Es ist bekannt, dass viele Amerikaner*innen die Filme nur in ihrer Landessprache schauen. Und weil es – abgesehen von Ausnahmefällen wie bei Animationsfilmen – in den USA oft keine Synchronisation gibt, fallen viele fremdsprachige Titel hinten runter. In den vergangenen Jahren hat sich das zwar gerade im Streaming-Bereich geändert, wie einige Netflix-Erfolge beweisen. Im Kino locken zwar Filme mit Untertitel in Metropolen wie New York und Los Angeles ihr Publikum an und sind dann auch gerne mal ausverkauft, wie der Autor dieser Zeilen schon leidlich erfahren musste, aber beim Blick auf die Kinocharts für ganz Nordamerika spielen sie selten eine Rolle.
Umso bemerkenswerter ist, was nun „Godzilla Minus One“ gelungen ist. Schon am Wochenende schrieb der Monsterfilm aus Japan starke Zahlen. Mit einem Einspielergebnis von 11,5 Millionen Dollar landete er auf dem dritten Rang der Kinocharts – hinter „Die Tribute von Panem – The Ballad Of Songbirds & Snakes“ (14,2 Millionen Dollar) sowie dem Konzertereignis „Renaissance: A Film by Beyoncé“ (21,8 Millionen Dollar). Doch in den mittlerweile veröffentlichten Tagescharts für Montag, den 4. Dezember, zog das Godzilla-Abenteuer am „Panem“-Prequel vorbei. Und da der Beyoncé-Film nur am Wochenende lief, ist das jetzige Ergebnis: Platz 1 der US-Kinocharts vom 4.12.2023 geht an „Godzilla Minus One“.
Wie beeindruckend das ist, zeigt ein Blick zurück … sehr weit zurück.
Was "Godzilla Minus One" gelang, schaffte zuletzt "Hero"
Dass ein nicht-englischsprachiger Film in Nordamerika an der Spitze der Kinocharts steht, ist eine absolute Seltenheit. Nur Animationsfilmen, die wie eingangs gesagt dann halt auch oft synchronisiert im Einsatz sind, gelingt das ab und zu – weswegen hier die Trennung zwischen Live-Action und Animationsfilm bei der Betrachtung der Charts-Historie sehr wichtig und sinnvoll ist.
Der vor „Godzilla Minus One“ letzte nicht-englischsprachige Live-Action-Film an der Spitze der nordamerikanischen Kinocharts war „Hero“ von Zhang Yimou. Bei Cinephilen dürfte es nun schon klingeln: Das ist verdammt lang her, genauer gesagt satte 19 Jahre. Am 9. September 2004 stand „Hero“ an der Spitze der amerikanischen Kinocharts.
Der Start von „Godzilla Minus One“ ist übrigens sogar der zweitbeste für einen nicht-englischsprachigen Live-Action-Film in der kompletten US-Kinocharts-Geschichte. Ihr habt es euch wahrscheinlich schon gedacht: „Hero“ ist der einzige, der noch besser anlief.
Godzilla im Angriff auf die All-Time-Bestenliste
Da „Godzilla Minus One“ aktuell von Publikum und Kritik gefeiert wird, könnte sich die Erfolgsserie an den US-Kinokassen fortsetzen. Bereits jetzt ist der japanische Monsterfilm dort unter den 20 erfolgreichsten nicht-englischsprachigen Filmen aller Zeiten zu finden. An der Spitze liegt Ang Lees „Tiger & Dragon“ mit Einnahmen von 128 Millionen Dollar in seiner US-Gesamtlaufzeit – und dieser Titel ist der beste Beweis, was möglich ist, wenn ein Film einhellig gefeiert wird. Gestartet ist der nämlich einst mit nicht einmal einer Million Dollar. Die Spitze der Kinocharts, die „Godzilla Minus One“ nun am vierten Tag das erste Mal eroberte, erreichte „Tiger & Dragon“ (ziemlich sensationell) erst über zwei Monate (!) nach Start.
Der jüngste Film in dieser Top-20-All-Time-Rangliste ist übrigens Oscar-Erfolg „Parasite“, der mit einem Einspielergebnis von 53,4 Millionen Dollar auf dem vierten Rang liegt. Die Spitzenposition in den regulären US-Kinocharts erreichte der koreanische Erfolg aber nie. Das höchste der Gefühle war ein vierter Platz in den Tagesscharts – direkt nach der Oscarverleihung und dem damit verbundenen Aufmerksamkeitsschub.
In Deutschland lösten am ersten Wochenende übrigens rund 17.500 Menschen ein Ticket für „Godzilla Minus One“. Da ist noch reichlich Luft nach oben...
Darum geht es in "Godzilla Minus One"
Regisseur Takashi Yamazaki erzählt in seinem Film die Geschichte des Kamikaze-Piloten Koichi Shimisha (Ryunosuke Kamiki), der zum Ende des Zweiten Weltkrieges ein technisches Problem vortäuscht, um auf der Insel Odo landen zu können – wo sein Leben alsbald eine tragische Wendung nimmt. Denn hier trifft der junge Mann erstmals auf das sagenumwobene Wesen namens Godzilla, das das Eiland dem Erdboden gleichmacht – und nicht zuletzt viele Menschen tötet, nachdem Koichi es verabsäumte, das Feuer auf die Kreatur zu eröffnen.
Geplagt von Schuldgefühlen kehrt er nach Tokio zurück, wo er schon bald ein neues Leben mit Noriko (Minami Hamabe) und einem kleinen Waisenmädchen führt – bis Godzilla eines Tages schließlich zurückkehrt und dem Deserteur ermöglicht, seinen persönlichen Krieg ein für alle Mal zu Ende zu kämpfen.