Kälte, Finsternis und eine Gesellschaft, die von Sex, Alkohol und Gewalt dominiert wird - all das, aber wahnhaft in einen Mantel der Religiosität gehüllt: Gute Laune ist im finnischen Kinoklassiker „Die Erde ist ein sündiges Lied“ eine Rarität. Doch sie ist im Langfilmdebüt des Regie-Provokateurs Rauni Mollberg keinesfalls ein Tabu – denn sein Film ist auch von rauer Zärtlichkeit und verletzlicher Liebe durchzogen.
Während der drastisch-dramatische Blick auf die finnische Gesellschaft in seinem Heimatland Kassenrekorde aufgestellt hat, hatten es deutsche Filmfans bislang unfassbar schwer, an den Klassiker zu gelangen. Das ist nun vorbei: Seit kurzer Zeit ist „Die Erde ist ein sündiges Lied“ im deutschen Heimkino als Special Edition auf Blu-ray erhältlich.
Außerdem kam eine DVD* des hierzulande kaum bekannten Meilensteins in den Handel. Für die Veröffentlichung zeichnet sich das Label Bildstörung verantwortlich, das seine Editionen stets mit sehenswertem Bonusmaterial bestückt und bei Fans abseitiger und/oder ambitionierter Filmkunst hohes Ansehen genießt.
Daher lohnt es sich auch, bei Interesse lieber nicht zu lange zu zögern: Zwar sind Bildstörung-Veröffentlichungen der Erfahrung nach nicht in Windeseile ausverkauft. Doch sobald sie vergriffen sind, gehen die Editionen auf dem Gebrauchtmarkt praktisch nur noch zu stattlichen Preisen weg.
"Die Erde ist ein sündiges Lied": Ein blutig-erdiges Gesellschaftsporträt
Lappland, Ende der 1940er-Jahre: Martta (Maritta Viitamäki) ist zwar erst 19 Jahre alt, schuftet sich aber jetzt schon halb zu Tode. Ihre rare Freizeit verbringt sie in der Sauna oder auf Dorffesten – und stets unter gieriger Beobachtung durch die die männliche Bevölkerung. Martta ist durchaus neugierig und flirtet daher gelegentlich zurück, will aber noch nicht Ernst machen. Dann aber lernt sie den Rentierhirten Oula (Niiles-Jouni Aikio) kennen, einen Samen mit fürchterlichem Ruf. Hat er den aus gutem Grund, oder ist er bloß das Opfer von Eifersüchteleien und religiöser Bigotterie?
Bei den Filmfestspielen von Locarno erhielt Rauni Mollberg für „Die Erde ist ein sündiges Lied“ die Auszeichnung für das beste Erstlingswerk, außerdem lief der Film bei der 24. Berlinale im Wettbewerb. 1986, über ein Jahrzehnt nach seiner Berlinale-Aufführung, feierte das hierzulande auch als „Die Erde ist unser sündiges Lied“ bekannte Drama seine hiesige Free-TV-Premiere im ZDF.
Eine würdige Heimkino-Veröffentlichung blieb ihm hingegen bis jetzt verwehrt. Daher kann man die aufwühlend-spröde Adaption des gleichnamigen Romans aus der Feder des finnischen Autors Timo K. Mukka guten Gewissens als Geheimtipp bezeichnen, selbst wenn die drastische Sozialstudie in Finnland massiven Erfolg feierte.
Angesichts der nahezu trostlosen Stimmung und des beklemmenden Gesellschaftsbilds ist es geradezu erstaunlich, wie groß dieser Erfolg war: Für ein paar Jahre hielt „Die Erde ist ein sündiges Lied“ in Finnland den Rekord für den meistbesuchten Kinofilm inne – und diente der lokalen Filmindustrie somit als Wegweiser, was das Publikum alles zu verdauen vermag.
Mollbergs kompromissloser Stil und sein schöpferischer Einfluss stehen auch im Mittelpunkt der 2021 entstandenen Dokumentation „Dinosaurier“, die Bildstörung den „Die Erde ist ein sündiges Lied“-Editionen als Extra beilegt. Der Hauptfilm wurde zudem für die Veröffentlichung neu abgetastet und restauriert, die einst erstellte Synchronisation fehlt allerdings.
Wer des Finnischen nicht mächtig ist (was wohl auf den Großteil unseres Publikums zutreffen sollte), muss daher mit den Untertiteln vorlieb nehmen. Damit ist man aber eh näher am schroffen, mitreißenden Original. Und falls ihr nun Lust bekommen habt, eure Bildstörung-Sammlung aufzustocken: Das Label brachte bereits den gewaltigsten Kriegsfilm der Geschichte heraus...
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