Was werdet ihr im November 2022 im Kino schauen? Die gefeierte Kannibalen-Romanze „Bones And All“ von Luca Guadagnino, für die wir in unserer FILMSTARTS-Kritik starke vier von fünf Sternen vergeben haben? Das würden wir euch tatsächlich empfehlen, der Kinostart ist am 24. November. Aber ginge es nach „Bones And All“-Regisseur Guadagnino selbst, solltet ihr im November auch noch einen anderen Film schauen: die Live-OP-Dystopie „Crimes Of The Future“.
Im Interview mit Moviemaker bezeichnete Guadagnino „Crimes Of The Future” nämlich als besten Film des Jahres. Und der Mann, der spätestens seit seiner wunderschönen Romanverfilmung „Call Me By Your Name“ zu den angesagtesten Regisseuren unserer Zeit gehört, hat auch eine Begründung dafür parat. Und die hat erstaunlicherweise wenig damit zu tun, was bislang hauptsächlich über David Cronenbergs neuen Film berichtet wurde – nämlich dass er einen hohen Ekelfaktor habe. Cronenberg selbst prophezeite sogar angewiderte Saalfluchten nach den ersten fünf Minuten.
"Ein zärtlicher Film!"
Luca Guadagnino sieht in dem Film über ein Paar (Viggo Mortensen, Léa Seydoux), das in einer nahen Zukunft Live-Entfernungen von mutierten Oganen als Kunst-Performances zelebriert und Operationen als „den neuen Sex“ bezeichnet, aber etwas ganz anderes: „Ein weiterer zärtlicher Film! Es ist wunderschön, Cronenberg, der immer als sehr kontrollierender Filmemacher mit einer sehr klinischen Kälte in seiner Kunst betrachtet wurde, was auch wirklich stimmt, so warm und zärtlich zu sehen. Es ist eine wunderschöne Liebesgeschichte und es ist gleichzeitig eine sehr niederschmetternde Vision von der Zukunft. Es ist großartig.“
Mit „ein weiterer zärtlicher Film“ bezieht sich Guadagnino natürlich auf seinen eigenen Film „Bones And All“ mit Timothée Chalamet – denn dieser ist zwar einerseits ein blutiger Kannibalen-Film, andererseits aber eben auch eine zärtliche Romanze. So kommen wir trotz der vielen Gore-Momente zu dem Kritiken-Fazit, dass es sich bei „Bones And All“ in erster Linie um „eine berührende, fantastisch aussehende Coming-of-Age-Geschichte über Außenseiter*innen in Reagans Amerika der Achtzigerjahre“ handelt.
Ist "Crimes Of The Future" wirklich so verstörend?
Und was hat es nun mit dem Ekel-Faktor von „Crimes Of The Future“ auf sich? Der hält sich tatsächlich in Grenzen, und bei den Filmfestspielen in Cannes, wo wir den Film gesehen haben, hat auch niemand würgend den Saal verlassen. Für uns ist „Crimes Of The Future“ mit drei von fünf Sternen in der FILMSTARTS-Kritik zwar ein solider Film mit vielen spannenden Ideen, aber bestimmt nicht der beste des Jahres – und vor allem nicht schockierend. Ab dem 10. November 2022 könnt ihr euch im Kino selbst ein Bild machen.