Kaum ein Genre ist so vorhersehbar wie das der romantischen Komödie. Neue Ideen sind rar, das Publikum verlangt sowieso immer das gleiche. Regisseur Rob Reiner bemüht sich in seiner Rom Com „Wo die Liebe hinfällt“ um neue Impulse und es gelingt ihm tatsächlich, frische Ideen aufzubieten, so dass eine gewisse Unentschlossenheit bei der Fixierung seiner Geschichte nur zu gern verziehen werden kann. Das Starvehikel unterhält einfach aufs Beste und macht schlichtweg Spaß.
Auf den ersten Blick läuft für die New Yorkerin Sarah Huttinger (Jennifer Aniston) alles nach Plan. Sie arbeitet als Journalistin bei der New York Times - auch wenn sie dort nur die Nachrufe schreibt - , ihr Freund Jeff (Mark Ruffalo) liebt sie und will sie heiraten, Probleme gibt es faktisch keine. Bei den Vorbereitungen zur Hochzeit ihrer jüngeren Schwester Annie (Mena Suvari) wird ihr klar, dass sie eigentlich gar nicht weiß, was sie überhaupt will. Angestachelt von ihrer resoluten Großmutter Catherine (Shirley MacLaine) stellt Sarah alles in Frage und geht einer unangenehmen Vermutung nach. Wie sie erst jetzt erfuhr, hatte ihre bereits verstorbene Mutter eine Woche vor der Hochzeit mit ihrem Vater (Michael Durrell) eine Affäre mit einem gewissen Beau Burroughs (Kevin Costner), der inzwischen zum Internet-Millionär aufgestiegen ist und pikanterweise vor langer Zeit schon mit Sarahs Großmutter Catherine geschlafen hatte. Da sie vom Gemüt her so ganz anders ist als ihre Familie, fürchtet Sarah, dass Beau ihr tatsächlicher Vater sein könnte und reist nach San Francisco, um sich Klarheit zu verschaffen. Doch der Abend mit Burroughs gerät zur emotionalen Katastrophe. Nach ein paar Drinks zuviel landet auch Sarah in Beaus Bett...
„Based on a true rumor“. So lautet die Werbezeile von „Wo die Liebe hinfällt” (Original: „Rumor Has It“). Im Stile dieser neckischen Ironie präsentiert sich auch der Film. Was die romantische Komödie von ihren Genrekonkurrenten abhebt, ist die wirklich angenehm originelle Grundidee. Der Figur des Beau Burroughs aus dem Film soll das Vorbild für Charles Webbs Roman Die Reifeprüfung (1963) gewesen sein, der 1967 von Mike Nichols kongenial mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle verfilmt wurde. Aus dieser ironischen Haltung entwickelt der Film viel, viel Witz, vor allem aus den Dialogen, aber auch Situationskomik kommt nicht zu kurz. Das Prädikat „wild“ wäre zwar übertrieben, aber frecher als das übliche Hollywoodgefühlskino ist „Wo die Liebe hinfällt“ allemal.
Jennifer Aniston (Bruce allmächtig, Derailed) beweist nach ihrem kommerziellen Erfolg ...und dann kam Polly, dass sie an der Spitze eines All-Star-Casts keineswegs fehl am Platze ist und ihre Serienkarriere mit „Friends“ hinter sich gelassen hat. Sie sprüht vor rüdem Charme und Vitalität, so dass ihre Sarah Huttinger (fast immer) glaubhaft ist und das Geschehen im Griff hat. Ganz besonders unterhaltsam ist ihr Zusammenspiel mit Shirley MacLaine (In den Schuhen meiner Schwester, Verliebt in eine Hexe), die erneut eine umwerfende Vorstellung voll feiner Ironie und kapitaler Zynik abliefert. Mark Ruffalo (Solange du da bist, Collateral, 30 über Nacht) wird dagegen nur als Anistons Zuspieler gebraucht und ist arg unterfordert. Seine Hauptleistung beschränkt sich darauf, lieb zu sein und später traurig zu gucken. Undankbar. Aber Ruffalo macht das Beste daraus. Kevin Costners (An deiner Seite, JFK, Open Range, Thirteen Days) ganz große Zeiten sind schon ein paar Tage her. Aber er geht einen richtigen Weg und begnügt sich auch einmal mit einer Nebenrolle in einer Top-Produktion. Costner ist dazu perfekt besetzt für den im Grunde gutherzigen Beau Burroughs und glänzt mit Charme und Spielfreude.
Regisseur Rob Reiner (Harry und Sally, Hallo, Mr. President, Misery, „Eine Frage der Ehre“), zweifelsohne ein Könner seines Fachs, hält seine Starbesetzung immer in Bewegung und garantiert dem Publikum ein äußerst amüsantes, kurzweiliges Vergnügen. Doch einen Haken hat „Wo die Liebe hinfällt“ dann doch noch. Drehbuchautor Ted Griffin (Tricks, Ocean´s Eleven), der die Handlung in seinem Geburtsort Pasadena in der Upper Class ansiedelt und Raum für wunderschöne Landschaftsaufnahmen im aus Sideways bekannten Wine Country gibt, hat nicht den Mut, seine flotte Geschichte im lockeren Stil durchzuziehen. Am Ende des zweiten Aktes weiß er nicht mehr, wie er aus der Nummer elegant herauskommt. Und so wählt er dann auch die konservative Lösung, um das potenzielle Mainstreampublikum nicht gar so zu verschrecken und die Studioerbsenzähler nicht an den Rand eines Herzinfarktes zu treiben. Das Finale auf Romantik-Autopilot trübt ein wenig die gute Stimmung, unterhielt der Film bis dorthin doch so famos, aber zu verschmerzen ist die Auflösung dennoch.
„Wo die Liebe hinfällt“ bietet erfrischende Unterhaltung auf erstklassigem Niveau. Tolle Stars in einer weitgehend pfiffigen Geschichte, malerische Kulissen, viel Witz, eine Menge Tempo und nur wenige, aber vertretbare Schwächen. Mit dem angesprochenen Klassiker Die Reifeprüfung kann sich der Film naturgemäß nicht vergleichen, aber wenn es zu Weihnachten dieses Jahr im Kino romantisch werden soll, ist der Genrefan mit „Wo die Liebe hinfällt“ wesentlich besser bedient als mit dem eine Woche zuvor ins Rennen gehenden direkten Konkurrenten Die Familie Stone.