Die Grenzen zwischen Thriller und Drama sind oftmals schmaler als man denkt – viele Filmemacher verwischen sie mit ihren Filmen sogar von Grund auf. Etwa der seit Jahren die Spitze der IMDb-Bestenliste anführende Mix aus Gefängnisthriller und Freundschaftsdrama „Die Verurteilten“ oder Nicolas Winding Refns stylischer Kulterfolg „Drive“. Auch einer der besten Filme 2021 vermischt Thriller und Drama: Die vor allem für ihren 18-stündigen (!) Dokumentarfilm „Der Tag der Norddeutschen“ bekannte Regisseurin und Autorin Franziska Stünkel erzählt in „Nahschuss“ ein wahres Drama, bedient sich dabei aber wiederholt an den Konventionen des Thrillerkinos.
Entstanden ist somit ein kleiner Geniestreich, der beispielsweise von FILMSTARTS-Kritikerin Karin Jirsak hervorragende 4,5 Sterne erhalten hat. Trotz positiver Presseresonanz und einem starken Schauspielensemble errang „Nahschuss“ im Kino jedoch nicht vollauf den ihm gebührenden Erfolg: Mit etwa 50.000 verkauften Tickets gelang zwar angesichts der schweren Thematik ein Achtungserfolg, trotzdem hoffen wir, dass sich heute noch mehr Menschen vor dem Film versammeln werden.
Denn heute, am 3. Oktober 2024, läuft „Nahschuss“ ab 20.15 Uhr bei 3sat – und somit komplett ohne Werbeunterbrechungen. Im Anschluss an die TV-Ausstrahlung könnt ihr den Film auch für begrenzte Zeit in den Mediatheken von 3sat und ZDF nachholen.
Das ist "Nahschuss"
Nach einer glänzenden Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin erhält Franz Walter (Lars Eidinger) das Angebot, für den Auslandsnachrichtendienst der DDR zu arbeiten. Er sagt zu und genießt alsbald mit seiner Freundin Corina (Luise Heyer) zahlreiche Vorzüge, die ihm sein Vorgesetzter Dirk (Devid Striesow) ermöglicht. Allerdings reizen seine Aufträge Franz' Moralverständnis immer weiter aus – sodass er bald Täter und Opfer zugleich wird, und ein Ausweg aus diesem Sumpf ist nicht auszumachen...
Obwohl „Nahschuss“ auf einem wahren Fall beruht, weckt die Geschichte durchaus Erinnerungen an Franz Kafkas legendäres Werk „Der Prozess“, wie schon in der FILMSTARTS-Kritik zum Film festgehalten wird: „Der Horror eines Systems, unsichtbar und allwissend, darin gefangen ein Jedermann, der sich bis zur Selbstauflösung verstrickt in Fragen um Schuld und ein (un-)mögliches Entkommen“, heißt es dort. Verstärkt wird dies durch eindringliche, dicht-atmosphärische Bilder. „Nahschuss“ ist aber auch dank der fesselnden Performances und der packenden Erzählweise eine „erschütternde Erfahrung“, sei es im Kino oder halt nun im Fernsehen.
Vor allem Eidinger hinterlässt bleibenden Eindruck: „Auf der Leinwand strahlt er selbst als wenig schillernder Stasi-Spitzel wie eine Neutronenbombe – und das die hier irgendwann hochgehen muss, wird von Szene zu Szene deutlicher“. Aber auch Heyer und Striesow drücken dem schonungslos ein unmenschliches System und eine oft übersehene Facette deutscher Geschichte kommentierenden Film ihren Stempel auf. Und wenn ihr nun Interesse an deutschen Historienstoffen bekommen habt: Ein berühmter deutscher Geschichtsfilm erhielt kürzlich ein Heimkino-Upgrade. Mehr dazu erfahrt ihr im folgenden Artikel:
Heimkino-Highlight: Einer der besten deutschen Filme aller Zeiten ist zurück – und noch besser als je zuvor!Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.