Heute Abend streamen: Ein bildgewaltiges Fantasy-Abenteuer, das "Fluch der Karibik" beeinflusste - völlig unterschätzt
Björn Schneider
Björn Schneider
-Freier Autor
Seit Björn als Kind „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Hook“ gesehen hat, ist er vom Medium Film und seinen (audio-)visuellen Möglichkeiten fasziniert. Am liebsten schaut er Horror, Western, Mystery und Thriller. Musicals und romantische Komödien kosten ihn allerdings Überwindung.

Kult-Regisseur Steven Spielberg selbst ging schon immer hart ins Gericht mit seinem Fantasy-Abenteuer „Hook“ von 1991. Für FILMSTARTS-Autor Björn Schneider ist das jedoch völlig unverständlich. Warum, erläutert er in seinem Streaming-Tipp.

Dustin Hoffman als fieser Kapitän Hook, Robin Williams als (erwachsener) Peter Pan, Julia Roberts als liebenswürdige Fee Glöckchen und die unvergessliche Maggie Smith als gealterte Wendy Darling – Steven Spielberg versammelte für seine „Peter Pan“-Version „Hook“ ein „Best of“ der größten Hollywood-Stars vor der Kamera. Hinzu kamen modernste Tricktechnik, exotische Drehorte auf Hawaii und ein stattliches Budget von 70 Millionen US-Dollar („Hook“ war der bis dahin teuerste Film von Steven Spielberg).

Wer sich selbst von der außerordentlichen Qualität von „Hook“ überzeugen möchte, sollte sich den Film im Heimkino oder Stream nicht entgehen lassen. Aktuell gibt es den Film als kostenpflichtiges VoD bei Amazon Prime Video in der Leih- und Kaufversion:

An den Kinokassen blieb Spielbergs Mix aus Familien-Komödie, Abenteuer und Fantasy mit einem Einspielergebnis von 300 Millionen US-Dollar dennoch ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Zum Vergleich: „E.T.“ spielte bei Kosten von nur 10,5 Millionen Dollar fast 800 Millionen ein. Und auch der nur zwei Jahre vor „Hook“ entstandene „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ erwies sich mit über 470 Millionen Dollar als Kassenhit (Kosten: „nur“ 48 Millionen US-Dollar).

Spielberg selbst äußerte sich in Interviews immer wieder kritisch zu „Hook“. Und, damals wie heute, fällt „Hook“ auch bei vielen Film-Kritikern durch. Völlig zu Unrecht, wie ich, ein glühender „Hook“-Verehrer und -Verteidiger, finde. „Hook“ ist ein fantastisch bebilderter, märchenhaft-poetischer Film. Von Grund auf melancholisch und dennoch durchzogen von augenzwinkerndem Humor und Ironie. Eine wilde Achterbahnfahrt von einem Film, der an die eigene Vorstellungskraft appelliert und etliche Piratenabenteuer – von der „Die Piratenbraut“ bis zu „Fluch der Karibik“ – entscheidend beeinflusst hat.

"Hook": Das ist Steven-Spielbergs Peter-Pan-Version

Peter Pan ist erwachsen geworden. Als erfolgreicher Anwalt Peter Banning (Robin Williams) lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern Maggie und Jack in San Francisco. Seine Karriere geht ihm über alles – erst an zweiter Stelle kommt die Familie. An die Insel Nimmerland, die Abenteuer mit den „verlorenen Jungs“ und die Kämpfe gegen seinen Erzfeind, Captain Hook (Dustin Hoffman), kann sich Banning nicht mehr erinnern. Die Vergangenheit als Peter Pan? Für den dauergestressten Geschäftsmann Banning nur ein Märchen.

Hook jedoch hat Peter nie verziehen, dass er ihm im Kampf die Hand abschlug – und sinnt auf Rache. Er entführt Peters Kinder und zwingt den gealterten Erzrivalen nach Nimmerland zurückzukehren. Peter muss sich an seine Kindheit und daran, wer er einst war, erinnern, sonst sind Maggie und Jack verloren. Ihm bleiben nur wenige Tage bis zum großen, finalen Duell mit Hook. Unterstützung erhält er von Zauberfee Glöckchen und den „verlorenen Jungs“, die, nach anfänglichen Zweifeln, in Banning ihren alten Freund und einstigen Anführer Peter Pan erkennen.

Meta-Ebene und Verbeugung vor dem Original

Verzögerungen beim Dreh, Kostenexplosion (ursprünglich waren 48 Millionen US-Dollar angesetzt) und Starallüren von Julia Roberts, die ein Jahr zuvor mit „Pretty Woman“ zum Weltstar wurde. Vielleicht trugen all diese Aspekte mit dazu bei, dass Spielberg wie weiter oben beschrieben bis heute bei der (Nach-)Betrachtung seines Peter-Pan-Films nicht gerade in Begeisterungsstürme verfällt. Wer jedoch ein Faible für bildgewaltige Popcorn-Blockbuster, für Fantasy und klassisches Abenteuerkino hat, der kommt an „Hook“ meiner Meinung nach nicht vorbei.

Dabei handelt es sich bei „Hook“ gar nicht um eine „klassische“ Verfilmung des Peter-Pan-Mythos. Regisseur Steven Spielberg, der „Hook“ ursprünglich auch als Musical geplant hatte, dachte die Ursprungsgeschichte von J. M. Barrie weiter ubd kam mit einer genialen Idee ums Eck: In seiner Peter-Pan-Fassung ist Pan ein erwachsener Mann und „Hook“ damit eine Fortsetzung der altbekannten Geschichte um den Jungen, der nie erwachsen werden will.

Peter Pan (Robin Williams) muss zurück nach Nimmerland! Columbia TriStar
Peter Pan (Robin Williams) muss zurück nach Nimmerland!

Einerseits erweist Spielberg Barries Kindergeschichten mit zahlreichen Verweisen und Anspielungen mehr als deutlich die Ehre. Schließlich finden sich in „Hook“ die wichtigsten Charaktere ebenso wie die zentralen Handlungsorte und Schauplätze (Nimmerland, Hooks Piratenschiff) aus „Peter Pan“. Andererseits kommen weitere, klug in die Handlung eingebaute neue Protagonisten hinzu. Darunter Rufio („Bangarang“), Peters charismatischer Nachfolger an der Spitze der „verlorenen Jungs“, der sich im Laufe der Handlung vom kritischen Widersacher Peters zu seinem Freund wandelt.

Zudem ist „Hook“ wesentlich tiefgründiger und intelligenter als es auf den ersten Blick den Anschein hat. So werden hier die berühmten Geschichten von Barrie selbst zum Teil der Handlung: Immer wieder verweisen die Charaktere, allen voran Großmutter Wendy Darling, auf die echten Geschichten rund um Peter Pan, die damit Teil der filmischen Wirklichkeit werden. Und nicht zuletzt sprengt Spielberg mit „Hook“ ein ums andere Mal Grenzen. Nämlich die (scheinbaren) Grenzen der Imagination und Fantasie, wenn er daran appelliert, sich an die eigene Kindheit zu erinnern. Und mit dieser an die einstigen Freuden des Kindseins. An das Ungezwungene und Verspielte jener Jahre. Dinge, die im Laufe eines Erwachsenenlebens durchaus in Vergessenheit geraten können – unschwer an der Figur des karrieregeilen Anwalts Peter Banning zu erkennen.

Vorbild für "Fluch der Karibik"? Auf jeden Fall!

Eine Prise – wohldosierter – Sentimentalität, sensibel gezeichnete Figuren, eine berauschende Optik und ein toller Soundtrack, mit einigen der besten Kompositionen von John Williams (u.a. „Flight to Neverland“): Diese Mixtur zeichnet „Hook“ bis heute aus. Und auch der Witz kommt in dem Film nicht zu kurz. Viele Rezensenten störten sich einst am, angeblich, fehlenden Humor.

Tatsächlich aber sprudelt „Hook“ nur so über vor irrwitzigen Gags und herrlicher Selbstironie. In fast jeder Szene und Zeile wird für mich klar, dass Spielberg sich selbst und vor allem seinen Film nicht allzu ernst nimmt, im Gegenteil. „Hook“ steht exemplarisch für kindliche Naivität und Unbefangenheit, der Regisseur erklärt das Infantile zum Grundprinzip. Von der Exzentrik Hooks, dem überkandidelten Gestus von Smee (Hooks erster Offizier) bis hin zu den schrägen Spielen und Wettkämpfen von Peter und seiner „Kinderbande“ – „Hook“ ist filmgewordene Unschuld und Arglosigkeit, die Kraft der Fantasie macht’s möglich. Genau das macht zu einem großen Teil den Charme von „Hook“ aus.

Da verwundert es nicht, dass sich viele (Piraten-) Abenteuer-Filme der Folgejahre in Sachen Selbstironie, Figurenzeichnung und Look eifrig bei „Hook“ bedienten. Das bekannteste Beispiel ist Gore Verbinskis Mega-Blockbuster „Fluch der Karibik“ (2003). Das Piratenschiff Black Pearl, die Entführung einer geliebten Person und die humorvoll-phantastische Stimmung lassen unweigerlich an „Hook“ denken. Und schließlich gibt es da noch einen fiesen Freibeuter als Antagonist (Captain Barbossa, gespielt von Geoffrey Rush), der mit seiner Donnerbüchse, dem Piratenhut und der schulterlangen Perücke mehr als deutlich Captain Hook ähnelt.

Wer erkennt die versteckten Stars?

Zu guter Letzt beeindruckt „Hook“ mit seiner Vielzahl an prominenten Nebendarstellern und Cameos, die beim ersten Sichten oft unentdeckt bleiben. Wer auf heiteres Schauspieler-Raten steht, dem liefert „Hook“ entsprechend eine wahre Fundgrube an illustren Gastauftritten. So sind mit Phil Collins (als Inspektor), David Crosby und Country-Sänger Jimmy Buffett gleich drei Musiker in Kurzauftritten zu sehen. Die beiden letztgenannten sind als Piraten teil der Freibeuter-Crew von Hook. Ebenfalls als Pirat (!) mit dabei ist Schauspiel-Legende Glenn Close in einer denkwürdigen Szene.

Außerdem mit dabei: Star-Wars-Erfinder und Spielberg-Freund George Lucas sowie Prinzessin-Leia-Darstellerin Carrie Fisher. Am Schluss des Films schweben die beiden – schwer zu erkennen – als verliebtes Pärchen über das nächtliche London. Außerdem hatte Gwyneth Paltrow, zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 18 Jahre alt, in „Hook“ ihren zweiten Leinwandauftritt. Sie schlüpfte in die Rolle der jungen Wendy Darling.

Und falls ihr fragt, welcher Filmemacher mehr Oscars als Steven Spielberg und Clint Eastwood gewinnen konnte, erhaltet ihr die Antwort im nachfolgenden Artikel:

Weder Steven Spielberg noch Clint Eastwood konnten seinen Rekord brechen: Dieser Meisterregisseur gewann mehr Oscars als jeder andere Filmemacher

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