Bengalos noch und nöcher, eine völlig entfesselte Kamera, die durch wildes, brutales Getümmel gleitet, und eine schwere, pathosbeladene Filmmusik, die ein ominöses Timbre mit mitreißendem Rhythmus vereint: Der hochdramatische Actionthriller „Athena“ ist eine unheilvolle Wucht!
Falls ihr „Athena“ noch nicht kennt, könnt ihr dieses fesselnde Kleinod bei Netflix abrufen – und ein namhafter Regisseur würde euch dringend dazu raten. Denn zu den glühenden Fans des Films zählt „Panic Room“-Macher David Fincher!
"Athena": Das Pariser Pulverpass geht in die Luft
Der franko-algerische Soldat Abdel (Dali Benssalah) ist gerade von einem Einsatz in Mali zurückgekehrt und landet direkt in der nächsten, unfassbaren Stresssituation: Sein jüngerer Bruder Idir wurde krankenhausreif geprügelt und ist dort an seinen schweren Verletzungen verstorben. Da Idir von uniformierte Polizisten attackiert wurde und ein Beweisvideo in den sozialen Netzwerken heiß diskutiert wird, gerät die Pariser Polizei nun massiv unter Druck. Während einer Pressekonferenz eskaliert die Situation völlig:
Maskierte stürmen die Wache, stehlen haufenweise Schusswaffen sowie ein Polizeiauto, und rasen zurück in die Hochhaussiedlung Athena, die einer Festung gleicht. Während Abdel versucht, zwischen dem von Rachedurst getriebenen Karim (Sami Slimane) und dem taktisch agierenden, aber ebenfalls gewaltbereiten Moktar (Ouassini Embarek) zu verhandeln, treffen immer mehr Polizisten in Athena ein. Eine gewaltfreie Lösung ist undenkbar. Fraglich ist allein, wer siegreich aus dieser Situation hervorgehen wird...
FILMSTARTS-Chefkritiker Christoph Petersen lobte in seiner Rezension, dass der Netflix-Actionthriller „in Rekordzeit von 0 auf 300“ beschleunigt und diesem Höllentempo lange treubleibt: „Das erste Drittel von ,Athena' ist ein einziger Adrenalinrausch!“ Und mit dieser Begeisterung war er in unserem Team nicht alleine: „Athena“ landete im gemeinsam von FILMSTARTS und Moviepilot beschlossenen Ranking der besten Filme 2022. Damit dürfte David Fincher aber von uns enttäuscht sein ...
Fincher kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus
... denn der „Fight Club“-Regisseur ist einer der passioniertesten Fans, die „Athena“ hat: Fincher ließ sich sogar in das Marketing der spektakulären Romain-Gavras-Regiearbeit einspannen. So prangt auf einem der offiziellen „Athena“-Poster ein flammendes Plädoyer für den französischen Netflix-Titel. Unter anderem nennt Fincher ihn „gewaltig und mitreißend“.
Wie World Of Reel recherchierte, ist das Zitat auf dem „Athena“-Poster eine verkürzte Fassung eines begeisterten Statements, das Fincher dem verantwortlichen Presseteam schickte. Finchers komplette Kurzreaktion auf „Athena“ liest sich wie folgt:
„Gewaltig und mitreißend. Romains Begabung für Inszenierung und das Ausarbeiten von Charakteren wird gnadenlos zur Schau gestellt. Er lässt unbegreifliche, komplexe Bewegungen total einfach aussehen und verwöhnt sein Publikum, während wir Augenzeuge davon werden, wie sich eine schmerzhafte Geschichte entfaltet. Ich bin sprachlos und gebannt.“ Darüber hinaus nutzte Fincher ein ausführliches Interview mit dem französischen YouTube-Kanal CliqueTV nicht bloß, um über seine Karriere zu sprechen, sondern auch über „Athena“.
Dort schwärmte er weiter: „Er hat mich umgehauen!“ Besonders haben es ihm die langen, komplexen Plansequenzen angetan: Laut Fincher ist der Schnitt eigentlich ein essentielles Element der filmischen Kunstform – doch in „Athena“ sei es „aufregend“, wie lang Gavras sein Publikum in einer Situation gefangen hält. „Ich wüsste nicht einmal, wie ich so etwas proben sollte“, beteuerte Fincher in dem Interview.
Fincher feiert außerdem diesen Hollywood-Regisseur
Somit stellt Fincher im Gespräch mit CliqueTV Gavras auf eine Stufe mit zwei Hollywood-Regisseuren, die ihn ähnlich erstaunt zurücklassen: „Entweder hast du das Zeug dazu oder nicht. Es gibt diese Leute, die haben es einfach drauf, zu inszenieren.“ Als erstes Beispiel nennt er Steven Spielberg, doch direkt danach stellt Fincher „Fluch der Karibik“-Regisseur Gore Verbinski als weiteres Naturtalent heraus:
„Gore Verbinski ist dieser Kerl, den du an einer Straßenecke mit einem kleinen Klumpen Metall und einer Feile siehst. Und du spazierst drei Wochen lang an ihm vorbei – und am Ende der drei Wochen hat er eine Rolex in der Hand. Und du fragst dich: ,Wie zur Hölle hast du das gemacht?'“ Zumindest einen kleinen Einblick in Verbinskis Arbeitsprozess gestatten wir euch im folgenden Artikel – empfehlt ihn Fincher gerne weiter, solltet ihr ihm je begegnen:
"Ich nenne es nicht Schauspielen – ich nenne es Überleben!": So hart waren die Dreharbeiten zu einem der teuersten Filme aller Zeiten