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    Man About Town
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Man About Town
    Von Christoph Petersen

    Als Sharon Stone Anfang der 90er Jahre in Paul Verhoevens Skandalthriller Basic Instinct lasziv die Beine übereinander schlug, stockte nicht nur pubertierenden Teenagern, sondern auch so manchem gestandenen Mann der Atem. In Mike Binders klassisch gehaltener L.A.-Komödie „Man About Town“ spricht nun die junge Schauspielerin Lily (Amber Valletta, Hitch) mit eben jener legendären Szene vor. Ihr gegenüber sitzen diesmal aber keine gaffenden Beamten, sondern gestresste Hollywood-Agenten. Und obwohl Binder die Szene im Vergleich zum Original nur marginal abändert, ist sie statt schockierend nun urkomisch. Und dass nur, weil die Charaktere, die hier zusammensitzen, zuvor so geschickt und ausführlich gezeichnet wurden, dass die kleinste Nuance für den aufmerksamen Zuschauer soviel mehr als das Offensichtliche bedeutet. Wie er schon mit seinem letzten Film An Deiner Schulter mit Kevin Costner und Joan Allen bewiesen hat, ist Regisseur/Autor/Schauspieler Binder genau der richtige Mann für feine, nicht zu laute, aber tiefgründige Komödien. Und genau diese Stärke spielt er auch in „Man About Town“ wieder voll aus.

    Jack Giamoro (Ben Affleck) hat es bis ganz nach oben geschafft: Er leitet seine eigene erfolgreiche Hollywood-Agentur, hat Geld wie Heu und seine wunderschöne Frau Nina (Rebecca Romijn). Doch irgendwo auf dem Weg zur Spitze scheint er sich selbst verloren zu haben. Deshalb nimmt Jack an einem Kurs des kauzigen Dr. Primkin (John Cleese) teil, in dem das richtige Schreiben eines Tagebuchs vermittelt werden soll. Und wirklich wird von nun an alles anders, nur nicht so, wie Jack sich das vielleicht vorgestellt hat: Nina gesteht ihm eine Affäre mit Jacks altem Freund Phil (Adam Goldberg, Der Soldat James Ryan), seine Partner drängen auf einen schnellen Abschluss des Vertrages mit dem neuen Autoren-Superstar David Lilly (Jerry O´Connell, Jerry Maguire) und die hartnäckige Society-Journalistin Barbi Ling (Ling Bai) fährt schwere Geschütze auf, um Jacks Leben mit ihren Schmuddel-Artikeln zu zerstören…

    Der Schauspieler Ben Affleck hat zwei Gesichter. Immer, wenn er mal wieder als großer Hollywood-Star gehandelt wird, kann man fast sicher davon ausgehen, dass er für seinen nächsten Film noch eine Nominierung für die Goldene Himbeere ernten wird. Am deutlichsten wird dies bei seinem Auftritt in Michael Bays Actionkracher Armageddon, wo man ihn direkt mit Superstar Bruce Willis vergleichen kann. Affleck fehlt einfach Willis´ natürliche Leinwand-Ausstrahlung, mit der er auch hirnlose Oneliner lässig an den Mann bringen kann. Ein ähnliches Phänomen ist auch beim katastrophalen Pearl Harbour zu beobachten. Hat Affleck aber Zeit und ausführlichere Dialoge, um seine (mit Vorliebe gebrochenen) Charakter langsam zu entwickeln, könnte man ihn durchaus als Meister des unsicheren Charmes bezeichnen. Gerade in Kevin Smiths Jersey Girl, Don Roos´ „Bounce“ oder Roger Michells Spurwechsel gibt er überaus gekonnt den Grauzonen-Helden. Und auch für „Man About Town“ sind Afflecks Qualitäten absolut überlebensnotwendig: Jack macht soviel falsch, zeigt so viele Unsicherheiten und trifft so viele für den Zuschauer unpopuläre Entscheidungen, dass es schon einiges bedarf, um das Verständnis und die Sympathien für die Figur zu bewahren – Affleck hat dies eindrucksvoll geschafft.

    Im Gegensatz zu Daredevil, an dem Affleck grandios gescheitert ist, hätte er „Man About Town“ durchaus alleine tragen können. Aber trotzdem kann es natürlich nicht schaden, dass ihm ein eindrucksvoller Ensemble-Cast zur Seite steht. Nach ihren sexy Turnübungen als Mystique in den X-Men-Filmen darf Rebecca Romijn nun zum zweiten Mal nach Brian De Palmas Femme Fatale wirklich schauspielern. Gina Gershon, die sich ihren eiskalten Ruf vor allem mit Paul Verhoevens Trash-Meisterwerk „Showgirls“ und dem lesbischen Noir-Thriller „Bound“ erarbeitet hat, hat als Karriere-Powerfrau in „Man About Town“ nur wenige, gar nicht mal so spektakuläre Szenen – trotzdem schafft sie es, zumindest diese mit ihrem Image und ihrer Ausstrahlung an sich zu reißen. Und über Comedy-Gott John Cleese (Abgezockt, Rat Race), der hier wieder seine Paraderolle als egozentrischer Intellektueller gibt, muss man wirklich nicht mehr allzu viel sagen: Seine pointierten Kurzauftritte sind einfach nur köstlich.

    Wenn man sich den Kurzinhalt von „Man About Town“ zum ersten Mal durchliest, mag er nicht sonderlich spannend klingen. Dass liegt aber daran, dass Binder sich der neuen Machart von Komödien, wo es nur wichtig ist, dass die komischen Szenen für einen 2-Minuten-Trailer ausreichen und man die Story in einer ungewöhnlichen/lustigen/aufregenden Punchline von maximal drei Sätzen Länge werbewirksam verpacken kann, konsequent verweigert. Für ihn zählen Charaktere noch mehr als eine einfältige Grundidee, eine leichte Stimmung und angenehme Atmosphäre mehr als brachiale, dafür aber weit gestreute Lacher. Der große Erfolg wird ihm damit im modernen Hollywood wohl auch weiterhin verwehrt bleiben, aber durch seine nahezu nostalgische Herangehensweise wirken seine Filme im Endeffekt um einiges erfrischender als die x-te ach so hippe Sommerkomödie.

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