In einem sehr ausführlichen Artikel für das Wirtschaftsmagazin Forbes beschäftigt sich Rob Cain mit der Frage, was für ein Verlustgeschäft „Justice League“ seiner Meinung nach sein wird. Cain ist dabei nicht nur Autor für Forbes, sondern kommt selbst aus der Film- und Finanzbranche, hat als Drehbuchautor gearbeitet und ist vor allem seit Jahren Berater für die Finanzierung von Filmen – vor allem für chinesische Firmen, die in Hollywood immer öfter in Produktionen einsteigen. Er weiß also genau, wie bei Filmen kalkuliert wird und was nötig ist, damit ein Projekt in die Gewinnzone kommt.
Bei „Justice League“ geht er davon aus, dass diese deutlich verfehlt wird. So rechnet er hoch, dass die Comicverfilmung in den USA am Ende 235 Millionen Dollar an den US-Kinokassen einspielen wird - und im Rest der Welt rund 400 Millionen Dollar, insgesamt also bei 635 Millionen Dollar landen wird. Als Maßstab dient ihm dabei die jeweilige Hochrechnung bei den anderen DCEU-Filmen vom Startwochenende zum finalen Ergebnis. Bei den Ausgaben geht er davon aus, dass das Budget bei den kolportierten 300 Millionen Dollar liegt und das Studio am Ende noch zusätzliche 125 bis 150 Millionen Dollar Marketingkosten tragen muss. Die wahren Kosten liegen seinen Informationen nach sogar deutlich höher, aber Teile dieser Kosten seien von Partnern übernommen worden.
Auch nach Heimkino-Auswertung ein Verlustgeschäft
In seiner sehr detaillierten Analyse rechnet Cain nun vor, wie viel der Einnahmen von den Kinokassen am Ende bei Warner ankommen – das sind ca. 275 Millionen Dollar, von denen das Studio seine investierten 425 bis 450 (Produktionskosten + Marketing) Millionen Dollar abziehen muss. Cain führt dann weiter aus, dass „Justice League“ auch nach der Heimkino- und TV-Auswertung ein Verlustgeschäft bleibt. Denn auch dazu rechnet er genau vor, was „Justice League“ im Idealfall durch VoD-Auswertung, Verkauf von TV-Rechten etc. einbringen dürfte, was gleichzeitig aber deswegen auch noch einmal ausgegeben werden muss. Auch Merchandise dürfte nicht der Heilsbringer sein, da hier im Jahr ohnehin schon Umsätze von 800 Millionen bis eine Milliarde Dollar generiert werden, ganz unabhängig vom Start eines Kinofilms – davon bleiben Warner am Ende ca. 100 Millionen Dollar Gewinn. Hier ist er sehr skeptisch, ob „Justice League“ diese Summe signifikant nach oben schrauben kann, mit einem bedeutenden zusätzlichen Gewinn ist also eher nicht zu rechnen.
Bei seiner optimistischsten Kalkulation (mit idealen Kino-, Heimkino- und sogar recht ordentlichen zusätzlichen Merchandising-Einnahmen) kommt Cain am Ende so auf 50 Millionen Dollar Verlust, in Wirklichkeit rechne er aber eher mit 75 bis vielleicht sogar 100 Millionen Dollar Verlust für das Studio. Da er davon ausgeht, dass das optimistischste Ergebnis nicht erreicht wird, kommt er bei einer Analyse der Gewinne aller großen Superheldenfilme der vergangenen Jahre sogar zu dem Schluss, dass „Justice League“ damit der größte Flop seit Jahren in diesem Genre ist. Selbst der komplett enttäuschende „Fantastic Four“ bescherte Fox „nur“ rund 60 Millionen Dollar Miese, weil der Film viel billiger war.
Laute Forderungen nach Director’s Cut
Fans fordern derweil schon lautstark, dass Warner den Director’s Cut von Zack Snyder veröffentlichen solle – ohne Berücksichtigung der Nachdrehs von Joss Whedon und mit dem ursprünglichen Score von Junkie XL statt der Aufnahmen von Danny Elfman. Innerhalb kurzer Zeit wurde eine Online-Petition von über 82.000 Menschen unterschrieben (Stand: 22.11., 10.40 Uhr). Und nun haben diese auch noch einen prominenten Unterstützer.
Chef-Kameramann Fabian Wagner, der mit Zack Snyder an „Justice League“ arbeitete, erklärte dem Hollywood Reporter, dass er ebenfalls auf einen Director’s Cut hoffe. Der an einigen Episoden von „Game Of Thrones“ und „Sherlock“ beteiligte Kameramann arbeitete bei „Justice League“ das erste Mal mit Snyder, war an den Nachdrehs aber aus terminlichen Gründen nicht mehr beteiligt.
"Justice League": So verneigt sich Komponist Danny Elfman vor anderen Superhelden-SoundtracksBei den von Joss Whedon verantworteten zusätzlichen Aufnahmen wurde Wagner durch Jean-Philippe Gossart ersetzt, der vorher für die Kamera bei der sogenannten Second Unit zuständig war, also bei jener Crew, die zusätzliche Szenen neben dem Hauptdreh (zum Beispiel Panorama-Shots, Massenszenen etc.) filmt.
Wagner führt aus, dass „Justice League“ deutlich kürzer sei als er erwartet habe. Er liebe Zack Snyders bisherige Director’s Cuts seiner Filme, denn diese seien zwar lang, nehmen sich aber Zeit, die Geschichte zu erzählen. Bei den anderen Director’s Cuts („Batman V Superman“, „Watchmen“, „Sucker Punch“) von Snyder-Filmen habe er sich daher nie gedacht, dass der Film lang sei. Diese Zeit beim Anschauen sei trotz der Länge immer sehr schnell vergangen.
Viel geschnittenes Material
Laut Wagner gebe es nun sehr viele Szenen, die nicht in der finalen Fassung von „Justice League“ gelandet seien. Ein paar sind bereits bekannt. So gab es Aufnahmen in Trailern, die nicht enthalten sind. „Aquaman“ Jason Momoa sprach schon intensiv über viele Momente mit seiner Figur, die geschnitten wurden (fast die komplette Hintergrundgeschichte, darunter auch Willem Dafoes Rolle). Auch „Cyborg“ Ray Fisher erklärte, dass Szenen vor seiner Verwandlung in das Maschinenwesen gedreht wurden, die nun fehlen.
Auch beim Set-Besuch im Sommer 2016 wurden uns ein paar Szenenentwürfe gezeigt, die sich nicht in der Kinofassung des Films finden. So war damals geplant, dass Alfred (Jeremy Irons) eine etwas aktivere Rolle spielt und die Kampfstation von Batmans Fluggefährt Flying Fox bemannt. Allerdings können wir hier natürlich nicht sagen, ob diese Szene wirklich gedreht und dann rausgeschnitten oder schon im Verlauf der Dreharbeiten verworfen wurde.
Chancen für einen Director's Cut?
Fraglich ist aber, wie die Chancen für einen Director’s Cut stehen, wie realistisch ein solcher überhaupt ist. Es ist zwar davon auszugehen, dass Snyder vor den Nachdrehs selbst eine Version angefertigt hat, allerdings dürfte diese natürlich noch nicht final bearbeitet worden sein. Bei einer Rohfassung sind normalerweise unter anderem die Spezial- und Computereffekte bei weitem noch nicht final, da es sich nicht lohnt, dies teuer umzusetzen, wenn die Szene dann womöglich sowieso nicht genutzt wird.
Wer sich daher zum Beispiel auf einer Blu-ray die Deleted Scenes anschaut, muss dort meist ohne aufwändige Effekte auskommen, aber auch einfachere Dinge wie Farb- und Tonkorrekturen fehlen dann regelmäßig. Die meisten der Szenen, die bei „Justice League“ rausgeflogen sind, dürften daher auch nicht ohne aufwändige und teure Überarbeitung nutzbar sein. Und damit wären wir wieder bei der Verlustrechnung vom Anfang. Es ist momentan eher schwer vorstellbar, dass Warner noch einmal Millionen in die Hand nimmt, um einen Director’s Cut anzufertigen, wenn man nicht davon ausgeht, dass man damit auch wieder Millionen verdient. Dafür bräuchte es aber deutlich mehr als rund 80.000 Unterzeichner.
„Justice League“ läuft seit dem 16. November 2017 in den Kinos.