„Peter Pan", die Geschichte des kleinen Jungen, der nicht erwachsen werden will, fasziniert Kinder (und Erwachsene) seit über 100 Jahren. Einst von James Matthew Barrie verfasst, hat sie bereits mehrfach ihren Weg auf die Leinwand gefunden, etwa im Disney-Zeichentrickfilm „Peter Pan" von 1953. Anfang der 90er-Jahre wurde die klassische Erzählung von niemand Geringerem als Steven Spielberg in seinem Film „Hook" neu interpretiert. Bunt, verspielt und von dem Meisterregisseur mit gewohnt großer Emotion inszeniert ist „Hook" beste Familienunterhaltung: eine aufregende Abenteuerkomödie für Jung und Alt.
Peter Banning (Robin Williams) ist ein gefragter Anwalt, dessen Familienleben viel zu oft den beruflichen Verpflichtungen zum Opfer fällt. Zu einer Benefizveranstaltung fliegt er mit seiner Frau Moira (Caroline Goodall) und den zwei Kindern nach England. Doch während Peter, Moira und die englische Ziehmutter Wendy (Maggie Smith) den Feierlichkeiten beiwohnen, werden die beiden Kinder auf mysteriöse Weise entführt. Hinter dem Verbrechen steckt der böse Kapitän Hook (Dustin Hoffman). Nur langsam erinnert Peter sich an das Geheimnis seiner Kindheit: Er ist der legendäre Peter Pan. Um seinen Sohn und seine Tochter zu retten, muss er in das sagenhafte Nimmerland zurückkehren und wieder zu dem Helden werden, der er einst war. Doch kann der verhärmte Peter wirklich zu seinen kindlichen Wurzeln zurückfinden?
Bezaubernd, wie Spielberg die Geschichte für ein erwachsenes wie auch für ein sehr junges Publikum weiterentwickelt: Der zentrale Konflikt zwischen Vater und Sohn spricht beide Generationen an. Während Erwachsene auf die eigene verlorene Kindheit, Unschuld und Fantasie zurückblicken mögen, können sich die kleinen Zuschauer bestens mit der Wut des enttäuschten Jack (Charlie Korsmo) auf seinen stets abwesenden Vater identifizieren. Doch den moralischen Schwerpunkt legt Spielberg auf die Idee der Versöhnung. Peter Pan muss Verantwortung übernehmen und sich gleichzeitig eine heilsame Naivität bewahren. Sein Sohn Jack hingegen lernt im Laufe der Geschichte, den Vater zu schätzen und auch für dessen Verpflichtungen Verständnis aufzubringen.
Inszenatorisch markiert Steven Spielberg den Film von Beginn an als Märchenerzählung. Schon bevor Peter nach Nimmerland zurückkehrt, deuten strahlend bunte Farben, eine sichtbar künstlich-warme Ausleuchtung und schiefe Kamerawinkel an, dass sich die Geschichte in einer entrückten Welt abspielt. Nimmerland ist, anders als viele zeitgenössische Filmfantasien, kein Computerprodukt, sondern ein farbenprächtiger Kulissenbau. Ihre Plastizität weckt den Wunsch, selbst über das Piratenschiff zu springen oder durch die Höhlen der verlorenen Jungen zu kriechen. Deren Lebenswelt ist ohnehin ein Kindertraum in Reinform: Ohne elterliche Regeln hausen die Kleinen auf einem Abenteuerspielplatz, schlafen in selbst errichteten Unterschlüpfen und spielen die verrücktesten Spiele. Auch die Kostüme und Requisiten, insbesondere die fantasievollen Waffen Peter Pans und seiner Freunde, sind ein regelrechter Augenschmaus.
Auch die Musik von Spielbergs altem Weggefährten John Williams („Krieg der Sterne", „Indiana Jones") verleiht den Ereignissen stets etwas Märchenhaftes. Insbesondere zum Ende hin aber scheint sie nur noch die Funktion zu haben, beim Zuschauer eine starke Rührung hervorzurufen. Auch die intensive emotionale Inszenierung geht zuweilen in eine ähnliche Richtung, die manch einer als allzu gewollt und melodramatisch empfinden mag.
Die schauspielerische Leistung von Dustin Hoffman als fiesem Piratenkapitän Hook jedoch entschädigt für diese Sentimentalitäten. Es gelingt ihm, seiner Figur mit präziser, vielschichtiger Mimik und Gestik eine Persönlichkeit zu verleihen, die über einen eindimensionalen Bösewicht weit hinausgeht. In einem Werk, in dem der Regisseur wie in vielen anderen seiner Arbeiten auf die Wiedererrichtung einer heilen Familienidylle zielt, bleibt dieser Hook – so stellt die kleine Maggie fest – als „böser alter Mann ohne Mami" zurück.
Fazit: Die zeitlose Geschichte von „Peter Pan" kann Zuschauer jeden Alters begeistern. Auch wenn Steven Spielberg mit seiner Inszenierung in „Hook" manchmal über das Ziel hinausschießt, so besticht sein Werk doch durch fantasievolle Farbenpracht und durch die gelungene Anbindung an die Lebenswelten seiner jungen wie älteren Zuschauer.