumstation, Gefühle und Gags gehören gleichermaßen dazu.