Zwei Jahre hat es gedauert, bis Regisseur Brian Yuzna (Society) den psychopathischen Horror-Zahnarzt Dr. Feinstone nach dem Erfolg von The Dentist (1996) zum zweiten Mal auf seine armen Patienten losließ. Und auch, wenn man sich nach dem eher schwachen ersten Teil, der nur wegen seiner blutigen Dentalbilder in Erinnerung blieb, nicht unbedingt eine Fortsetzung gewünscht hätte, geht „The Dentist 2“ ohne weiteres als durchaus lohnenswerter, sehr unterhaltsamer Genrefilm durch.
Dr. Alan Feinstone (Corbin Bernsen) ist aus der Psychiatrie entflohen und versucht nun, sich in dem unscheinbaren Städtchen Paradise, Missouri unter dem falschen Namen Dr. Lawrence Kain anzusiedeln. Noch immer getrieben von düsteren Visionen scheint seine Mordlust vorerst aber noch unter Kontrolle. Das ändert sich jedoch schlagartig, als der ansässige Zahnarzt Dr. Burns (Jim Antonio, Catch Me If You Can) ihm eine Krone schlampig einsetzt: Zunächst schuppst Feinstone seinen Konkurrenten die Treppe runter und lässt sich dann vom Bankier Jeremy Wilkes (Jeff Doucette) dazu überreden, die freigewordene Praxis zu übernehmen. Nebenbei beginnt der psychotische Doktor auch noch eine Liaison mit seiner hübschen Vermieterin Jamie (Jillian McWhirter), was seinen ohnehin schon kritischen Zustand noch verschlimmert. Schon bald bringt Dr. Feinstone nicht mehr nur Karius und Baktus den Tod, sondern auch seinen hilfesuchenden Patienten (u.a. Clint Howard, Das Comeback)…
Der größte Fortschritt gegenüber The Dentist sind die Veränderungen an Dr. Feinstone selbst. War er im ersten Teil noch ein recht eindimensionaler Psychopath, werden seine Psychosen in „The Dentist 2“ genauer ausgeführt: So kämpft er immer wieder gegen seine Mordsucht an, unterliegt ihr aber jedes Mal sofort, wenn er die absolute Kontrolle über eine Situation verliert. Dieser Kampf mit sich selbst in Verbindung mit seinen romantischen Avancen erlauben es dem Zuschauer endlich, bestimmte Seiten an Dr. Feinstone sogar zu mögen – ein äußerst interessanter Zwiespalt, weil er auch leicht manipulierend wirkt und man bei manchen seiner Morde sogar (unberechtigterweise!) auf der Seite von Dr. Feinstone steht. Außerdem erlaubt diese Erweiterung Corbin Bernsen endlich, sein Talent für durchgeknallte Charaktere voll auszuspielen. Feinstone ist so zwar noch comichaft-überzeichneter geraten, aber zumindest wartet er mit mehr als nur zwei Mimiken auf. Was der Figur des Folter-Arztes im Sequel noch einen großen Pluspunkt beschert, ist, dass Brian Yuzna endlich passende Bilder gefunden hat, um den Wahnsinn auch visuell auf den Bildschirm zu bringen.
Aber nicht nur was seine Inszenierung angeht, auch in Bezug auf den Abwechslungsreichtum seiner Szenen hat Yuzna seit dem Original an Einfallsreichtum eine ganze Ecke zugelegt. Neben der notorischen Kamerafahrt an den offenen Mund jeder neu auftretenden Person, gibt es diesmal nämlich auch die ein oder andere ins herrlich Absurde driftende Sequenz. So verhört Dr. Feinstone zum Beispiel, während er gerade an den Zähnen einer Patientin herumbohrt, seine Geliebte Jamie, weil die eine frühere Beziehung verschwiegen hatte. Aber nicht etwa Jamie verteidigt sich gegen die Anschuldigung des Psychodoktors, sondern die mit vollem Mund auf dem Behandlungsstuhl Sitzende tut alles, um Feinstone vor jeder Aufregung zu bewahren. Auch sehr schön sind die Szenen zwischen Feinstone und Dr. Burns geraten – die Streitgespräche zwischen dem sich selbstüberschätzenden Egomanen und dem unfähigen, von Allmachtsphantasien besessenen Landarzt sind sehr schneidig formuliert und lassen tief in die Seelenabgründe der Götter in weiß blicken.
Hat man nach den Gore-Szenen des ersten Teils zumindest seine Zahnarzt-Termine für die nächsten paar Monate abgesagt, zieht man sich die schmerzenden Zähne nach „The Dentist 2“ lieber mit einer rostigen Zange selbst heraus, als jemals wieder eine solche Praxis betreten zu müssen. Da dass Budget des zweiten Teils sichtbar höher gewesen ist, sind auch die Nahaufnahmen der blutigen Behandlungen detailgetreuer und realistischer geraten. Außerdem nimmt sich Dr. Feinstone auch für jeden seiner „Patienten“ erheblich mehr Zeit und kann so noch aufwendigere (Folter-)Methoden praktizieren: Da spritz das Blut in Fontänen aus dem Zahnfleisch, da wirbeln die Zahnschmelz-Späne nur so herum, da platzen eitergefüllte Zähne zur Opernmusik, dass es für den Gore-Fan eine wahre Freude und für jeden anderen wahrscheinlich zuviel des Guten ist. Trotzdem lohnt sich das Wagnis – was sind schon ein paar faule Zähne als Preis für einen kleinen, schmutzigen und vor allem gelungenen Horrorfilm?