Packt die Protonenstrahler aus, es geht wieder auf die Jagd nach Phantomen, Ghoulen und schaurigen Unholden aller Art. Am 21. März 2023 ist in den deutschen Kinos „Ghostbusters: Frozen Empire“ angelaufen. Passend dazu hatte FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler die Gelegenheit, mit Filmemacher Gil Kenan („Monster House“) zu sprechen.
Auf dessen Schultern lastet dabei ein besonderer Druck, denn es ist das erste Mal, dass ein Film über die Geisterjäger nicht von Ivan oder dessen Sohn Jason Reitman inszeniert wird – der wenig geliebte „Ghostbusters“-Reboot von 2016 sei hier mal ausgeklammert, da der ja sowieso sein ganz eigenes Ding gemacht hat. Natürlich wird der neue Film, insbesondere nach der geglückten Wiederbelebung des Franchise mit „Ghostbusters: Legacy“ im Jahre 2021, besonders kritisch beäugt...
FILMSTARTS: Eine Einstiegsfrage passend zu „Ghostbusters: Frozen Empire“: Glaubst du an Geister? Ich hoffe, dass du diese Frage heute noch nicht zu oft gehört hast...
Gil Kenan: Nein, bisher noch gar nicht. Aber wir stehen erst am Anfang der Interviews. (lacht) Und die Antwort ist: Ja, das tue ich. Und ich habe meine Erfahrungen mit dem Unbekannten gemacht. Ich war eigentlich von klein auf offen für das Potenzial des Übernatürlichen. Ich war ein sehr sensibles Kind und hatte einige außerkörperliche Erfahrungen. Bei einer davon spürte ich sogar die Anwesenheit von verstorbenen Familienmitgliedern. Das ist eine sehr klare Erinnerung, die ich als Kind gemacht habe. Ich hatte auch Erlebnisse, bei denen ich mir einer anderen Präsenz im Raum sehr bewusst war und spüren konnte, dass sie mir nichts Böses wollte. Ich habe also definitiv einige Erfahrungen gemacht. Wie sieht es bei dir aus? Glaubst du an Geister?
FILMSTARTS: Durchaus. Ich hatte zwar noch nie eine persönliche Begegnung mit einem Geist oder eine übersinnliche Erfahrung, aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Gil Kenan (lacht): Du bist noch jung, dafür ist noch jede Menge Zeit.
FILMSTARTS: Was verbindet dich persönlich mit dem „Ghostbusters“-Franchise?
Gil Kenan: Zunächst mal bin ich ein echter Fan. Mein Vater hat mich im Alter von sieben Jahren in den ersten „Ghostbusters“-Film mitgenommen. Und das war für mich der Beginn einer lebenslangen Liebe zu diesen Figuren. Und dann, vor etwa 20 Jahren, ging ich zum Eishockey spielen, und ich zog meine Schlittschuhe neben einem anderen Typen an. Wir kamen ins Gespräch und erfuhren, dass wir beide Filmemacher sind. Ich stellte mich als Gil, er stellte sich als Jason Reitman vor. Und wir begannen ein Gespräch, das bis zum heutigen Tag andauert. Wir fingen an, über Film zu reden und stellten fest, dass das unser Leben, unsere Leidenschaft und unser gemeinsames Interesse ist.
Im Laufe der Jahre sprachen wir darüber, ob Jason jemals bereit sein würde, in das Familiengeschäft des „Ghostbusting“ einzusteigen und das Franchise fortzuführen. Und eines Tages, vor etwa fünf oder sechs Jahren, begann Jason dieses Gespräch auch mit mir. Er hatte das Gefühl, dass es an der Zeit war, in das Familiengeschäft einzusteigen – und dieses Gespräch führte letztlich zu „Ghostbusters: Legacy“. Ich fühle mich sehr privilegiert, dass ich von Anfang an dabei war. Zu sehen, wie Jason als Produzent so eng mit seinem Vater zusammenarbeitet, wie er die Verantwortung für diese Figuren und diese Welt übernimmt, und dann zu sehen, wie der Film bei den Zuschauern auf der ganzen Welt ankommt, das war eine der größten Freuden in meinem Leben als Filmemacher.
Und dann haben wir damit begonnen, die Geschichte für dieses nächste Kapitel zu schreiben. Eine Geschichte, die wir noch mit Ivan [Reitman] teilen konnten, kurz bevor er starb. Es ist also eine sehr persönliche Beziehung für mich. Nicht so persönlich wie für Jason, aber ich empfinde tiefe Liebe und Respekt für seine Familie und vor allem für ihn als meinen kreativen Partner, Co-Autor und Produzenten bei diesem Film. Genau wie das, was man auf der Leinwand sieht, ist es also eine Geschichte über eine Familie, über Menschen, die sich umeinander kümmern, die zusammenkommen, um das Unmögliche zu wagen.
FILMSTARTS: Was sind die Grundbausteine für einen guten Film über die Geisterjäger?
Gil Kenan: Die wichtigsten Bausteine sind in erster Linie die Figuren. Jason und ich haben die Familie Spengler in den Mittelpunkt dieser Geschichten gestellt, als wir begannen, „Legacy“ zu schreiben. Es sollte eine nachvollziehbare, menschliche und emotionale Reise werden.
Aber wenn du mich fragst, was die DNA einer echten Ghostbusters-Geschichte ist, dann ist das eine Gruppe von Außenseitern, die so sind wie du und ich, die sich zusammenschließen, um alle Informationen, die sie haben, zu nutzen und die Werkzeuge zu schaffen, die sie brauchen, um das Unmögliche zu leisten. Und das bedeutet, an die Möglichkeit des Unbekannten zu glauben. Es bedeutet, den Mut zu haben, sich echten Gefahren und lebensbedrohlichen Szenarien zu stellen, und selbstbewusst und verrückt genug zu sein, um Witze darüber zu reißen, während das eigene Leben auf dem Spiel steht. Das ist die Kernessenz der Ghostbusters.
FILMSTARTS: Ich hatte während des Films den Eindruck, dass die Animationsserie „The Real Ghostbusters“ eine große Inspirationsquelle für den Film gewesen ist. All die kleinen Handlungsstränge, die sich fast wie einzelne Episoden anfühlen und dann zu einem großen Finale zusammenlaufen. Liege ich mit der Vermutung richtig?
Gil Kenan: Damit liegst du absolut richtig. Wir haben versucht, eine große Geschichte mit vielen Figuren zu erzählen. Die Idee, all diese Figuren ständig in Bewegung zu halten, war eine der Herausforderungen bei der Entwicklung des Films, aber auch ein echter Spaß. Für einen Fan gibt es so viel zu erleben. Bei „The Real Ghostbusters“ fühlte sich damals jede Woche wie ein neues Abenteuer an. Jede Episode gab es einen neuen Bösewicht und ein neues Mysterium. Und das auf die große Leinwand zu übertragen, war für mich als Fan sehr aufregend, denn die große Leinwand bietet ganz andere Möglichkeiten.
Jason und ich haben uns während der Erstellung des Drehbuchs an Dingen wie dieser Serie orientiert und uns ermächtigt gefühlt, mit Garaka einen völlig neuen Bösewicht für diese Geschichte zu erschaffen und eine neue Hintergrundgeschichte zu entwerfen, in der wir mehr über diese mystische Figur erfahren. All das wurde durch die Kreativität und Kühnheit der ersten Zeichentrickserie inspiriert.
Was ich zudem an der Serie liebe, ist, dass sie wirklich viel in der Stadt herumkam, besonders in späteren Episoden. Sie machten Ausflüge in die Außenbezirke. Es fühlte sich an, als würde die Karte dieser Welt wachsen. Und das reizt mich. Egal, ob es nun darum geht, New York zu verlassen oder in andere Länder zu gehen, ich liebe die Idee, die Grenzen der Geisterjäger-Geschichten zu erweitern. Jetzt, da wir sie nach New York zurückgebracht und dort verankert haben, wo sie hingehört, haben wir das Gefühl, dass wir jetzt die Möglichkeit haben, unsere Arme ein wenig auszustrecken.
FILMSTARTS: Ich hatte auch das Gefühl, dass „Ghostbusters: Frozen Empire“ ein internationales Abenteuer vorbereitet...
Gil Kenan: Ich muss sagen, dass das nicht explizit ein Ziel war, als wir uns an das Drehbuch gesetzt haben. Vielleicht ist das auch deine eigene Interpretation als internationaler Zuschauer. (lacht) Aber es ist definitiv etwas, worüber wir gesprochen haben. Und ich liebe die Idee, denn wir alle wissen, dass jede Kultur ihre eigene Beziehung zum Übernatürlichen, zum Unbekannten hat. Es wäre eine außergewöhnliche Gelegenheit für uns, beim Schreiben kommender Geschichten auf all diese Weisheiten und Erzählungen zurückgreifen zu können. Die Tür steht also offen.
FILMSTARTS: In welchem Land würdest du gerne mal ein Leinwand-Abenteuer der Geisterjäger sehen?
Gil Kenan: Ich könnte dir gleich eine ganze Liste von Ländern geben. (lacht) Aber mich interessiert vor allem, was passieren würde, wenn wir in die spannende und spezielle Mythologie der asiatischen Geisterwelt eintauchen würden. Ich bin ein absoluter Fan japanischer Spukhausgeschichten und -filme. Ich liebe die Beziehung dieser Kultur zu den Toten. Aber es gibt auch südamerikanische Kulturen, die die Toten als gleichwertig mit den Lebenden behandeln. Man könnte in die entlegensten Winkel der Welt reisen und dort außergewöhnliche Geschichten finden, auf die man zurückgreifen könnte. Wenn wir das jemals tun würden, wäre die größte Herausforderung, uns trotz des Überangebots wirklich nur auf eine einzige Kultur zu beschränken.