„Rocky“ ist ein Meisterwerk, ein großartiges Drama, in dem Sylvester Stallone sein ganzes Talent als Charakterschauspieler unter Beweis stellt, aber auch umfassend ausgearbeiteten und interessanten Nebenfiguren viel Raum gibt (worunter die Sequels leiden). Doch trotzdem finde ich „Creed - Rocky's Legacy“ noch einmal eine Spur besser...
„Creed - Rocky's Legacy“ läuft am heutigen Dienstag, den 23. Mai 2023, ab 22.30 Uhr auf Kabel Eins. Wer auf Werbepausen verzichten will und/oder die Originalfassung bevorzugt, kann das erstklassige Box-Drama alternativ bei Streaminganbieter Amazon Prime Video im Abo schauen.
Meisterhaftes Drama und (!) Boxen: "Creed - Rocky's Legacy"
Im Mittelpunkt von „Creed - Rocky's Legacy“ steht der uneheliche Sohn von Rocky Balboas langjährigem Konkurrenten und Freund Apollo Creed: Adonis „Donnie“ Johnson (Michael B. Jordan) will sich selbst einen Namen machen und bittet Rocky (erneut Sylvester Stallone), ihn zu trainieren. Als die Öffentlichkeit von Donnies wahrer Herkunft erfährt, bietet sich ihm die Chance für einen großen Kampf. Doch ist er dafür schon bereit?
„Creed“ ist zum einen so herausragend, weil Regisseur Ryan Coogler verstanden hat, was den ersten Film der Reihe so ausmachte. Auch er erzählt eine mitreißende und fesselnde Box-Aufsteiger-Geschichte eines Underdogs – wenn auch mit leicht anderen Voraussetzungen. Denn Donnie hat eigentlich alles, aber muss sich gerade deswegen Respekt in der Szene verschaffen.
Doch Coogler versteht, dass es daneben noch interessante Figuren braucht. Die hat er mit Rocky (Stallone ist in seiner ohnehin schon besten Rolle so gut wie lange nicht mehr) oder auch der R&B-Sängerin Bianca (Tessa Thompson), in die sich Donnie verliebt.
Die Boxszenen machen das Meisterwerk
Wie bereits erwähnt ist Stallone in seiner Paraderolle noch einmal herausragend und wurde verdient für einen Oscar nominiert, „Creed - Rocky's Legacy“ dann für mich zu einem Meisterwerk macht und sogar über die „Rocky“-Reihe hebt, sind die Boxszenen, allen voran das große Finale. Wenn es in Liverpool zum Fight gegen Box-Weltmeister Ricky Conlan (gespielt vom realen Ex-Box-Champion Tony Bellew) kommt, entfesselt Coogler eine Dynamik innerhalb und außerhalb des Rings, wie es sie selten zu sehen gibt.
Die Boxszenen waren nicht immer das Prunkstück der „Rocky“-Reihe. Im oft gelobten sechsten Teil „Rocky Balboa“ erreichen sie für mich sogar einen Tiefpunkt, weil sie nicht nur langsam und dröge sind (was man inhaltlich begründen kann), sondern auch sehr plump und immer sichtbar choreographiert und geschnitten sind.
"Iron Curtain": "Creed III"-Star Michael B. Jordan und "Mission: Impossible"-Regisseur machen Action-Thriller für AmazonIn „Creed“ hat Coogler schon zuvor viel mit Kamera, Schnitt und Musik erzählt und so die Sogwirkung seiner Geschichte erhöht, doch mit dem Kampf liefert der „Black Panther“-Regisseur sein Meisterstück. Das beginnt schon mit dem Einlaufen, den Kamerafahrten durchs Stadion und endet im immer wilder werdenden und unerbittlichen Fäusteduell der Kontrahenten, bei dem die Übersichtlichkeit gewahrt bleibt und kein einziger Schnitt, kein Perspektivenwechsel Tempo rausnimmt.
Solche Film-Boxkämpfe sind natürlich immer gestellt, abgesprochen und geprobt. Doch in „Creed“ ist das zu keiner Sekunde zu erahnen. Es scheint alles der Dynamik des Augenblicks zu entspringen, ist mit allen Wendungen und Ereignissen immer wieder unberechenbar und überraschend. Dass es Coogler dann noch schafft, zahlreiche „Rocky“-Anspielungen in diesen Kampf so einzubauen, dass sie sich natürlich einfügen, ist die Kirsche auf der Sahne. So muss Boxen im Kino aussehen.
Streaming-Tipp: Dieses erschütternde Netflix-Highlight wurde völlig zu Recht mit drei Oscars ausgezeichnetDies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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