Schon 1992 hat Regisseur Louis Malle („Fahrstuhl zum Schafott“) den ein Jahr zuvor erschienenen Roman „Verhängnis“ („Damage“ im Original) recht erfolgreich mit Jeremy Irons und Juliette Binoche in den Hauptrollen verfilmt. Rund 30 Jahre später hat sich nun Netflix an eine neue Adaption des Buchs in Form einer vierteiligen Serie namens „Obsession“ gewagt – und auch die stößt auf großes Interesse.
Das am 13. April 2023 erschienene „Obsession“ rangiert derzeit auf Platz 4 der aktuell meistgeschauten Serien auf Netflix – und das ist eine umso größere Leistung, als dass Netflix die Top-Liste auf Grundlage der von den Nutzer*innen geschauten Stunden erstellt und „Obsession“ im Gegensatz zu den meisten anderen Titeln hier nur vier Folgen mit Längen zwischen 33 und 43 Minuten umfasst. Dementsprechend zieht die Serie in dieser Statistik also womöglich selbst dann den Kürzeren, wenn mehr Leute bis zum Schluss streamen als bei manch anderer Produktion (so dürfte etwa der Neustart „Florida Man“ nur einen Platz weiter vorne gelandet sein, weil er drei Episoden länger ist).
Der Start der Serie kann von Netflix also durchaus als Erfolg verbucht werden, auch wenn die konkreten Stundenzahlen erst diesen Mittwoch veröffentlicht werden. Wer sich nach den schnell durchgeschauten vier Folgen nun aber weiteren „Obsession“-Nachschub verspricht, dürfte enttäuscht werden...
Wahrscheinlich keine Staffel 2 für "Obsession"
Trotz des bisherigen Erfolgs wird „Obsession“ höchstwahrscheinlich keine zweite Staffel bekommen – aus einem einfachen Grund: Die Netflix-Produktion ist eine Miniserie, die bereits in ihren vier Folgen eine abgeschlossene Geschichte erzählt, mit der zudem schon die gesamte Vorlage (wenn auch mit einigen Freiheiten) abgedeckt wird. (Der englische Begriff für diese Serien-Gattung, „limited series“, also limitierte Serie, ist in Bezug auf ihren Charakter übrigens immer noch etwas aussagekräftiger.)
Eine Fortsetzung der Story um den Chirurgen William (Richard Armitage), der eine leidenschaftliche Affäre mit der Verlobten (Charlie Murphy) seines Sohnes beginnt, ist so von vornherein nicht geplant. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es für Fans, die sich nach mehr „Obsession“ sehnen, es aber durchaus...
Die Hoffnung stirbt zuletzt
In der Vergangenheit gab es im Miniserien-Sektor immer mal auch Ausnahmen. Was eigentlich als nach einer Staffel abgeschlossene Geschichte begann, wurde wegen des großen Erfolges doch noch fortgeführt, so etwa im Fall der HBO-Serie „Big Little Lies“ oder der BBC/Amazon-Produktion „Good Omens“. Und auch Netflix selbst hat erst im vergangenen Jahr eine Verlängerung der megaerfolgreichen Thriller-Miniserien „The Watcher“ und „Dahmer - Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer“ bekannt gegeben.
Während bei „The Watcher“ direkt an die Handlung der (durchaus auch offen geendeten) ersten Staffel angeknüpft werden soll, bekommt „Dahmer“ unter dem „Monster“-Label demnächst zwei eigenständige Staffeln an die Seite gestellt, in denen jeweils andere Schwerverbrecher im Zentrum stehen werden. Beide Wege wären nun durchaus auch für „Obsession“ denkbar. Wenn man die Geschehnisse rund um Hauptfigur William nicht noch einmal anpacken will, könnte man das Ganze auch zu einem Anthologie-Format ummodeln und so noch eine ganz andere prickelnde Suspense-Mär erzählen, die einfach nur irgendwie zum Serientitel passt.
Letztlich hängt es aber natürlich auch vom länger anhaltenden Erfolg von „Obsession“ ab, ob Netflix überhaupt darüber nachdenkt, dass Miniserien-Konzept aufzubrechen. Besonders ausschlaggebend sind für den Streaminganbieter hier stets die ersten vier Wochen nach Release, nach denen wir sehen werden, wie erfolgreich „Obsession“ tatsächlich ist. Doch selbst mit Hit-Status im Rücken sind die Chancen auf Fortführung aus den oben genannten Gründen eher gering.