Er gilt als einer der größten Künstler aller Zeiten: Rembrandt van Rijn, dessen Geburtstag sich im Juli 2006 zum 400. Mal jährt. Sein Schaffen ist umfangreich und weltbekannt. Selbst wenn man dem größten Kunstdesinteressierten die wichtigsten Werke des größtenteils nur unter seinem Vornamen bekannten Genies vorlegt, dürfte er einige davon erkennen. 1936 machte sich der Regisseur Alexander Korda („Der Dieb von Bagdad“) an die schwierige Aufgabe, einen Teil des Lebens von Rembrandt zu verfilmen und löste sie trotz kleiner Schwächen mit Bravour. Hauptanteil daran hat ein Mann vor der Kamera: Der britische Ausnahmeschauspieler Charles Laughton (Spartacus, Zeugin der Anklage) liefert einen der zahlreichen beeindruckenden Beweise seines schauspielerischen Könnens ab und verleiht so dem Maler das perfekte Gesicht.
Kordas schlicht mit „Rembrandt“ betitelte Biographie konzentriert sich vor allem auf das letzte Drittel im Leben des Niederländers. Der Film setzt kurz vor dem Tod seiner Gattin Saskia ein. Die unzählige Male von ihm portraitierte und vergötterte Frau war seine große Liebe. Ihr Tod ist ein schwerer Niederschlag für den Maler, der auch seinen langen Abstieg einläutet, welcher von da an seinen Lauf nimmt. Noch verbittert vom Tod seiner Frau setzt er ein Bildnis der Stadtwache so um, wie er es für richtig hält, es aber überhaupt nicht den Vorstellungen seiner Auftraggeber entspricht. Spätestens ab hier gilt Rembrandt als schwierig, als Künstler, bei dem man nicht das bekommt, was man bestellt. Zehn Jahre später liegt er schon am Boden. Sein lockerer Umgang mit Geld, sein mangelndes Gespür dafür und die schlechte Auftragslage haben dafür gesorgt, dass ein Pfändungsbefehl gegen ihn erlassen wurde. Seine Haushälterin Geertje Dirx (Gertrude Lawrence) verzweifelt an dem eigensinnigen Künstler, der Sohn Titus (John Bryning) leidet unter dem mangelnden Respekt, dem man seinem Vater entgegenbringt. Erst eine neue Liebe zu der treu sorgenden und pfiffigen Hendrickje Stoffels (Elsa Lanchester) gibt Rembrandt noch einmal Auftrieb.
Alexander Korda, seine Drehbuchautoren und Charles Laughton schaffen es schon in wenigen Minuten eindrucksvoll, dem Zuschauer ein Bild von Rembrandt zu vermitteln. Wenn Laughton als Rembrandt am Anfang großspurig durch die Gassen geht, ihm der Beweis seiner Liebe zu seiner Frau nie zu teuer ist (alle Blumen des Händlers da, ein teures Collier hier), dann gelingt es den Machern in nur wenigen Szenen, ihre Figur zu charakterisieren. Diese Bilder leben genauso wie der restliche Film von der unglaublichen Präsenz, die Charles Laughton einmal mehr ausstrahlt. Mit Korda drehte er wenige Jahre zuvor schon ein anderes Biopic („Das Privatleben Heinrichs VIII.“), wo er genauso eindrucksvoll aufspielte, wie in seinen wohl bekanntesten Hauptrollen: als gealterter Strafverteidiger in Billy Wilders Zeugin der Anklage und als brutaler Captain in „Meuterei auf der Bounty“.
Obwohl Laughton ein Darsteller ist, der (nicht nur optisch, sondern mit seinem Spiel) sehr viel Raum beansprucht, gehört er glücklicherweise nicht zu jenen, die ihre Nebenleute zu Statisten degradieren. Ganz im Gegenteil wachsen an seiner Seite doch oft andere Darsteller über sich hinaus, was hier vor allem auf Elsa Lanchester zutrifft. Laughtons Ehefrau, die neben ihm auch in Zeugin der Anklage spielte und deren bekannteste Rolle wohl „die Braut“ in „Frankensteins Braut“ ist, wird zum perfekten Partner und in der zweiten Hälfte des Films gibt es eine ganze Fülle von wunderbaren Szenen zwischen den beiden.
Die Fokussierung auf das letzte Drittel im Leben des Malers erweist sich als Glücksfall. So entstand kein überlanges Biopic, welches nur eingefleischte Fans bis zum Ende aushalten, sondern ein Film, der sich auf den wichtigsten und interessantesten Teil im Leben von Rembrandt konzentriert. Bisweilen hätte man sich allerdings dann doch etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht. Zudem fällt die nicht gerade konfliktarme Beziehung zwischen Rembrandt und seiner Haushälterin Geertje Dirx leider fast völlig unter den Tisch. Dank der größtenteils überzeugenden Dramaturgie und der gelungen Inszenierung, bei der immer wieder das Spiel von Licht und Schatten gekonnt eingesetzt werden, ergibt sich aber ein Film, der für Bewunderer des Malers zum Pflichtstoff gehört und auch Novizen einen guten ersten Einblick liefert. Wenn gegen Ende des Films dann ein verarmter Rembrandt von einem Gönner ein paar Münzen für etwas zu Essen bekommt und damit sich stattdessen Pinsel und Farbe kauft, dann wird einem auch eindrucksvoll noch einmal klar, wie sehr dieser Mann seine Arbeit geliebt hat.