Eigentlich wollte ich mir "Saw" ja so schnell nicht noch mal ansehen, weil es ein Film ist, den man sich nicht zu oft angucken sollte, aber nachdem ich jetzt die ganze Palette nochmal gesehen habe, musste ich auch das Original unbedingt erneut gucken, damit ich mir wieder ins Gedächtnis rufen kann, weshalb ich "Saw" einst so toll fand. Und siehe da, es hat funktioniert. Teil zwei, drei und vier kann man getrost zur Seite schieben. Alle zusammen sind nicht so gut wie das Original, denn dieses bietet wirklich Innovation, und das ist in heutiger Zeit mehr als selten.
Ich weiß noch genau, wie ich den Film damals zum ersten Mal gesehen habe, und ich wurde sprachlos hinterlassen. Das war etwas Neues. So ein kompromissloses und rohes Material aus den USA hätte ich nicht erwartet. Der Twist am Ende ist einfach stark und dieses Nichtvorhandensein eines Happy-Ends und auch ein leicht offenes Ende unterstreicht all die Härte noch mal doppelt. Aber nun erstmal der Reihe nach.
Der Film setzt mitten im Geschehen an und der Zuschauer weiß erstmal genau so wenig wie die beiden Opfer. Das macht das Ganze von Anfang an interessant und sorgt für einen hohen Spannungslevel. Dann wird die ganze Story eigentlich nur durch Unterhaltungen der beiden Hauptpersonen (und für den Zuschauer durch Rückblenden) weitergeführt und die Spannung steigt, weil man wirklich nicht genau weiß, was denn da jetzt vor sich geht. Irgendwann denkt man dann doch alles zu wissen, der Täter ist entlarvt, aber naja, ein guter Filmkenner sollte wissen, dass bei einem guten Film meist doch alles anders kommt als erwartet.
Um den Schlusstwist hat sich ja regelrecht ein Hype entwickelt. Was die anderen Teile da bieten, insbesondere Teil 3 und 4, ist aber richtig lächerlich, wenn man sich das Original ansieht. Hier wurde ein wirklich intelligentes Drehbuch verfasst, welches beim genaueren Hinsehen wohl ein paar kleine Logiklöcher besitzt, aber so wahnsinnig gut umgesetzt wurde, dass es den Zuschauer gar nicht mehr interessiert, ob das nun alles logisch ist oder nicht. Wenn nur wenige Drehbücher in diesem Genre eine solche Kraft besäßen, dann gäbe es auf einen Schlag ein Dutzend guter Horrorfilme mehr.
Die Darsteller sind gut bis sehr gut. Die Charaktere haben zwar keine wahnsinnig tiefe Figurenzeichnung, aber wir befinden uns auch immer noch im Horrorgenre, und für dieses weisen die Charaktere mehr Tiefe auf, als es für gewöhnlich der Fall ist. Leigh Whannell spielt seine Figur souverän, hat aber auch nicht so die Chance aus seiner Figur sehr viel zu machen. Ganz anders dagegen Cary Elwes, der mich mehr als nur überzeugt hat. Ihm nimmt man den Wandel vom erst sehr logisch denkendem, ruhigen Mann zum verstörten Opfer richtig ab. Aber auch Danny Glover glänzt in seiner Rolle. Der Rest der Darsteller spielt gut. Tobin Bell kommt so gut wie gar nicht im Film vor und ist doch eigentlich die ganze Zeit präsent. Das gibt seiner Figur Jigsaw aber noch etwas Mysteriöses, etwas Bedrohliches, was in der Reihe immer mehr verschwand.
Die Fallen, welche ja berühmt sind für "Saw", haben in diesem Teil eine auch gar nicht mal so große Rolle. Sowieso habe ich das Gefühl, dass die Fallengeilheit erst mit Teil drei kam. Aber welche hier, vor allen zu Anfang, präsentiert werden, sind einfach nur sehr gut. Man ging hier noch minimalistischer zu Werke und das gibt dem Ganzen auch noch einen realistischen Touch. Die Gewalt hält sich dabei grafisch eigentlich in Grenzen, doch hier wird, zumindest beim ersten Mal schauen, Nerventerror geboten, welcher wirklich sehr intensiv ist. In Verbindung mit einzelnen harten Szenen ergibt sich daraus dann etwas, was viel härter ist, als unzählbare Liter an Blut. Aufgefallen ist mir, dass viele Sachen, die hier nicht gezeigt wurden, spätestens ab Teil drei grafisch dargestellt worden wären.
Fazit: Um dieses lange Review mal abzuschließen, komme ich zum Fazit. Die Inszenierung ist kalt, düster, morbide und einfach sehr gelungen. Die schnelle Schnitttechnik kommt zwar auch hier zum Tragen, aber das hält sich in Grenzen. Es gibt tolle Schauspieler und gute Charaktere, dazu kommt ein passender Score. Ach, ich könnte noch so viel schreiben, aber im Grunde genommen reicht auch letzter Satz. "Saw" ist innovative, kompromisslose und harte Horrorkost, wie man sie lange nicht mehr gesehen hat. Fürs erste mal gucken gibt es 100%, danach flacht der Film auf 80% ab, weil dieser Schlusstwist dann schon verraten ist. Trotzdem ein ganz starker Film!