„Uhrwerk Orange“, „Der letzte Tango in Paris“, „Die 120 Tage von Sodom“: Die 1970er-Jahre sind nicht gerade arm an sogenannten Skandalfilmen. Dazu gehört mit Sicherheit auch „Die Teufel“, den Kult-Regisseur Ken Russell im Jahr 1971 in die Kinos brachte. Das mit surrealistischen Horrorelementen angereicherte Nunsploitation-Drama scheint wie gemacht dafür, die Vertreter der katholischen Kirche auf die Palme zu bringen – und hatte damit auch Erfolg.
Die Handlung ist im 17. Jahrhundert angesiedelt. Im Mittelpunkt steht der Priester Urbain Grandier (Oliver Reed), der versucht, die Unabhängigkeit der französischen Stadt Loudon gegen den zunehmenden Machteinfluss von Kardinal Richelieu (Christopher Logue) zu verteidigen. Dieses Vorhaben wird erschwert, als die in ihn verliebte Abtissin Jeanne (Vanessa Redgrave) ihn aus Eifersucht der Hexerei und Ketzerei beschuldigt. Baron de Laubardemont (Dudley Sutton) setzt daraufhin den Inquisitor Pierre Barre (Michael Gothard) auf Grandier an – währenddessen steigern sich die Nonnen der Stadt in eine Art Wahn, der sich u.a. in wilden Orgien entlädt. Kann ein groß angelegter Exorzismus den Frevel beenden?
„Die Teufel“ ist eine freie, fiktionalisierte Adaption der Sittengeschichte „Die Teufel von Loudun“ von Aldous Huxley („Schöne neue Welt“), aus der im Jahr 1960 aus der bereits ein Theaterstück hervorgegangen war. In einem Gespräch mit Filmkritiker Mark Kermode gab Regisseur Russell zu Protokoll: „Als ich die Geschichte zum ersten Mal las, hat sie mich umgehauen – sie war einfach so schockierend, und ich wollte, dass auch andere davon umgehauen werden. Ich hatte das Gefühl, den Film machen zu müssen.“
Und weiter: „Ich war ein gläubiger Katholik und sehr sicher in meinem Glauben. […] Obwohl ich kein politischer Mensch bin, habe ich ‚Die Teufel‘ immer als meinen einzigen politischen Film betrachtet. Für mich ging es um Gehirnwäsche, um die Machtübernahme durch den Staat.“
"Die Teufel" kam nur stark gekürzt in die Kinos
Seine Themen kleidete Russell aber in dermaßen explizite Bilder, dass sowohl die Kritik als wenig überraschend auch der Vatikan gegen den übrigens mit großem Aufwand realisierten Film (das Set der Stadt Loudon brauchte drei Monate für seine Entstehung!) Sturm liefen. Die überwiegende Mehrheit der Fachpresse verschmähte den Film als „pornografisch“ und „respektlos“, während sich die Kirche – erfolglos – dafür einsetzte, dass die Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig abgesagt wird.
Am Ende einigte man sich auf einen Kompromiss. „Die Teufel“ kam in die US-amerikanischen und britischen Kinos, aber nur mit starken Kürzungen. Viele der Nackt- und Folterszenen wurden für die internationale Leinwandauswertung auf ein Minimum reduziert. Zwei Szenen fielen sogar gänzlich der Schere zum Opfer: eine zweieinhalbminütige Sequenz, in der eine Gruppe von nackten Nonnen eine Christusstatue schändet – sowie eine weitere Szene am Ende des Films, in der Jeanne mit dem verkohlten Oberschenkelknochen von Grandier in der Hand masturbiert.
Die entfernten Minuten wurden lange unter Verschluss gehalten. Erst 2005 – also mehr als drei Jahrzehnte nach Erscheinen des Films – kam eine raubkopierte DVD von „Die Teufel“ in Umlauf, die das herausgeschnittene Filmmaterial enthielt. Von da an dauerte es nochmals sieben Jahre, bis schließlich eine offizielle Veröffentlichung folgte – zu einer Zeit also, in der sich der „brillant[e], kühn[e] und grotesk[e]“ (so hieß es damals in einer der wenigen positiven Rezensionen im Los Angeles Herald Examiner) Film längst den Status eines Kult-Klassikers erarbeitet hatte.
Ende der 1970er-Jahre kam übrigens ein Sci-Fi-Horror-Meilenstein in die Kinos, der bei seiner Premiere eine Art Massenflucht aus dem Kinosaal ausgelöst haben soll. Um welchen Film es geht, erfahrt ihr im nachfolgenden Artikel: