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    Feed
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Feed
    Von Carsten Baumgardt

    Wie hart bist du im Nehmen? Diese Ausgangsfrage stellt B-Movie-Regisseur Brett Leonard dem Publikum in seinem ambivalenten Sicko-Thriller „Feed“ ohne Umschweife... und direkt zwischen die Augen. Leider ist dem Filmemacher das Austesten der Grenzen wichtiger als sein Fetisch-Plot selbst, so dass „Feed“ sein Potenzial unter Wert verkauft.

    Phillip Jackson (Patrick Thompson) ist der beste Cybercrime-Ermittler Australiens. Der Beamte ist auf das Aufspüren von illegaler Pornographie im Internet spezialisiert - Pädophile und Sadomisten sind seine „Kunden“. Eines Tages weckt eine Fetterotik-Website sein kriminalistisches Interesse. Dünne Männer („Feeders“) mästen stark übergewichtige Frauen („Gainers“) bis zum körperlichen Exzess und leben gleichzeitig ihre sexuellen Fantasien an dieser bizarren Konstellation aus. Phillip glaubt jedoch, dass der Betreiber der ominösen Internetseite seine Frauen in den Tod treibt. Aber sein Vorgesetzter (Jack Thompson) in Sydney will nichts von dem Verdacht hören. Deshalb macht sich der fanatische Polizist auf eigene Faust auf den Weg nach Ohio, um dort Michael (Alex O’Loughlin), den Feeder, zu jagen. Doch der ist cleverer als Phillip annimmt und hat sich bereits auf ein Spiel mit dem Cop eingestellt...

    Eine ernst gemeinte Warnung vorweg: „Feed“ ist nur von Filmfreunden mit ganz starken Mägen und stabiler Psyche überhaupt konsumierbar. Regisseur Brett Leonard („Der Rasenmähermann“, „Virtuosity“) geht weit über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus, macht dies aber mit einem gerüttelt Maß an Stil. Sein Thriller ist optisch ein wahrer Leckerbissen, der einem Großteil beim Konsum allerdings im Halse stecken bleiben wird. Aber nicht, weil Leonard hier einen äußerst fragwürdigen sexuellen Fetisch als Motor für seine Handlung auffährt, sondern vielmehr wegen der Überspitzung dieser Perversion. Wenn die „Gainers“ von Antagonist Michael mit dem Fettkonzentrat der zu Tode gefütterten Opfer per Schlauch-Mund-Infusion ernährt werden, ist die emotionale Kotzgrenze erreicht. Das Problem dabei: „Feed“ hätte diese Überstrapazierung der Extreme überhaupt nicht nötig gehabt. Der Thriller-Plot kommt zwar nicht über B-Movie-Standard hinaus, aber die Charakterisierungen sind in Ordnung und das Psychoduell zwischen Phillip und Michael ist tatsächlich packend inszeniert.

    Lobenswert ist die Konsequenz, mit der Regisseur Leonard seinen Weg bis zum bitteren Ende geht. Das treibt die Handlung zwar in noch wildere Gefilde, aber die Lösung ist dafür stimmig im Storykontext, auch wenn hier der Realitätsanspruch verloren geht. Die Grenzen zwischen Pro- und Antagonist sind sowieso fließend. Der „Gute“, Phillip, ist ein fast ebenso ambivalenter Geselle wie der „Böse“, Psychopath Michael. Patrick Thompson („Roadflower“) und Alex O’Loughlin, die beide gemeinsam bereits für Brett Leonard in dessen „Man-Thing” gespielt haben, bilden ein passables Gespann. Ihr raues Charisma ist interessant, so dass die nicht immer Shakespeare-reifen Dialoge erträglicher werden (bitte unbedingt die schlechte deutsche Synchronisation meiden!). Die filmische Motivation des Jägers und auch sein „sexueller Background“ sind ein wenig schwach auf der Brust bzw. unausgegoren konstruiert. Dafür umgibt den Gejagten eine viel größere Authentizität. Nimmt der Betrachter Phillips Aktionismus aber klaglos hin, funktioniert die Geschichte gut.

    Die schicke Optik des Thrillers gefällt besonders durch extrem eingesetzte Farbfilter und krasse, schnelle Schnitte, die dem Film eine einwandfreie Dynamik bescheren. Im Abspann wird dem Publikum erklärt, dass „Feed“ fiktiver Natur sei, aber das Gezeigte auf wahren Hintergründen beruhe. So ist zum Beispiel eine kurze Sequenz zu sehen, in der Brett Leonard auf den Kannibalen von Rotenburg (unterirdisch umgesetzt in Rohtenburg) anspielt, doch hier ist nur der Kern der Tat übernommen. Auch die bizarre Subkultur der Fetterotik existiert bekanntlich tatsächlich – ganz abgesehen davon, wieviel Ekel dies bei den meisten Menschen hervorruft. Leonard hält seinen Anspruch angenehm niedrig und nutzt diese Elemente nur als Bausteine seines Thriller-Plots. Er will seinem Publikum keineswegs eine Sozialstudie unterjubeln, sondern ein straightes B-Movie mit kräftigem Ekelzuschlag. „Feed“ hat genügend Potenzial und Qualität, um in gewissen Fanschichten Anklang zu finden, mehr aber auch nicht. Vielleicht hätte es einfach einen versierteren Filmemacher als Brett Leonard erfordert, um wirklich sehenswerte Genreware zu produzieren. Doch die Kehrseite der Medaille: Kein renommierter Regisseur würde sich auch nur in die Nähe einer solch heiklen Thematik wagen.

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