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    December Boys
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    December Boys
    Von Christoph Petersen

    Lange, heiße Sommer, in denen eine Clique Jugendlicher aufregende Abenteuer besteht, die sie schlussendlich in die Welt der Erwachsenen entlassen, haben in Hollywood eine ruhmreiche Tradition. So ein typisches „Stand By Me“ reloaded ist nun auch Rod Hardys auf dem Roman selben Titels von Michael Noonan beruhendes Jugenddrama „December Boys“ geworden. Die Coming-Of-Age-Abenteuer, die die vier waisen Protagonisten hier durchleben, sind allesamt bekannt. Die einzige Neuerung im Vergleich zu den zahllosen ähnlich gelagerten Vorgängern ist allein der Monat, in dem der folgenreiche Strandurlaub stattfindet: Dezember! Doch weil der Film nun einmal in Australien spielt - Südhalbkugel und so -, kann man eigentlich auch diese Abwandlung nicht wirklich zählen lassen. So bleibt der einzige Grund, sich das etwas klischeehafte Drama anzusehen, der ersten Kinohauptrolle von Daniel Radcliffe außerhalb des Harry-Potter-Universums beizuwohnen. Doch auch die Neugier, die diese Kuriosität mit sich bringt, wird kaum befriedigt – weder haut einen Radcliffes mittelmäßige Performance vom Hocker, noch versagt der mittlerweile reichste Teenie Großbritanniens auf der ganzen Linie.

    Jedes Mal, wenn Eltern ein Kind aus dem katholischen Kloster im australischen Outback adoptieren, müssen die zurückgebliebenen Waisenjungen mit einer weiteren Enttäuschung klarkommen. Die Hoffnung, doch noch in einer liebenden Familie unterzukommen, schwindet zusehends. Doch die trübe Stimmung schlägt sofort um, als eine Spende den Nonnen erlaubt, die Waisen in den Urlaub zu schicken. Jeden Monat sollen fortan jeweils diejenigen wegfahren dürfen, die in eben diesem Geburtstag haben. Den Anfang machen die vier „December Boys“ - Maps (Daniel Radcliffe), Spark (Christian Byers), Spit (James Fraser) und Misty (Lee Cormie). Ihr Weg führt sie an die See, wo sie bei dem pensionierten Marineoffizier Bandy McAnsh (Jack Thompson) und seiner liebenswürdigen Frau (Kris McQuade) unterkommen. Zufällig bekommt Misty mit, dass das benachbarte junge Ehepaar Fearless (Sullivan Stapleton) und Teresa (Victoria Hill) darüber nachdenkt, einen der Jungen zu adoptieren. So gerät er in die moralische Zwickmühle, ob er sein Wissen mit den anderen teilen oder seinen Vorteil eiskalt ausnutzen sollte. Maps glaubt eh nicht mehr daran, in seinem Alter noch eine Familie zu finden. Dafür begegnet er der hübschen Lucy (Teresa Palmer), mit der er seine erste Liebe erlebt...

    Der erste Kuss, die erste Begegnung mit dem Tod, eine dramatische Rettungsaktion in letzter Sekunde – die Erlebnisse der Dezemberjungen orientieren sich durchgehend an den großen Vorbildern des Genres. Die sonnige südaustralische Küste wird zwar visuell beeindruckend in Szene gesetzt, aber etwas inhaltlich wirklich Neues sucht man vergebens. Als weiteres Problem kommt noch hinzu, dass sich die Macher offensichtlich nicht auf ein anzusprechendes Zielpublikum einigen konnten. Der Anspruch der einzelnen Episoden schwankt zusehends zwischen Kinder-Abenteuer und Erwachsenen-Drama. Besonders deutlich wird dies, wenn Erotik mit ins Spiel kommt. Zwar werden die Jungs kurzzeitig durch ein Blick in das Badezimmer der wohlgeformten Teresa überwältigt, doch damit hat sich dieser Aspekt der Geschichte auch schon wieder verabschiedet. Ähnlich harmlos und lückenhaft verläuft die Liebelei zwischen Maps und Lucy. Kann man hier das Vorgehen der Macher noch verstehen, werden andere Handlungsstränge ganz ohne zwingenden Grund kastriert. So bleibt das gesamte Geschehen rund um einen riesigen Fisch, der vor der Küste seine Kreise zieht, schlussendlich doch verdammt neblig. Am Ende der Ferien sind die Jugendlichen gereift, haben den Sprung ins Erwachsenenleben getan. Doch die oberflächlichen, nur selten miteinander in Beziehung gesetzten Erlebnisse reichen kaum als Erklärung für diese Entwicklung aus.

    In den letzten Harry-Potter-Filmen wurde immer deutlicher, dass Rupert Grint (Ron Weasley) und Emma Watson (Hermine Granger) ihrem Kollegen Daniel Radcliffe (Harry Potter und der Stein des Weisen, Harry Potter und der Orden des Phönix, Harry Potter und der Halbblutprinz) in Sachen schauspielerisches Talent offensichtlich überlegen sind. Deshalb ist es durchaus spannend, Radcliffe nun bei seinem ersten größeren Kinoauftritt außerhalb der Potter-Serie zu beobachten. Bewahrheiten sich die Befürchtungen, die sich nach seiner recht eindimensionalen Potter-Darstellung aufgedrängt haben oder kann er seine Kritiker mit einer mitreißenden Performance positiv überraschen? Die Wahrheit liegt wie so häufig irgendwo dazwischen. Radcliffe gelingt es zwar nicht gerade, mit überbordender Natürlichkeit zu punkten, vielmehr wirkt sein Spiel an vielen Stellen ein wenig angestrengt, aber so richtig in den Sand setzt er die Sache dann auch wieder nicht. Ein unspektakuläres „Okay“ trifft den Nagel wohl am ehesten auf den Kopf. Dafür können aber die anderen Dezemberjungen-Darsteller umso mehr überzeugen, vor allem der 15-jährige Lee Cormie (Der Fluch von Darkness Falls) verkörpert den blässlichen Misty mit einem ganz eigenen spitzbübischen Charme. Auch wenn sich der Film vollständig auf Maps und Misty konzentriert, Spit und Spark konsequent im Hintergrund belässt, leisten die das Dezember-Quartett vervollständigenden James Fraser und Christian Byers doch gute Arbeit.

    Fazit: „December Boys“ ist ein überzeugend gespielter, aber wankelmütiger Coming-Of-Ager, der die Herzen des Publikums nur langsam erobert und fünf Minuten nach dem Verlassen des Kinosaals auch schon wieder vergessen sein dürfte.

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