Wohl kaum ein Motiv wurde filmisch so ausgeschlachtet wie das der Zwillinge und Doppelgänger. Gerade für Horrorfilme oder Thriller wie „Ich seh, Ich seh” oder natürlich „Shining” gibt dieses so einiges her, um mit der Wahrnehmung sowie mit Identität zu spielen.
David Cronenberg gilt für viele als der Meister des Body-Horrors und ist bekannt für seine Ekel-Szenen sowie seine grotesken Inszenierungen von Deformation, u.a. im Klassiker „Die Fliege” oder in „Naked Lunch”. 1988 schuf er mit „Die Unzertrennlichen” seine eigene Interpretation des Doppelten Lottchens. Das vielfach ausgezeichnete Psycho-Horror-Drama könnt ihr am heutigen Sonntagabend, den 24. März um 22.40 Uhr auf Tele 5 sehen.
Und einschalten lohnt sich! Denn aktuell gibt es den Film, der für viele inzwischen Kultstatus genießt, bei uns in Deutschland nicht zu streamen und auch auf Blu-ray ist er nur schwer zu bekommen – eine Special Edition gibt es gebraucht für schlappe 200 Euro. Etwas günstiger bekommt ihr hingegen die Collector’s Edition auf Amazon, bei der es sich jedoch um die US-Version handelt und die über keine deutsche Tonspur verfügt.
Symbiose bis zum bitteren Ende
Cronenbergs Original, das eigentlich „Dead Ringers” (bezeichnenderweise gleichbedeutend mit „Doppelgänger”) heißt, gab inhaltlich nun so viel her, dass dieses letztes Jahr auch als Serie von Amazon Prime* neu aufgelegt wurde. Aus Zwillingsbrüdern wurden hier Zwillingsschwestern, in einer Doppelrolle verkörpert von Rachel Weisz.
Das Reboot hält sich in vielen Dingen recht nah ans Original, in dem Jeremy Irons die Zwillingsbrüder Elliot und Beverly Mantle verkörpert. Während Elliot extrovertiert und charismatisch ist, gibt sich Beverly eher schüchtern und zurückhaltend. Bereits seit ihrer Jugend teilen die beiden sich alles: Ein Bett, eine Praxis, und gelegentlich auch ihre Frauen. Als die Schauspielerin Claire Niveau (Geneviève Bujold) in ihr Leben tritt und Beverly Gefühle für sie entwickelt, gerät ihr Verhältnis aus dem Gleichgewicht – ein Gleichgewicht, welches Elliot um jeden Preis aufrechterhalten möchte…
Immer weiter in den Abgrund dreht sich die symbiotische Spirale aus Abhängigkeit, Macht und Wahn. Wer hier jedoch viele Schockmomente erwartet, muss leider ein Stück weit enttäuscht werden. Wenngleich „Die Unzertrennlichen” oftmals dem Body-Horror zugeordnet wird, finden sich nur wenige explizite Szenen darin – darunter allerdings eine Traumszene, die ziemlich ekelhaft ist.
Horror in den Zwischentönen
Dabei ist der Horror, der hier stets mitschwingt, viel subtiler und tiefer und kommt deswegen ganz wunderbar ohne große Schockeffekte aus. Er ist zutiefst menschlicher und psychologischer Natur und findet sich im Abgrund des Menschen selbst. Inszenatorisch ist der Film deswegen aber nicht minder sehenswert – wenn Rot sich durch die Bilder zieht oder seltsame gynäkologische Apparaturen beunruhigend ins Bild gerückt werden beispielsweise.
Ganz davon abgesehen, dass Jeremy Irons sich selbst an die Wand spielt. Ihm bei der Darstellung des zunehmenden psychischen Verfalls zuzusehen, ist ein beinahe schon schmerzhaftes Vergnügen. Und vielleicht ist das der wahre Body-Horror, den man hier sehen kann: Der Schauspieler-Körper, der zwei so verschiedene Identitäten in sich birgt und seine makabre Performance bis zum bittersüß inszenierten Ende liefert.
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