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    "Ich habe ihre Angst nicht verstanden": Dieser kontroverse Thriller mit Al Pacino löste heftige Proteste in den Straßen von New York aus
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    „Cruising“ wird heute von vielen als wagemutiges Thriller-Meisterwerk gefeiert. Doch vor 45 Jahren wurden schon die Dreharbeiten von Demonstrationen und Sabotage-Versuchen begleitet...

    William Friedkin war es gewohnt, dass seine Filme kontroverse Diskussionen auslösen: Sein Horror-Klassiker „Der Exorzist“ soll der Legende nach nicht nur zu Ohnmachtsanfällen im Kino geführt haben, sondern zog auch den Unmut von Teilen der katholischen Kirche auf sich.

    Sieben Jahre später drehte Friedkin dann einen Film, der sogar zu lautstarken Straßenprotesten führte: den Thriller „Cruising (1980), in dem der Polizist Steve Burns (Al Pacino) undercover in der schwulen SM-Szene New Yorks ermittelt, die von einem Serienkiller terrorisiert wird. Bald schon erliegt er der Faszination des für ihn bisher fremden Millieus – und gerät so selbst in das Visier des Mörders...

    Erst im Nachhinein bekam „Cruising“ die Anerkennung, die er verdient. Während der Film an den Kinokassen eher schwach abschnitt und zudem mehrfach für den Negativpreis Goldene Himbeere nominiert wurde (u.a. in den Kategorien „Schlechtester Film“ und „Schlechteste Regie“), vergaben wir von FILMSTARTS etwa gute 4 von 5 Sternen für das einstige Skandalwerk. Im Fazit unserer Kritik heißt es:

    „[‚Cruising‘] hat nichts von seiner Düsternis, seiner Ambivalenz und Rätselhaftigkeit eingebüßt und ist noch immer eine echte Herausforderung, die kein Publikum kalt lässt.“

    Darum gingen über 1.000 Menschen wegen "Cruising" auf die Straße

    Doch das enttäuschende Einspielergebnis und die durchwachsenen Kritiken waren bei Weitem nicht das einzige Problem, mit dem Friedkin zu kämpfen hatte: Schon zu Beginn der Produktion im Jahr 1979 sprach sich die LGBTQ+-Gemeinde von New York City gegen den Film aus, weil sie befürchtete, im Film negativ dargestellt zu werden.

    Einmal marschierten sogar über 1.000 Demonstrant*innen durch die Straßen des East Village und forderten die örtlichen Behörden dazu auf, den Film nicht weiter zu unterstützen. Darüber hinaus erhielt das Filmteam in mehreren Bars und Geschäften, die mit der Szene verbunden waren, Hausverbot – und als der Dreh begann, gab es zahlreiche Versuche, die Arbeit an „Cruising“ durch Trillerpfeifen und laute Musik zu sabotieren, sodass große Teile der Dialoge und des Sounds später nachvertont werden mussten.

    Friedkin hatte allerdings nicht nur Ärger mit der queeren Szene, auch mit homophoben Attacken musste er sich auseinandersetzen. In einem Interview mit dem Venice Magazine ist der „French Connection“-Macher auf die schwulenfeindlichen Reaktionen eingegangen:

    William Friedkin und Al Pacino haben die heftigen Reaktionen nicht verstanden

    „Ich habe ihre Angst damals nicht verstanden, und ich verstehe sie immer noch nicht. Für mich ist es einfach ein Krimi, mit der schwulen Lederszene als Hintergrund. Auf einer anderen Ebene geht es um Identität: Weiß irgendjemand von uns wirklich, wer neben uns sitzt oder uns im Spiegel anschaut? Aber der Hass, mit dem der Film aufgenommen wurde, verwirrt mich immer noch. […] Ich bin nie auf die Idee gekommen, dass der Film in einem politischen Kontext interpretiert werden könnte.“

    Auch Al Pacino betonte in einem Gespräch mit dem Playboy, dass er die heftigen Reaktionen nicht nachvollziehen konnte. Bei dem Inhalt des Films handele es sich nur um „ein Fragment der schwulen Gesellschaft, so wie die Mafia ein Fragment des italo-amerikanischen Lebens ist“, spielt er auf seine Mitwirkung an Francis Ford Coppolas „Der Pate“-Reihe an. 44 Jahre später haben sich die Wogen ohnehin geglättet – und „Cruising“ wird auch von vielen homosexuellen Menschen als missverstandenes Meisterwerk gefeiert.

    Dass sich Friedkin und Pacino nicht ausstehen konnten, dürfte die Dreharbeiten übrigens nicht leichter gemacht haben. Mehr dazu lest ihr im folgenden Artikel:

    "Es ist mir scheißegal, was Al Pacino denkt": So gnadenlos rechnet ein Meisterregisseur mit der Schauspiel-Legende ab

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