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    Black Snake Moan
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Black Snake Moan
    Von Daniela Leistikow

    Justin Timberlake scheint es beim Schauspielen deutlich schwerer zu fallen „sexy back” zu bringen, als beim Singen. In Craig Brewers (Hustle And Flow) zweitem Film „Black Snake Moan“ bestand den Popstar darauf, dass sein nackter Hintern aus einer Sexszene mit Christina Ricci (Monster, Der Eissturm) nachträglich herausgeschnitten wurde. Solche Prüderie konnte sich Ricci angesichts der Story des Dramas nicht leisten.

    Die nymphomanische White-Trash-Schönheit Rae (Christina Ricci) ist in mehr als einer Hinsicht am Ende: Schon zu Schulzeiten als Schlampe verschrien, dreht sie völlig durch, als ihr Freund Ronnie (Justin Timberlake, Alpha Dog) sie in einer Kleinstadt in Tennessee zurücklässt, um zur Armee zu gehen. Wahllos Alkohol und Pillen verschlingend, bahnt sich Rae ihren Weg von Mann zu Mann und von Akt zu Akt, wobei die Grenzen zwischen einvernehmlichem Sex und Vergewaltigung sich auf das Traumatischste vermischen. Als Lazarus (Samuel L. Jackon, Pulp Fiction) die bewusstlose Rae am morgen danach blutig geprügelt und entsorgt wie eine platte Gummipuppe vom Seitenstreifen seiner Straße aufliest, fasst der verbitterte Bluessänger den Entschluss, seine eigenen Dämonen zu vertreiben, indem er Rae von den ihren befreit...

    Anfänglich wirkt „Black Snake Moan“ wie ein zweitklassiger Exploitation-Film, wie auch der Trailer vermuten lässt: eine heiße Sexszene, danach eine halbnackte Frau, die sich in sexueller Frustration auf dem Fußboden windet, gefolgt von Blues, Besäufnissen und blauen Flecken. Abgerundet wird dieses Szenario von der prekären Situation, die mit dem „Exorzismus“ von Rae einhergeht: eine (weiße) Frau in einem Keuschheitsgürtel aus Eisenketten und ein (schwarzer) Mann mit dem dazugehörigen Schlüssel. Auch wenn bei diesem Material der ein oder andere Fehltritt nicht ausbleibt: „Black Snake Moan“ spricht in Sachen Gender, Rassismus und Religion interessante Punkte an und schafft es oben drein, dass sich der Zuschauer mit den fast schon comic-karikaturistischen Figuren identifiziert.

    Regisseur und Drehbuchautor Brewer spielt mit den Erwartungen des Publikums und enttäuscht diese ein ums andere Mal auf positive Weise, wenn er den Plot aus den Angeln hebt und in eine andere Richtung zwingt, wenn auch manchmal zu gewaltsam. Ein Beispiel: Rae und Lazarus werden kein Paar, auch wenn sie es anfänglich darauf anlegt, ihn zu verführen. Lobend hervorzuheben: Nicht jede Konfrontation wird mit einer Versöhnung abgeschlossen. Überhaupt scheint Brewer kein Freund von öden Happy Ends und Kasteiung der Bösewichte zu sein.

    Riccis mutige und effektive Verkörperung der schönen Schlampe ist einer der Hauptgründe, warum „Black Snake Moan“ überzeugt. Man hat das Gefühl, wirklich in diese Figur hineinsehen zu können – und das nicht nur, weil Ricci etwa zwei Drittel des Films kaum etwas an hat. Allein, dass sie die Rolle als Nymphomanin angenommen hat, muss man ihr hoch anrechnen. Die 27-Jährige ist zwar dafür bekannt, ungewöhnliche Figuren zu spielen, aber die Rolle der Rae ist besonders riskant. Auch Samuel L. Jackson ist voll des Lobes: „I think Christina’s performance is one of the bravest performances I’ve seen by a younger actress. I’m sure there are a lot of young women who probably wouldn’t touch this thing.“ Jackson selbst scheint sich in „Black Snake Moan“ etwas zurück zu nehmen, was dem Film insgesamt gut tut. Die Überladenheit, die sonst oft seine Performance auszeichnet, hätte die ohnehin leicht überzeichneten Figuren weniger glaubwürdig wirken lassen. Andererseits werden Charaktere wie Ronnie nicht vollständig entwickelt, was überhaupt ein Problem der Nebenfiguren ist. Bis auf Reverend R.L. (John Cothrane, Jr.) sind eigentlich alle langweilig und haben mehr Kulissen-Funktion, als dass sie wirklich etwas zum Plot beitragen würden. Justin Timberlakes Ronnie wirkt nur deshalb weniger platt, weil man niemals wirklich vergessen kann, dass es sich um Timberlake handelt. Dieser müht sich redlich: heult, schluchzt, schreit und ist dabei nicht mal schlecht. Aber leider auch nicht gut.

    Die christlichen Untertöne von „Black Snake Moan“, die sich bis zum finalen Moment durchziehen, können teilweise etwas nervend sein. Trotzdem kann man Brewer keine Bekehrungsversuche vorwerfen, da er seine Botschaft immer wieder mit einem unterhaltsam-verdrehten Humor garniert. Schön sind die Momente, in denen der Blues der Bibel als Medizin gegen die Härten des Lebens überlegen zu sein scheint. Um Bluessänger Lazarus spielen zu können, soll Samuel Jackson ein halbes Jahr lang täglich sechs Stunden Gitarrenunterricht genommen haben. Ob er tatsächlich alle Lieder selbst performt hat, ist wegen der Schnitte in den Szenen aber nicht immer gut nachvollziehbar.

    Eins macht Brewer zum Ende hin ganz klar. Hinter den Fassaden und Kategorien des Alltags sind wir alle gleich: menschlich, verdorben, verdreht und Problem-beladen. Noch eins haben wir gemein: das Potential uns gegenseitig zu heilen. Diese Thesen sind alt und vielleicht etwas zu hoffungsvoll. Doch in Verbindung mit dem, was Brewer zwei Stunden lang auf der Leinwand vor uns aufgebaut hat, wirken sie nahezu real. Vielleicht sind wir aber auch nur zu pessimistisch, um ihm hundertprozentig zu glauben? Die Hoffnung stirbt wie immer zuletzt.

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