Bei der Golden-Globe-Verleihung am Sonntagabend in Los Angeles hatte Meryl Streep – ohne konkret seinen Namen zu nennen – den kommenden US-Präsidenten für eine Attacke auf einen behinderten New-York-Times-Reporter kritisiert, den Donald Trump bei einer öffentlichen Veranstaltung nachgeäfft hat. Das sei für die Schauspielerin die eindrücklichste Szene des ganzen Jahres gewesen – allerdings nicht von einem Schauspieler: „Dieser Instinkt, andere zu demütigen, zieht sich in den Alltag von uns allen. Wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle.“
Trump schlug via Twitter pikiert zurück und kanzelte Streep als „eine der überschätztesten Schauspielerinnen Hollywoods“ und „als Hillary-Fan“ (die ihn zudem gar nicht kenne) ab.
Jetzt stellten sich führende Late-Night-Talker der USA hinter Streep: Conan O’Brien nahm Trump auf die Schippe und simulierte ein Telefongespräch zwischen dem amtierenden Präsidenten Barack Obama und seinem Nachfolger, wo letzterer den Anti-Streep-Post verteidigt: „Sie ist keine Tara Reid!“ – in Anspielung auf den abgestürzten Star aus „The Big Lebowski“ und „American Pie“.
In seinem Eröffnungsmonolog der Monday’s Late Show bemerkte Stephen Colbert süffisant: „Natürlich war der designierte Präsident Trump zu sehr damit beschäftigt, gegen den IS zu kämpfen und neue Jobs zu schaffen, als sich auf einen Schlagabtausch mit einem Promi einzulassen… aber Spaß beiseite!“ Seth Meyers legte in seiner Show nach und meinte: „Überbewertet? Sie ist so gut, dass die Leute sie als Kompliment für andere Berufe verwenden. Wie: LeBron James ist die Meryl Streep des Basketballs oder Donald Trump ist die Meryl Streep der Dünnhäutigkeit.“ James Corden fügte noch ironisch in seiner The Late Late Show an: „Die überschätzteste Schauspielerin in Hollywood? Das ist buchstäbliche die einzige Auszeichnung, die sie bisher noch nicht gewonnen hatte.“
Komplett meinungsfest ist Trump auch nicht. 2015 sagte er der Vanity Fair in einem Interview: „Meryl Streep ist exzellent, und auch ein toller Mensch.“ Zumindest ihre Schauspielqualitäten dürfte sie seitdem kaum komplett eingebüßt haben…
... vielmehr scheint also - wie sich in Trumps Tweets der vergangenen Wochen immer mehr rauskristallisiert - die simple Formel zu gelten: Wer Trump lobt, ist ein „großartiger Mensch“, und wer ihn kritisiert, ist eben automatisch „überschätzt“ (oder Schlimmeres).