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    Echte Frauen haben Kurven
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Echte Frauen haben Kurven
    Von Jürgen Armbruster

    Den Geschmack des Publikums des Sundance Film Festivals zugrunde gelegt, würde uns mit Patricia Cardosos „Echte Frauen haben Kurven“ ein echtes Highlight in Haus stehen. Dort entwickelte sich der Film vor knapp zwei Jahren zum Liebling der Massen und wurde prompt mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Doch wie so oft ist nicht alles Gold, was glänzt. Der Film ist an dieser Duftmarke gemessen zwar keine vollkommene Enttäuschung, doch ein bisschen mehr wäre bei den zahlreichen Vorschusslorbeeren dann doch zu erwarten gewesen.

    Ana (America Ferrera) hat soeben ihren High-School-Zeugnis erhalten. Eigentlich ist sie zu Höherem bestimmt, denn dieses ist exzellent ausgefallen. Auch ihr Lehrer Mr. Guzman (George Lopez) ist dieser Ansicht. Er drängt Ana richtiggehend, dass sie etwas aus ihrem Talent macht und das College in Angriff nimmt. Doch Ana hat ein Problem. Als jüngste Tochter einer in ärmlichen Verhältnissen lebenden mexikanischen Einwandererfamilie ist ein Studium für sie – so gerne sie es auch möchte – von vorneherein ausgeschlossen. Doch Mr. Guzman lässt nicht locker. Er schafft es tatsächlich, dass die Columbia State University Ana ein volles Stipendium gewährt. An sich sollte alles in trockenen Tüchern und jeder glücklich sein, wäre da nicht Anas beinahe schon tyrannische Mutter Carmen (Lupe Ontiveros). Diese hat für Anas Zukunft einfach andere Pläne.

    Eine mexikanische Frau studiert nicht. Eine mexikanische Frau lernt zu kochen, sieht gut aus, sucht sich einen Ehemann und gründet eine Familie. Carmens Ansichten als erzkonservativ zu beschreiben, wäre stark untertrieben. Auf die Wünsche und Gefühle ihrer Tochter legt sie dabei keinen Wert. Alles nur jugendliche Träumereien, die vergehen. Doch Carmens Zukunftspläne für Ana haben einen Haken. Ana ist nicht die hübsche Mexikanerin, die den Männern der Kopf verdreht. Nein, Ana ist eigentlich ziemlich fettleibig und unattraktiv. Auf ihr äußeres Erscheinungsbild legt sie keinen Wert. Doch sie fühlt sich wohl. Das ist alles, was für sie zählt. Sich für jemanden abquälen, damit dieser sie attraktiver findet, kommt für sie nicht in Frage. Entweder man akzeptiert sie so wie sie ist oder eben nicht. Eine Einstellung, die Carmen zur Weisglut bringt. Um Ana auf den rechten Weg zu bringen, zwingt Carmen sie, in der Näherei ihrer Schwester Estela (Ingrid Oliu) zu arbeiten. Sie soll das Nähhandwerk lernen und dabei helfen, teure Kleider zu einem Hungerlohn anzufertigen. Sie soll endlich lernen, was es bedeutet zu arbeiten.

    Das zentrale Thema von „Echte Frauen haben Kurven“ ist der Konflikt zwischen Tradition und Moderne. Wie weltoffen muss eine Einwandererfamilie sein und bis zu welchem Grad muss sie ihre Wurzeln erhalten? Elementare Fragen, die sich bei diesem Film geradezu aufdrängen. Regisseurin Patricia Cardoso nimmt sich viel Zeit für die Einführung der Charaktere. „Echte Frauen haben Kurven“ ist ein behäbiger Film. Die Geschichte wird extrem langsam weiterentwickelt und rückt dabei mehr und mehr in den Hintergrund. Im Mittelpunkt steht ganz eindeutig die Beziehung zwischen Ana und ihrer Mutter. Und dies ist auch die große Stärke des Films. Die Chemie zwischen America Ferrera und Lupe Ontiveros ist famos. Das Spiel der beiden Lateinamerikanerin mit den unverbrauchten Gesichtern ist dermaßen herzerfrischend, dass dadurch der Film quasi im Alleingang getragen wird.

    Dies ist auch bitter nötig, denn der Film steht sich nüchtern betrachtet selbst im Weg und wirft viele Frage auf, die unbeantwortet bleiben. Für ein Drama, das sich explizit mit der Problematik der zahlreichen lateinamerikanischen Familien befasst, ist „Echte Frauen haben Kurven“ zu unglaubwürdig. So kann Anas Vater ohne mit der Wimper zu zucken einen größeren Geldbetrag aufwenden, um Estelas Näherei aus einer prekären Finanznot zu helfen. Da Anas Vater selbst allerdings nur einfacher Arbeiter ist, wirkt dies vollkommen an den Haaren herbei gezogen. Gleiches gilt für Anas Beziehung zu ihrem Schulfreund Jimmy (Brian Sites). Warum fühlt sich dieser so zu ihr hingezogen? Und warum müssen beide ihr Gefühle füreinander vor Carmen geheim halten? Carmen müsste doch eigentlich ob der Tatsache, dass sich ihre Ana einen feschen, amerikanischen Jungen aus einer wohlhabenden Familie geangelt hat, vollkommen aus dem Häuschen sein. Auch wenn sich dies jetzt nach Kleinigkeiten anhören mag, sind sie doch wichtig, denn der Film ist dadurch einfach zu oberflächlich, als dass man ihn als das angekündigte Drama akzeptieren könnte. Auf der anderen Seite ist „Echte Frauen haben Kurven“ für eine seichte Komödie allerdings zu langatmig. Ein furchtbares Dilemma…

    Ebenso schwer, wie sich „Echte Frauen haben Kurven“ einem bestimmten Genre zuordnen lässt, kann man dessen Zielgruppe nicht zweifelsfrei bestimmen. Sicherlich versprüht der Film einen gewissen Charme und hebt sich phasenweise sogar angenehm von der ein oder anderen Massenproduktion aus Hollywood ab, doch seien wir ehrlich: Wer möchte einen solchen Film sehen, der weder Fisch noch Fleisch ist? In Amerika gelang es dem Film nicht einmal, mehr als sechs Millionen Dollar einzuspielen. Ein an sich enttäuschendes Ergebnis. Bei uns sollte „Echte Frauen haben Kurven“ ein ähnliches Schicksal erwarten.

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