Der Wankelmut des Publikums lässt sich hervorragend anhand von „Twin Peaks“ aufzeigen: Zunächst holte David Lynchs Mystery-Serie erfreuliche Einschaltquoten, dann brachen sie drastisch ein. „Twin Peaks – Der Film“ war an den Kinokassen ein enormer Misserfolg – und fand im Gegensatz zur Serie kaum Rückhalt bei der Presse. Mittlerweile gelten aber Serie und Film als Meisterstreiche – weshalb die Serie für eine dritte Staffel zurückkehrte und der Film eine Ehrenrunde im Kino drehte.
Nach der Wiederaufführung mit restauriertem Bild und Ton ist vor dem Heimkino-Comeback in verbesserter Qualität: Vor wenigen Tagen erschien „Twin Peaks – Der Film“ erstmals in 4K im Heimkino – und zwar als limitierte Steelbook-Edition:
Wichtig für alle „Twin Peaks“-Neulinge: Zwar ist der Kinofilm ein Prequel zur Fernsehserie und es ist möglich, ihm ohne Kenntnis der Serie zu folgen (jedenfalls so sehr, wie man lyncheskem Psycho-Horror folgen kann). Allerdings empfiehlt es sich, das „Twin Peaks“-Universum in der Veröffentlichungsreihenfolge zu erkunden – vor allem, um sich beim ersten Anschauen das den Einstieg erleichternde, zentrale Rätsel nicht zu versauen.
Daher solltet ihr idealerweise zuerst die ersten beiden „Twin Peaks“-Staffeln schauen, dann den Film und dann die dritte Staffel. Die Serie ist bei Paramount+ abrufbar – sei es via Prime Video Channels* oder direkt bei Paramount+*.
"Twin Peaks – Der Film": Skurril, tragikomisch und verwirrend-finster
Im verschlafenen Örtchen Deer Meadow wird die Prostituierte Teresa Banks (Pamela Gidley) eiskalt ermordet. Die zuständigen FBI-Agenten geraten bei den Ermittlungen in eine Sackgasse, weshalb sie Special Agent Dale Cooper (Kyle MacLachlan) zum Fall hinzuziehen. Doch auch er muss sich mangels brauchbarer Spuren geschlagen geben und bricht seine Ermittlungen ab. So beginnt eine Kettenreaktion, die ein Jahr später das Leben der 17-jährigen Laura Palmer (Sheryl Lee) aus Twin Peaks drastisch beeinflusst...
Für einen Filmschaffenden, der derart angesehen ist und das Arthouse dermaßen prägte, hat David Lynch eine überraschende Faszination für Seifenopern. Dieses Interesse (das womöglich eine ehrliche Begeisterung darstellt) zeigt Lynch besonders offen in seinem bislang letzten Kinofilm „Inland Empire“ – sowie in seinen „Twin Peaks“-Projekten.
Neu im Heimkino: Drei Stunden WTF-Kino, das man unbedingt gesehen haben muss – pure Fantasie und reinster Horror!Die muten nämlich phasenweise so an, als sei ein Schundroman-Detektiv voller Charisma in eine Seifenoper gestolpert. Die gerät indes aus den Fugen, so dass all ihr Pathos zu Furcht, tief sitzendem Schmerz und beklemmender Ratlosigkeit mutiert. Und so, wie sich schon einige namhafte Persönlichkeiten für einen Gastauftritt in Seifenopern hergegeben haben, schneit im „Twin Peaks“-Film einfach Pop-Legende David Bowie vorbei.
Doch unter Lynchs Regie kommt selbstredend eine Absurdität zustande, die normale Seifenopern nicht einmal versehentlich hinbekommen würden. Dass der Film trotzdem nicht als trockenkomische Genre-Dekonstruktion in Erinnerung geblieben ist, sondern als aufwühlender Psycho-Horror, liegt derweil am schmierig-surrealen Reigen aus Sex, Gewalt, Ekel und Hilflosigkeit, in den er sich spätestens im letzten Drittel hineinsteigert.
Wo sich eine Soap im Zweifel in abstruse Twists flüchtet, stürzt sich ein Lynch halt in Albtraumlogik – mit unter die Haut gehendem Sounddesign und kalte Gänsehaut erzeugenden, desorientierenden Anblicken. Das ist eindringlich, muss man aber auch mögen, wie folgender Artikel beweist:
Quentin Tarantino wollte nie wieder einen Film dieses Kult-Regisseurs sehen: "Er ist so tief in seinem eigenen Hintern verschwunden"Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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