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    Guess Who – Meine Tochter kriegst du nicht!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Guess Who – Meine Tochter kriegst du nicht!
    Von Carsten Baumgardt

    Um gleich Missverständnissen vorzubeugen: Kevin Rodney Sullivans romantische Komödie „Guess Who“ ist kein Remake von Stanley Kramers Klassiker „Guess Who’s Coming For Dinner” (1967). Lediglich die Grundidee wird unter verdrehten Vorzeichen übernommen. Die positiven Aspekte überwiegen bei „Guess Who“ knapp gegenüber den negativen. Als leichte Unterhaltungskost mit geringer Halbwertzeit verbreitet der Film durchaus Spaß und ist ohne Probleme konsumierbar.

    Simon (Ashton Kutcher) und seine Verlobte Theresa (Zoe Saldana) wollen in wenigen Tagen offiziell ihre Heirat bekannt geben. Doch eine große Hürde müssen die beiden Verliebten noch nehmen: den Besuch bei Theresas Eltern. Vater Percy Jones (Bernie Mac) wird mehr als einen gestrengen Blick auf den jungen Mann werfen, der ihm seine über alles geliebte Tochter „entführen“ will. Das größte Problem hat Theresa ihrem Dad allerdings verschwiegen: Simon ist weiß, während die Jones-Familie stolz auf ihre afro-amerikanische Abstammung ist und sich in der oberen Mittelschicht etabliert hat. Im Gegensatz zu Mutter Marilyn (Judith Scott) ist Vater Percy sehr skeptisch gegenüber Simon, der gerade aus moralischen Gründen seinen erstklassigen Job geschmissen hat. Die Chemie zwischen den beiden stimmt von Anfang an nicht, was schnell dazu führt, dass der Schwiegersohn in spe von Percy in ein Hotel einquartiert werden soll, um Theresa nicht zu nah zu kommen – jedenfalls nicht unter Percys Dach. Doch der Versuch, Simon loszuwerden, schlägt fehlt und zähneknirschend bietet Theresas Vater ihm einen Schlafplatz in seinem Keller an...

    Die Gesellschaft hat sich seit 1967 gravierend verändert. Das Rassenthema gestaltete sich damals noch viel brisanter als heutzutage. „Guess Who’s Coming For Dinner“ („Rate mal, wer zum Essen kommt”) war mehr Melodram als Komödie. Kevin Rodney Sullivan, der erst mit „Stellas Groove“ und „Barbershop 2“ seinem Dasein als TV-Regisseur entkam, hat daraus die richtigen Schlüsse gezogen. Sein „Guess Who“ hat nur noch einen Teil des Titels und die Prämisse mit dem Vorbild gemein. Doch während Katharine Hepburn einst den Farbigen Sidney Poitier ihrem Vater Spencer Tracy präsentierte, sind die Vorzeichen bei „Guess Who“ genau andersherum. Der White Boy stößt beim schwarzen Schwiegervater auf tiefes Misstrauen. Aus diesem Aufeinanderprallen der verschiedenen Kulturen bezieht der Film den Großteil seines soliden Witzes.

    Vor allem Bernie Mac („Ocean´s Eleven“, „Ocean´s Twelve“, „Bad Santa“) ist es zu verdanken, dass „Guess Who“ als harmloser Spaß über weite Strecken ordentlich unterhalten kann. Sein sarkastischer Percy Jones - ein stolzer, schwarzer Mann - sorgt nicht nur für die Konflikte, welche die Handlung voran tragen, sondern auch für die meisten Lacher. Sein Charakter ist herrlich überdreht und Mac gelingt es, dabei nicht zu nerven - ein kleines Kunststück. Dieser verdrehte unterschwellige Rassismus - denn nichts anderes sind die Vorurteile der Jones’ gegenüber dem weißen Schwiegersohn - ist zum Glück nicht ernst zu nehmen, sondern als satirisches Element einzuordnen. Dennoch hört sich der Plot alles andere als originell an. Ist er auch nicht. Zu Lachen oder zumindest zu Schmunzeln gibt es trotzdem so einiges, wobei die Situationskomik besser sticht als die Dialoge. „Guess Who“ versprüht eine Menge Charme. Daran hat selbst Ashton Kutcher („Ey, Mann, wo’s mein Auto“, „So was wie Liebe“, „Voll verheiratet“) seinen Anteil. Mr. Demi Moore ist nicht unbedingt als begnadeter Schauspieler verschrien, aber in „Butterfly Effect“ zeigte er immerhin eine grundsolide Genreleistung. Kutcher wirkt generell aber dennoch immer ein bisschen zu bemüht und auch in „Guess Who“ ist er am besten, wenn er Lässigkeit ausstrahlt. Mit Bernie Mac kann Kutcher sowieso nicht um die Wette kalauern, ohne den Kürzeren zu ziehen. Mit Co-Star Zoe Saldana („Terminal“, „Fluch der Karibik“, „Drumline“) gibt er allerdings ein hübsches Paar ab, sodass seine Anwesenheit in Ordnung geht.

    Was unter diversen Platt- und Albernheiten sowie manch lauem Gag - die dunkle Seite von „Guess Who“ - nicht vergessen werden sollte, ist die liebenswerte Zeichnung der beiden zentralen Paare. Die Eheleute Jones sowie Simon und Theresa bekommen genügend Raum, Ecken und Kanten zu entwickeln, die nicht unbedingt das leidvolle Prädikat Klischee tragen. Das verleiht dem Film einen gewissen Grad an Herz und Seele und tröstet somit über einige holprige Passagen hinweg.

    „Guess Who“ ist trotz seiner nicht wegzudiskutierenden Unzulänglichkeiten ein sympathischer Film. In keiner Sekunde gibt Regisseur Kevin Rodney Sullivan vor, mehr zu wollen, als den Zuschauer in seichtem Terrain zu unterhalten. Dank eines guten Bernie Mac, der eine Portion Zynismus und Ironie einbringt, und einigem an Charme erfüllt der Film seine Mission. Genrefreunde dürfen ohne allzu großes Zögern einen Blick riskieren. „Guess Who“ tut garantiert niemandem weh. Wer allerdings einen zeitgemäßen Aufguss von „Guess Who’s Coming For Dinner“ erwartet, ist sicherlich im falschen Film. Die Komödie orientiert sich eher an „Meine Braut, ihr Vater und ich“ bzw. „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ als an Stanley Kramers Film.

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