TV-Serien dauern nur eine halbe Staffel, bei den Golden Globes gibt es Gequatsche statt Glamour und es fragt sich: Was wird aus der Oscar-Verleihung? Doch halt, ein weiter andauernder Streik der Writers Guild of America wird vielleicht noch sehr viel unangenehmere Nebenwirkung als das Wegfallen einer Preisverleihung haben. Mangels neuer Drehbücher - und somit Ideen - werden bald möglicherweise all die zweitklassigen Filme bei uns anlaufen, die an den amerikanischen und britischen Kinokassen erfolglos waren und deswegen hierzulande allerhöchstens irgendwann im DVD-Regal aufgetaucht wären. Ein Vorgeschmack auf solch düstere Zeiten ist Alek Keshishians romantische Kömödie „Love And Other Disasters“: der gescheiterte Versuch, das Rom-Com-Genre geistreich zu karikieren, sowie klischeehafte Figuren und eine vorhersehbare Story sind Grund genug, einen Einsatz als Streikbrecher ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
Eigentlich könnte Emily „Jacks“ Jackson (Brittany Murphy, Sin City, Voll verheiratet) zufrieden sein: Sie arbeitet als Mode-Assistentin bei der britischen Vogue in London, hat einen adrett gekleideten Freund, einen noch besser gestylten schwulen Mitbewohner (Matthew Rys, „Brothers & Sisters“) und eine beste Freundin (Catherine Tate) mit verbalem Durchfall. Für Aufregung und Amüsement ist also gesorgt. Doch Jacks hat nichts Besseres zu tun, als ihre Lieben mit deren, wie sie findet, potentiellen großen Lieben zu verkuppeln. Sie selbst jedoch ist genau wie ihr Idol Holly Golightly aus Frühstück bei Tiffany ziemlich blind, was Liebe betrifft. Den attraktiven argentinischen Foto-Assistenten Paolo (Santiago Cabrera, „Heroes“) hält sie für homosexuell, obwohl er ganz offensichtlich in sie verknallt ist. Als Jacks dann auch noch versucht, Paolo mit ihrem schwulen Mitbewohner Peter zu verkuppeln, der sich gerade auf den ersten Blick unsterblich in einen Fremden verliebt hat, wird es noch viel komplizierter...
Weniger kompliziert ist es, die Schwächen von „Love And Other Disasters“ zu entdecken. Schon die ersten zwei Minuten sind einfallslos und langweilig: Ein Drehbuchtext wird nach und nach eingeblendet. Dann wird das Geschriebene noch mal visuell durchgekaut. Haarscharf kombiniert der aufmerksame Zuschauer: Bei „Love And Other Disasters“ muss es sich um ein verfilmtes Drehbuch handeln. Wie überaus innovativ. Noch dazu wird dieses Stilmittel, das sich auf die Figur des angehenden Drehbuchautoren Peter bezieht, sehr inkonsequent eingesetzt: einmal zu Anfang und dann erst wieder am Ende. Letzteres wird zusätzlich mit einem unerträglichen Storytwist garniert, bei dem das Plastikgrinsen der Schauspieler einen höchstens dazu bringt sich zu fragen, was es nach diesen 90 Minuten, die uninspirierter waren als ein Fußballspiel in der Regionalliga, noch zu lachen gibt.
Zugegeben: Nach der ersten halben Stunde werden die Gags erträglicher und die unnötigen Subplots überschaubarer. Insgesamt sind der Aufbau und die Verflechtung der Storys jedoch ungefähr so gekonnt, wie der erste Versuch eines männlichen Teeangers, den BH seiner Freundin zu öffnen. Und wo wir gerade beim Thema sind: Nicht, dass es nicht sexy aussehen würde - aber warum muss Brittany Murphy ständig in Unterwäsche herumlaufen? Hat sie einen Werbevertrag mit Victorias Secret abgeschlossen? Oder gar mit Jamie „The Naked Chef“ Oliver, dessen Buch ihr in einer Szene als einzige „Bekleidung“ dient? Wie dem auch sei. Die Performance der Darsteller bleibt den gesamten Film über ehrlich bemüht, wirkt aber angestrengt. Nur Matthew Rys geht in seiner Rolle auf, was ihn zur sympathischsten Figur macht. Zwar hat Brittany Murphy von Natur aus eine sympathische Ausstrahlung, doch der Part der Möchtegern-Holly-Golightly, mit einem Lidstrich so breit als wäre er mit schwarzem Edding gezogen und einem Dschungel aus falschen Wimpern, der mit jeder Filmminute dichter zu werden scheint, ist nicht gerade wie für die 30-Jährige gemacht.
Murphys Figur ist von den zahlreichen „Frühstück bei Tiffany“-Anspielungen in „Love And Other Disasters“ dennoch die Stimmigste. Natürlich wird „Moon River“ (so gut wie der einzige gute Song im Film) mehrmals gespielt. Auch der ein oder andere Filmausschnitt darf nicht fehlen. Einmal wird sogar die Novelle von Truman Capote hervorgekramt und schockiert festgestellt, dass Buch und Film ungefähr so viel gemeinsam haben, wie Coco Chanel und Dieter Bohlen. Unübersichtlich wird es bei der komplizierten Konstruktion um sexy Paolo: Ursprünglich kommt er aus Argentinien, wo man Spanisch spricht. Spanisch wollte Holly Golightly lernen, bevor sie nach Brasilien auswandert, wo jedoch Portugiesisch gesprochen wird. Paolo wird trotzdem am Strand von Ipanema in Brasilien entdeckt und nach London gebracht, wo er mit Jacks einen heißen Tango aufs Parkett legt. Alles klar?! Ob solch verschnörkelte Parallelen nun gewollt oder ungewollt sind - es bleibt ein schales Gefühl, wenn man ständig an einen so guten Film erinnert wird, während man sich diese mit Oberflächlichkeiten überfrachtete, wahrlich desaströse Liebeskomödie ansieht.
Fazit: „Love And Other Disasters“ ist einer dieser Filme, bei denen schon im Trailer alles gezeigt wird, was einigermaßen witzig und interessant ist. Krampfhaft wird versucht, eine öde Story durch Nebenhandlung, ausgelutschte „Sex And The City“-Klischees und Anspielungen auf „Frühstück bei Tiffany“ irgendwie doch noch interessant zu gestalten. Das geht leider größtenteils daneben. Sollten die Drehbuchautoren also weiterstreiken, spart man sich nicht nur Geld, sondern auch wertvollen Lebenszeit, wenn man statt ins Kino zu gehen nur noch Trailer anschaut.