Wirft man heute einen Blick auf die deutschen Kinocharts aus dem Jahr 1977, ist das Ranking durchaus repräsentativ für damalige Kinotrends, die sich allesamt auch heute noch enormer Beliebtheit erfreuen. Die ersten vier Ränge gingen etwa an Disney („Bernard und Bianca“), Super-Agent James Bond („Der Spion, der mich liebte“), das legendäre Klopper-Duo Bud Spencer und Terence Hill („Zwei außer Rand und Band“) und meisterhaftes Weltkriegskino („Steiner - Das eiserne Kreuz“). Ebenfalls nicht untypisch: Dass sich unter den Top-Platzierungen auch Erotik findet – und zwar in Form von „Bilitis“, dem Regiedebüt des renommierten Fotografen David Hamilton.
Das Erotik-Drama lockte 1977 über 1,375 Millionen Menschen in die deutschen Kinos und ließ damit zahlreiche gefeierte Filme hinter sich, die heute als allseits gefeierte Klassiker gelten – von Woody Allens „Der Stadtneurotiker“ (950.000 Besucher*innen) über „Der Marathon Mann“ mit Dustin Hoffman (1,15 Mio.) bis zum beliebten „Der weiße Hai“-Trittbrettfahrer „Orca - Der Killerwal“ (900.000).
Im Heimkino wurde dem Film allerdings kaum Beachtung geschenkt. Umso erstaunlicher ist es, in welcher Form das Erstlingswerk des kontrovers diskutierten Fotografen nun zurückkehrt: „Bilitis“ feiert am 21. April 2023 sein Heimkino-Comeback – komplett ungekürzt und als Limited Collector's Edition inklusive 4K-Premiere, in gleich zwei Varianten:
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Nachdem der Film in zahlreichen, vor allem gekürzten VHS-Versionen veröffentlicht wurde und 2014 schließlich sein Debüt auf DVD und Blu-ray feierte (letztere ist seit Jahren vergriffen), folgt nun endlich eine Heimkino-Auswertung, die einem derart großen Kinohit auch gerecht wird. Die Edition enthält den Film auf Blu-ray sowie erstmals auf 4K-Blu-ray, zusätzlich gibt's jede Menge Extras – vom Soundtrack auf CD bis hin zu einem mit spannenden Informationen zum Film vollgepackten Booklet.
Tabubrechendes Erotik-Kino: Das ist "Bilitis"
Regisseur David Hamilton zog bereits in jungen Jahren nach Paris, wo er sich schließlich künstlerisch entfalten konnte. In den 50er-Jahren arbeitete er als Grafikdesigner, bevor er schließlich vor allem als Kunstfotograf von sich reden machte.
Oft als kitschig und pornografisch abgetan, etablierte er seinen ganz eigenen, von starkem Weichzeichner-Einsatz geprägten Stil, der ihm schon bald zu weltweitem Ruhm verhelfen sollte. In den 70ern war es dann schließlich so weit, Fotografien genügten Hamilton nicht mehr, um seiner Kunst Ausdruck zu verleihen. Er widmete sich dem Bewegtbild – und eroberte fortan auch die Leinwände dieser Welt. Nicht zuletzt in Deutschland.
Seiner Zeit voraus war „Bilitis“ insofern, als dass er lesbische Liebe sowie Bisexualität inszenierte, wie es damals im Kino praktisch nicht existierte. Im Zentrum seiner Geschichte steht nämlich die 17-jährige Internatsschülerin Bilitis (Patti D'Arbanville), die sich kurz vor den Sommerferien eigentlich in den Fotografen Lucas (Bernard Giraudeau) verliebt, es allerdings nicht wagt, den ersten Schritt zu machen. Als sie dann auch noch beobachtet, wie ihre verheiratete Freundin Melissa (Mona Kristensen) von ihrem Mann zum Sex gezwungen wird, suchen die jungen Frauen Halt beieinander. Wenig später kommt es zu einer Romanze zwischen den beiden.
Das tabubrechende Erotik-Drama schlug einst enorme Wellen und ließ nicht nur 1977 berühmte Meilensteine der Kinogeschichte hinter sich. „Bilitis“ zählt bis heute zu den erfolgreichsten Erotikfilmen aller Zeiten in Deutschland und lockte sogar noch mehr Menschen als starbesetzte Erotik-Kult-Klassiker wie „Wilde Orchidee“, „Eyes Wide Shut“ oder „Striptease“ in die hiesigen Lichtspielhäuser.
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