Als die FILMSTARTS-Redaktion die besten Actionfilme aller Zeiten kürte, war John Woo (natürlich) gleich mehrfach vertreten – mit „Bullet In The Head“, „Face/Off“, „A Better Tomorrow“ sowie natürlich „The Killer“, der es sogar auf Rang 3 der 75 Filme umfassenden Liste brachte. Mit vier Filmen in dem Ranking vertreten zu sein, wird dem Action-Meister aus Hongkong auch absolut gerecht – wenn nicht ausgerechnet sein bester, oder zumindest mein Lieblingsfilm von ihm, nicht fehlen würde: „Hard Boiled“.
„Hard Boiled“ stand viele Jahre auf dem Index, erhielt mittlerweile aber in der Uncut-Version endlich seine Freigabe – und erscheint am 23. Februar 2024 zum allerersten Mal auf Blu-ray. Komplett ungekürzt! Verleiher TG Vision wird dem brachialen Kracher mit Chow Yun-Fat seine hiesige HD-Premiere spendieren und standesgemäß nicht nur in einer, sondern gleich zwei Limited Editions veröffentlichen – die inhaltlich identisch sind und sich lediglich in ihrer Optik unterscheiden. Während das Cover von Edition A* (derzeit nicht verfügbar) mit einem modernen Mash-up ikonischer Szenen aus dem Film daherkommt, ziert Edition B* das altbewährte Covermotiv, das ältere Sammlerinnen und Sammler noch aus VHS- und DVD-Zeiten kennen dürften:
John-Woo-Fans haben aktuell aber nicht bloß aufgrund der „Hard Boiled“-Veröffentlichung Grund zur Freude. Während mit „Silent Night - Stumme Rache“ am 14. Dezember Woos erster Hollywood-Film seit 20 Jahren in den deutschen Kinos startet, feiert gleich eine ganze Reihe seiner größten Meilensteine ihre hiesige Uncut-HD-Premiere: „The Killer“* (8. Dezember 2023) und „Bullet In The Head“* (31. Mai 2024) werden mit vergleichbaren Heimkino-Auswertungen bedacht.
Allesamt Pflichtkäufe für einen Action-Fan mit Hongkong-Faible wie mich – vor allem aber natürlich „Hard Boiled“. Meine US-Blu-ray von Dragon Dynasty wartet ohnehin seit Jahren darauf, ersetzt zu werden...
"Hard Boiled": Mehr Action geht nicht!
Nach über 30 Jahren muss an dieser Stelle wohl nicht mehr allzu groß auf die Story von „Hard Boiled“ eingegangen werden. John Woos Spektakel ist Heroic-Bloodshed-Kino in Perfektion, das von der ikonischen Dualität von Gut und Böse lebt – und mit Chow Yun-Fat und Tony Leung zwei Schauspielgrößen auf Augenhöhe in den Kampf schickt, bevor Woo Jahre später mit Nicolas Cage und John Travolta (in „Face/Off“) das perfekte Hollywood-Pendant nachschob.
Der Film inszeniert seine (Anti-)Helden in einer Larger-than-life-Manier, wie man es heute fast nur von indischen Blockbustern kennt. Wenn Chow Yun-Fat sich in der Eröffnungsszene einen Drink mixt und Klarinette spielt, bevor er in der legendären Teehaus-Schießerei – einer der brachialsten Actionszenen der Geschichte – Magazin um Magazin in seine Widersacher ballert, ist das genauso wirkungsvoll wie Tony Leung, der mit Sonnenbrille in Superzeitlupe durch Nebelschwaden läuft. John Woo aber geht nicht nach Style-over-substance-Methodik vor, sondern etabliert mit jenen stilvollen Bildern auch gleich die wichtigsten Figuren als zwar überhöhte Charaktere, die zugleich aber stets greifbar bleiben, ultimative und unaufhaltsame Helden, die zugleich verletzlich, menschlich wirken.
„Hard Boiled“ besteht im Grunde aus einem klassischen Undercover-Cop-Plot und nur drei großen Actionszenen, die – jede für sich – einen Höhepunkt der Action-Geschichte darstellt. Hier wird nicht gequatscht, sondern ohne Kompromisse aus allen Rohren gefeuert, dass buchstäblich die Fetzen fliegen, das Blut in alle Richtungen spritzt und die Funken fliegen, dass man aus dem Staunen kaum herauskommt. Wer wissen will, was es wirklich bedeutet, wenn „kein Stein auf dem anderen bleibt“, kommt um „Hard Boiled“ nicht herum. Mehr Action-Feuerwerk geht nicht. Dabei lebt die Action vor allem von Woos Verständnis, komplexe Schauplätze nicht nur zu nutzen, sondern diese auch stets nachvollziehbar in Szene zu setzen.
Moderne Actionfilme sind oftmals hektisch gefilmt und noch hektischer geschnitten – und das hat auch seine Gründe, ist es so schließlich wesentlich einfacher, weniger spektakuläre Schießereien, Kämpfe und Verfolgungsjagden dynamischer wirken zu lassen. In den meisten Fällen verliert man als Zuschauer*in dabei jedoch schnell die Übersicht. Ob das Teehaus, die Lagerhalle in der Mitte des Films oder das Krankenhaus im Finale: Woo fängt seine Settings mit Slow-Motion-Kamerafahrten nicht nur megastylisch ein, sondern bringt sie damit auch einem Publikum näher – und setzt dann, wenn es kracht, kaum auf Nahaufnahmen, bei denen man ohnehin kaum etwas erkennt, sondern auf eine Totale, wann immer es geht. Derartige Actionsequenzen sind nur dank einer unendlich detaillierten Vorbereitung, komplexen Choreographie und punktgenauer Durchführung möglich – da muss wirklich alles passen. Und das tut es hier.
Abgesehen davon hält „Hard Boiled“ in der deutschen Synchronfassung auch den einen oder anderen Schmunzler bereit („Ich fühl' mich wie genudelt!“) und bietet für alle Asia-Fans obendrein großes Schauspieler-Kino mit einem durch die Bank groß aufspielenden Ensemble-Cast – zu dem neben Yun-Fat und Leung unter anderem auch Anthony Wong („Infernal Affairs“), Philip Chan („Twin Dragons“) und Teresa Mo („Enter The Fat Dragon“) gehören.
Ein Kino-Pflichttermin für alle Fans von "John Wick" & Co.? Erste Kritiken zum FSK-18-Kracher "Silent Night" von John Woo*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.