Nach dem 11. September 2001 waren Flugzeug-Dramen und Absturzszenen in Hollywood zunächst vollständig abgemeldet. In diesem Jahr wird das Eis gebrochen: Zunächst erschien die Neuauflage von Der Flug des Phoenix, dann der Thriller Red Eye. Nun bekämpft auch Jodie Foster (Das Schweigen der Lämmer, „Nell“) ihre Flugangst und begibt sich in „Flightplan“ auf eine nervenaufreibende Jagd durch die Wolken.
Kyle Pratt (Jodie Foster) hat keine große Lust, den zweistöckigen E-474 Jumbo Jet von Aalto Airlines zu besteigen. Die in Berlin lebende amerikanische Flugzeug-Ingenieurin soll die Leiche ihres kürzlich verstorbenen Mannes David nach New York überführen. Begleitet wird sie dabei von ihrer siebenjährigen Tochter Julia (Marlene Lawston), die nach dem Tod ihres Vaters unter Angstzuständen leidet. Nach einem kleinen Nickerchen folgt das große Entsetzen: Julia ist aus ihrem Sitz verschwunden, auch die aufgeschreckte Besatzung kann in einer aufwendigen Suche der keine Spur von ihr entdecken. Der mitreisende Sky Marshal Gene Carson (Peter Sarsgaard) versucht zunächst, Kyle zu beruhigen. Doch es kommt noch schlimmer. Die skeptischen Stewardessen behaupten, das kleine Mädchen beim Einsteigen nicht gesehen zu haben, ihr Gepäck fehlt und Captain Rich (Sean Bean) bringt in Erfahrung, dass Julia Pratts Name nicht auf der Flugliste am Berliner Tower steht. Plötzlich glaubt Kyle niemand mehr. Sie wird in Handschellen gelegt, weil sie sich nicht beruhigen will. Schließlich beginnt sie, auch an sich selbst zu zweifeln. Auf sich allein gestellt, versucht Kyle herauszufinden, was ihr und ihrer (vielleicht ja gar nicht existierenden) Tochter widerfahren ist und einen Sinn in das Durcheinander ihrer Wahrnehmung zu bringen.
Die Geschichte klingt für einige Leser vielleicht nicht ganz unbekannt. Tatsächlich gibt es im Aufbau des Themas von „Flightplan“ einige Übereinstimmungen mit dem im vergangenen Jahr erschienenen Thriller Die Vergessenen, in dem Julianne Moore das Geheimnis um die Erinnerung an ein Kind zu lösen versucht, von dem alle Freunde behaupten, dass es nie existiert habe. Nachdem Moore die Rolle als Clarice Starling, mit der Jodie Foster den Durchbruch ihrer Karriere gelang, in Hannibal übernahm und deutlich verflachte, stehen sich beide Frauen erneut in ähnlich angelegten Rollen gegenüber. Auch dieses aufgrund der Parallelen vergleichbare Spiel löst Jodie Foster packender. Sie ist sich für keine an den Rand der geistigen Verwirrung grenzende Aktion zu schade, um herauszustellen, wie wild entschlossen Kyle nach ihrer Tochter sucht. Fosters Darstellung verdeutlicht Kyles Stärke genauso wie ihre Unsicherheiten und Zweifel: Sie wird sich aber von niemandem etwas sagen lassen und notfalls auch die Sicherheit ihrer Mitreisenden riskieren, um das Rätsel zu lösen. Fosters intensives Spiel macht einen großen Reiz von „Flightplan“ aus.
Leider sitzt der Zuschauer in Sachen die Handlung auf dem zweistündigen Leinwandflug nicht in der ersten Klasse. Obwohl die Inszenierung von den Filmen Alfred Hitchcocks inspiriert zu sein scheint, fehlt ihr dennoch die anhaltende Spannung, von der ein Thriller lebt. Trotz der (teilweise sogar vorhersehbaren) Wendepunkte und neuen Entdeckungen schafft es das Drehbuch nicht, eine dauerhaft prickelnde Stimmung zu erzeugen. Stattdessen beginnt der Film mit hohen Erwartungen, die sich zum Ende hin nicht weiter erfüllen. Der deutsche Regisseur Robert Schwentke (Tattoo), der sich hierzulande bereits einen Ruf für düstere Unterhaltung gemacht hat, wurde mit der Umsetzung des Projekts betraut. Während es ihm nicht gelingt, ein paar dramaturgische Probleme zu beseitigen und der Geschichte noch mehr spannungssteigerndes Tempo zu geben, holt er aus dem Spiel seiner Darsteller viel heraus. Besonders Peter Sarsgaard (Kinsey), der durch sein teils fast schon lethargisch-ruhiges Auftreten schon in Garden State auffiel, verleiht seiner Rolle in Interaktion mit Jodie Foster glaubhaft jede Facette von Fürsorge, Misstrauen und Ärger. Auch Newcomerin Kate Beahan als skeptische Stewardess, die Kyle Pratts Vorgehen komplett missbilligt, macht aus ihrer knapp bemessenen Leinwandzeit einen bemerkenswerten Auftritt.
Gerade deshalb ist es so schade, dass „Flightplan“ in seiner dramaturgischen Entwicklung nicht noch mehr zu bieten hat. Nur die Zurückhaltung der Todesursache von Kyles Ehemann sorgt als retardierendes Moment einen Anflug von Hitchcock’scher Spannung. Aufgrund von Jodie Fosters Performance und der plastisch wirkenden, angenehmen Szenografie des Jumbo Jets sowie der Berliner Winterlandschaft zu Beginn des Films ist „Flightplan“ für Zuschauer, die in diesem Genre eher unerfahren sind, doch eine gute Wahl. Kenner und Fans der packenden Thriller-Unterhaltung werden sich aber wegen des planbaren Handlungsverlaufs eher langweilen.