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    L'Auberge Espagnole 2 - Wiedersehen in St. Petersburg
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    L'Auberge Espagnole 2 - Wiedersehen in St. Petersburg
    Von Carsten Baumgardt

    Vor zwei Jahren überraschte der Franzose Cédric Klapisch mit einem der sympathischsten Filme der vergangenen Jahre. „L´Auberge Espagnole“, seine Komödie über eine multi-europäische WG in Barcelona entwickelte sich auch in Deutschland zum Programmkinohit und begeisterte gut 350.000 Zuschauer, obwohl der Film nur im Original mit Untertiteln lief. Eigentlich lehnte Klapisch eine Fortsetzung kategorisch ab, aber die Produzenten überredeten ihn, ein Sequel zu drehen. Erwartungsgemäß kann „L´Auberge Espagnole - Wiedersehen in St. Petersburg“ den unschlagbaren Charme des Originals nicht ganz wiederholen, aber für inspirierte Unterhaltung ist die Fortsetzung dennoch gut.

    Inzwischen sind fünf Jahre vergangen, seitdem Xavier (Romain Duris) ein Jahr in einer WG in Barcelona verbracht hat. Seinem Traum, Schriftsteller zu werden, ist er nicht wesentlich näher gekommen. Er schlägt sich stattdessen in Paris als Drehbuchautor für billige TV-Schmonzetten durch. Sein Liebesleben ist ein einziges Chaos. Er hat eine Affäre nach der anderen, aber keine hält es mit ihm aus - und andersherum. Gelegentlich trifft er auch seine Ex-Freundin Martime (Audrey Tautou) und passt auf deren Sohn auf. Weil er mal wieder keine Wohnung hat, zieht er bei seiner lesbischen Freundin Isabelle (Cécile de France) ein. Doch plötzlich eröffnet sich ihm eine tolle berufliche Chance. Xavier soll mit englischen Kollegen ein Drehbuch schreiben und bringt gleich seine Barcelona-WG-Genossin Wendy (Kelly Reilly) ins Spiel. Und tatsächlich klappt die Zusammenarbeit. Da Xavier noch einen zweiten Auftrag in Frankreich hat, pendelt er immer zwischen London und Paris, wo er für das Model Celia (Lucy Gordon) die Memoiren schreiben soll. Wendy und Xavier kommen sich beim Arbeiten näher. Währenddessen hat sich Wendys Bruder William (Kevin Bishop) unsterblich in die russische Balletttänzerin Natacha (Evguenya Obraztsova) verliebt, ist nach St. Petersburg gezogen und will dort heiraten...

    Der erste Teil von „L´Auberge Espagnole“ avancierte europaweit zum Kult und schaffte es sogar, in den US-Programmkinos zu einem Langläufer mit einem für französische Verhältnisse starken Einspiel von vier Millionen Dollar zu werden. Nachdem sich Regisseur und Autor Cédric Klapisch doch von einem Sequel überzeugen ließ, war er überrascht, dass seine Hauptdarsteller sich ebenfalls nicht lange zierten. Für den zweiten Teil pickt er sich die interessantesten Charaktere des Originals heraus und schafft somit einen eigenständigen Film, der das Innenleben der ausgewählten Figuren beleuchtet. Im Mittelpunkt steht natürlich wieder Xavier, der seine persönliche Weiterentwicklung vom etwas schüchternen jungen Studenten zum chaotischen Lebemann fortführt. Beziehungen zu Frauen verlaufen immer noch zwanglos, aber im Grunde ist er stets auf der Suche nach der großen Liebe, was sich als roter Faden des Films herauskristallisiert.

    Klapisch wählt sich die richtigen Charaktere aus. Neben Xavier stellt er diesmal die Engländerin Wendy, in die sich Xavier verliebt, ins Zentrum des Geschehens. Die wunderbare Kelly Reilly (Stolz und Vorurteil, „Last Orders“), der ihre Herkunft von der Bühne zugute kommt, bietet eine umwerfend lebendige Vorstellung und stiehlt dem in Frankreich zum Star aufgestiegenen Romain Duris (Der wilde Schlag meines Herzens) so manche Szene. Daneben haben noch Cécile de France (In 80 Tagen um die Welt) und Kevin Bishop tragende Rollen. Das große Plus an „L´Auberge Espagnole 2“ sind diese herrlich lebensnahen Charaktere, die ihre Ecken und Kanten haben, wie sie selten in Hollywoodfilmen zu sehen sind. Überhaupt zeichnet sich der Stil des freizügigen und deshalb sehr authentischen europäischen Kinos aus. Wenn Xavier mit einer Frau im Bett landet, wirkt dies natürlich und nicht verkrampft oder gar prüde. In einer Szene jagt Duris seiner Filmpartnerin Irene Montalà nackt auf der Straße hinterher. Das hat eine gewisse Tragik, weil sich beide vorher gestritten haben, ist aber gleichzeitig urkomisch.

    Dramaturgisch nimmt sich Klapisch alle Freiheiten heraus, die er will. Während es zu Beginn noch einigermaßen stringent zugeht, verliert sich der Handlungsfluss mit zunehmender Zeit. Besonders die Sequenzen in St. Petersburg bringen hier und da ein wenig Leerlauf. Wendys tumber Bruder William ist zum Vorzeigesoftie mutiert, den die Liebe nach Russland verschlägt. Die Glaubwürdigkeit seiner Figur leidet im Vergleich zum ersten Teil ein wenig und seine Beziehung zu Natacha (anmutig unterkühlt: Evguenya Obraztsova) kommt nicht so richtig in die Gänge. Das sich steigernde Gefühlschaos von Xavier und Wendy funktioniert jedoch prima.

    Klapisch packt viel Material in seinen Film. Sehr viel sogar. Möglicherweise zu viel. Frankreichs Superstar Audrey Tautou (Die fabelhafte Welt der Amelie) bekommt ebenfalls ihren Platz und darf einen der tollsten Momente des Films spielen. In einer sanft entfremdeten Sequenz erzählt sie ihrem kleinen Sohn ein Märchen, in dem sie auf wundervoll humorvolle, ironische Weise Sagen und Wirklichkeit verknüpft. Das ist famos vorgetragen und extrem lustig. Stilistisch orientiert sich der zweite Teil sehr eng am ersten. Klapisch liefert wieder diese phantasievollen Bildcollagen, arbeitet mit extremen Schnitten und Tempoänderungen. Der ironische Unterton ist geblieben, das Spielen mit den Klischees tritt dagegen in den Hintergrund. Das sympathische Sprachenwirrwarr kennzeichnet auch die Fortsetzung. Französisch, Englisch, Russisch wird gesprochen.

    Als weiterer kleiner Schwachpunkt stellt sich das finale Wiedersehen der WG-Freunde von Barcelona heraus, weil dies recht erzwungen wirkt, alle Mitstreiter von damals (Federico D´Anna, Barnaby Metschurat, Christian Pagh und Cristina Brondo) noch mit in den Film zu bekommen. Vielleicht hätte Klapisch einfach darauf verzichten sollen. Die Geschichte hat auch so genügend Kraft und Witz. Eines war jedoch von Anfang an klar: Den entwaffnenden Charme des Originals kann das Sequel nicht haben und hat es auch nicht - jedenfalls nicht in dem Ausmaß. Das ist den Beteiligten nicht einmal anzukreiden, weil sie den Überraschungseffekt, das dort ein umwerfend sympathischer Film, in den niemand vorher allzu große Erwartungen gesteckt hat, daher kommt, nicht zu wiederholen ist. Klapisch tut das einzig richtige und kocht die erste Geschichte nicht wieder auf, sondern führt sie eigenständig weiter.

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