Manchmal entstehen die größten Meisterwerke aus Projekten, die ursprünglich eigentlich gar nicht realisiert werden sollten. „Spiel mir das Lied vom Tod“ zum Beispiel: Nach dem grandiosen Erfolg seiner „Dollar“-Trilogie hatte Sergio Leone eigentlich keine Lust mehr, sich noch einmal mit dem Mythos des Wilden Westen auseinanderzusetzen und wollte 1967 bereits mit der Arbeit an seiner Gangster-Chronik „Es war einmal in Amerika“ beginnen. Zusammen mit Bernardo Bertolucci, Dario Argento und letztlich Sergio Donati setze er sich dennoch an ein Drehbuch und gewann neue Motivation.
Herausgekommen ist dabei letzten Endes ein Inbegriff ikonischer Filmgeschichte. „Spiel mir das Lied vom Tod“ konnte sich in der offiziellen FILMSTARTS-Kritik nicht nur 5 von 5 möglichen Sternen verdienen. Sergio Leones Meilenstein ist für uns auch der beste Western aller Zeiten – noch vor „Der schwarze Falke“, „The Wild Bunch“ oder „12 Uhr mittags“.
Die besten Western aller ZeitenUmso erfreulicher, dass das Highlight nach seiner Verfügbarkeit bei Paramount+ nun seinen Weg in ein weiteres Streaming-Abo gefunden hat und es somit noch mehr Möglichkeiten gibt, es ganz einfach nachzuholen oder mal wieder zu schauen: „Spiel mir das Lied vom Tod“ läuft heute, am 2. Februar um 23.30 Uhr im BR - ohne Werbeunterbrechungen!
Darum geht's in "Spiel mir das Lied vom Tod"
Es sind die letzten Tage des Wilden Westens. In einer staubigen Wüstenstadt eskaliert der Konflikt um die Wasserkontrolle und der skrupellose Eisenbahnunternehmer Mr. Morton (Gabriele Ferzetti) versucht mit Hilfe eines eiskalten Killers (Henry Fonda) den erbarmungslosen Kampf um Macht und Geld mit allen Mitteln schnellstmöglich für sich zu entscheiden. Schienenstrang um Schienenstrang will Morton die Menschen in eine neue Zeitrechnung zwingen.
Jill (Claudia Cardinale) erbt indes das Grundstück ihres brutal ermordeten Ehemannes. Dieses Stück Land versucht Mortan als wichtigen Eisenbahnstützpunkt in seine schmierigen Hände zu bekommen. Ein Fremder (Charles Bronson) schafft es jedoch, das Grundstück zu ersteigern und gibt es der Witwe Jill zurück. Dadurch zieht der Unbekannte nicht nur den Zorn von Morton auf sich, sondern auch des Killers Frank. Es kommt zum Duell, bei dem die Vergangenheit der beiden Männer eine wichtige Rolle spielt...
Der ultimative Western
Bereits die erste Szene, in der drei düstere Gestalten eine entlegene Bahnhofsstation für sich einnehmen und daraufhin zehn Minuten ohne ein einziges Wort darauf warten, dass Charles Bronson endlich eintrifft, ist schlicht und ergreifend phänomenal. Es ist eine absonderliche Ruhe vor dem Sturm, die erst einmal nur durch das Keuchen der maroden Dielen, das Knarren des Windrades am Wasserturm und die Wassertropfen, die beharrlich in einen Filzhut plätschern, gebrochen wird. Bis es schließlich wirklich knallt.
In der FILMSTARTS-Kritik von Ulrich Behrens wird diese Eröffnung sehr treffend als „gespenstisch“ beschrieben, was sich auch auf den ganzen Film übertragen lässt. Sergio Leone erzählt mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ nämlich keinen glorreichen Heldensaga über die guten alten Tage im Wilden Westen. Stattdessen geht es um Rache – und die ist hier kein Akt der Gerechtigkeit, sondern Teil eines tiefen Traumas. Die Revolverhelden sind keine strahlenden Figuren mehr, sondern Relikte, die gnadenlos aus der Zeit fallen.
Ein weiterer wichtiger Punkt in „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist die Eisenbahn. Diesbezüglich heißt es in der FILMSTARTS-Kritik: „Der amerikanische Kapitalismus, wie wir ihn kennen oder zu kennen glauben, bricht unerbittlich herein. […] Die Eisenbahn ist nur die erste Objektivation, das erste Symbol dieser neuen Zeit. Ihre Gewalttätigkeit wird noch als Freiheit empfunden, es wird nicht gesehen, welche Opfer und Verbrechen, welche tragischen Schicksale mit dieser neuen Zeit verknüpft sein werden.“
Der Fortschritt in „Spiel mir das Lied vom Tod“ beerdigt also regelrecht den klassischen Western und das Dampfen der Lokomotive wird zum Schwanengesang für ein ganzes Genre. Darüber hinaus ist Sergio Leones Meisterwerk ein Paradebeispiel dafür, was inszenatorische Brillanz bedeutet.
Jedes Bild ist exakt durchkomponiert und Ennio Morricones hymnischer Score vitalisiert und choreographiert das Geschehen auf einzigartige Art und Weise. „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist eine formvollendete Oper der Gewalt, der man sich unbedingt hingeben sollte.
Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.