Spätestens seit Sergio Leones legendärer Dollar-Trilogie ist der Name von Clint Eastwood untrennbar mit dem Western verbunden, und auch im Anschluss hat der 94-Jährige an zahlreichen Meilensteinen des Genres mitgewirkt – sowohl vor als auch hinter der Kamera. Wenn es um seinen Status als Western-Ikone geht, kann es wohl höchstens noch John Wayne mit ihm aufnehmen. Doch ausgerechnet dieser war nicht besonders gut auf Eastwood zu sprechen...
Grund dafür war „Ein Fremder ohne Namen“ (1973), der erste Western, den Eastwood als Regisseur verantwortete (natürlich mit ihm selbst in der Hauptrolle). Das mit allegorischen Elementen und Horrorfilm-Anleihen angereicherte Werk hat sich längst den Ruf eines Klassikers erarbeitet, und auch FILMSTARTS-Redakteur Björn Becher fand in seiner 4-Sterne-Kritik lobende Worte für den stilistisch gewagten Film. So bezeichnete er ihn als „gelungene Verbeugung Eastwoods vor seinem Lehrmeister Sergio Leone“ und „mehr als ungewöhnlichen Western, der phasenweise überhaupt nicht genretypisch wirkt.“
Genau das dürfte Wayne, der in vielen klassischen US-Western der 30er bis 60er Jahre zu sehen war und als eher konservativer Geist galt, sauer aufgestoßen sein. Im Buch „Ride, Boldly Ride: The Evolution Of The American Western*“ verriet Eastwood, dass nach der Veröffentlichung von „Ein Fremder ohne Namen“ ein erzürnter Brief des „Der schwarze Falke“-Darstellers in sein Haus geflattert sei (via Far Out Magazine):
„Er [Wayne] sagte, es ginge [in meinem Film] nicht wirklich um die Menschen, die Pionierarbeit im Westen geleistet haben“, so der zweifache Regie-Oscar-Gewinner („Erbarmungslos“, „Million Dollar Baby“). „Mir wurde klar, dass wir zwei verschiedenen Generationen angehören und er nicht verstehen würde, was ich tue. ,Ein Fremder ohne Namen' sollte eine Fabel sein. Er sollte nicht die stundenlange Pionierarbeit zeigen. Es sollte auch nicht um die Besiedlung des Westens gehen.“
Obwohl sie beide immer wieder als Revolverhelden zu sehen waren, unterschieden sich die Ansätze der beiden Hollywood-Veteranen deutlich: Während Wayne großen Wert darauf legte, dass seine Figuren Vorbildcharakter haben und als tadellose Patrioten wahrgenommen werden, spielte Eastwood oftmals gewalttätige, geheimnisvolle und gebrochene Charaktere – zwei völlig konträre Herangehensweisen, die Wayne augenscheinlich für unvereinbar hielt.
Auch Steven Spielberg hat übrigens schon einmal den Unmut von John Wayne auf sich gezogen. Was genau passiert ist, erfahrt ihr im folgenden Artikel:
Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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