Otto Waalkes ist ein Phänomen für sich. Seit über 30 Jahren erzählt er mehr oder weniger dieselben Gags, zieht dieselben Grimassen, packt dieselben Gestiken aus und trotzdem strömen die Leute immer noch in Scharen zu den Auftritten des mittlerweile 56-jährigen Ostfriesen. Bei seinen Filmen verhält es sich ähnlich. Seinen Erstling „Otto – Der Film“ sahen – die damalige DDR mit eingerechnet – über 14 Millionen Deutsche. In der Summe aller Filme brachte es Otto gar auf über 25 Millionen Zuschauer. Da muss selbst ein gewisser Michael „Bully“ Herbig, Deutschlands neuster Kinoliebling, noch den einen oder anderen Film drehen, um in diese Sphären vor zu stoßen. Doch jetzt darf erstmal Otto seine Statistik mit dem einen oder andern Milliönchen aufpolieren, denn obwohl die Qualität seines neusten Streichs „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ mitunter zu wünschen übrig lässt, dürfte dies dem Erfolg keinen Abbruch tun.
Zunächst einmal sollte alles vergessen werde, das einen die Gebrüder Grimm über die Märchenwelt und insbesondere die Sieben Zwerge weismachen wollten. Irrtum Nummer eins: Die Zwerge sind nicht klein. Dies ist schlicht ein weit verbreitetes Missverständnis. Die Sieben Zwerge sind lediglich sieben Männer, die seitdem sie von Frauen enttäuscht wurden, in völliger Abgeschiedenheit leben. Brumboss (Heinz Hoenig) ist der väterliche Chef und Gründer des Zipfelmützenclans. Cooky (Markus Majowski) ist der vegetarisch veranlagte Kochzwerg. Tschakko (Mirko Nontschew) ist der Kämpfer der Gruppe. Sunny (Ralf Schmitz) ist immer gut drauf und dessen Bruder Cloudy (Boris Aljinovic) ständig miesepetrig. Speedy (Martin Schneider) zeichnet sich vor allem durch sein gemächliches Tempo aus und Bubi (Otto Waalkes) ist das ständig kichernde Nesthäkchen. Das Leben der Zwerge ist die reinste Idylle. Bis eines Tages das geile Luder Schneewittchen (Cosma Shiva Hagen) im Zwergendorf auftaucht und sich dort vor der bösen Hexe (Nina Hagen) verstecken möchte…
Beginnen wir wie gewohnt bei der Story. Diese ist gelinde gesagt ein schlechter Witz und quasi nicht existent. Alles, was im Film so passiert, lässt sich in wenigen kurzen Sätzen zusammenfassen. Hier Schneewittchen, da die böse Königin, dazwischen die Zwerge und als Gemeinsamkeit „jene Nacht“, auf die Brumboss immer wieder „dezente“ Hinweise einstreut. Eigentlich ist das, was eine Waalkes und seine Co-Drehbuchautoren Bernd Eilert und Sven Unterwaldt hier vorsetzen, fast schon eine Beleidigung an die Intelligenz des Zuschauers. Nach fünf Minuten und der Einführung der Charaktere ist spätestens klar, wo das Ganze enden wird. Und dazwischen befindet sich storytechnisch viel Leerlauf. Doch seinen wir ehrlich: War von einem Otto-Film wirklich mehr zu erwarten?
Viel wichtiger sind ohnehin die Gags. Doch auch hier liegt so einiges im Argen. Genau so wie sich Waalkes auf seinen Tourneen seit 30 Jahren mit den gleichen Kalauern durchschlägt, werden dem Zuschauer hier die Kalauer von Vorvorgestern vorgesetzt. Die Königin verlangt nach einem Jäger, der sich an die Spuren von Schneewittchen heften soll und wer betritt den Thronsaal? Richtig, ein Neger! Und da den Herren Autoren dieses abgrundpeinliche Wortspiel scheinbar wirklich gut gefällt, kramen sie ihn gleich drei, vier Mal aus dem Giftkästchen. Leider ist dies kein einmaliger Ausrutscher. Von dererlei Peinlichkeiten hat „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ so einige zu bieten. Und wenn sich zwischenzeitlich keine abgestandene Pointe findet, dürfen die Darsteller eben irgendeine komische Grimasse ziehen oder sich gegenseitig mit Holzbrettern die Birne einschlagen. Die jüngsten Zuschauer werden sich dabei köstlich amüsieren. Wer jedoch etwas älter ist, wird allenfalls müde grinsen oder gar einfach nur den Kopf schütteln. Doch dazwischen sind auch diese kleinen Momente, in denen „7 Zwerge“ wirklich Spaß macht. In erster Linie wären an dieser Stelle die teils zum Brüllen komischen Gastauftritte zu nennen. Helge Schneiders Gandalf-Gedächtnis-Auftritt ist an Albernheit und Witz kaum zu übertreffen. Harald Schmidt ist als Versager bei einem Hofnarren-Casting auch nicht zu verachten. Und auch Atze Schröder darf sich mit seiner Prinz-Eisenherz-Frisur selbst auf die Schippe nehmen und Pluspunkte einfahren. Ohnehin sind die Kleinigkeiten Abseits des Hauptgeschehens oft amüsanter als der eigentliche Film.
Otto Waalkes ist es gemeinsam mit dem von ihm auserwählten Regisseur Sven Unterwaldt („Wie die Karnickel“) gelungen, jeden, der in der deutschen Comedy-Szene Rang und Namen hat, für das „7 Zwerge“-Projekt zu gewinnen. Und wie immer im Comedy-Business ist vieles eben Geschmackssache. Nehmen wir als Extrembeispiel Nina Hagen. Entweder empfindet der Zuschauer ihren Auftritt als skurril-amüsant oder sie geht einem schon nach wenigen Minuten tierisch auf die Nerven. Irgendwas zwischen diesen beiden Extremen ist nicht möglich. Und bei Waalkes, Nontschew, Schneider, Schröder und wie sie alle heißen verhält es sich eben genau so. Entweder sie gefallen einem… oder eben nicht. Entweder „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ gefällt einem… oder eben nicht. Hate it or love it. Geschmackssache eben.
Anmerkung: Die Redaktion von Filmstarts hat diverse E-Mails erhalten, in denen dem Autor dieser Rezension Rassismus unterstellt wurde. Daher weisen wir an dieser Stelle nochmals darauf hin, dass das Wort „Neger“ lediglich der Wiedergabe des in „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ recht häufig verwendeten Wortspiels „Jäger – Neger“ diente. Eine politische Aussage war zu keinem Zeitpunkt Ziel des Autors.