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    Die Kühe sind los
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Die Kühe sind los
    Von Ulf Lepelmeier

    Eine Ära geht zu Ende, der 45. Disney-Animationsfilm „Die Kühe sind los“ soll der letzte seiner Art sein. Vor ein paar Monaten gab Konzernchef Michael Eisner bekannt, dass von Hand gezeichnete Animationsfilme nicht mehr dem Stand der Zeit entsprächen und keine große Zuschauerschaft mehr erreichen könnten. Nur gut zehn Jahre nach dem größten Erfolg der traditionsreichen Disney-Geschichte mit dem Film „Der König der Löwen“ werden die letzten beiden Zeichenstudios in Orlando, in denen noch mit Pinsel und Bleistift gearbeitet wurde, geschlossen. Generationen von Kindern wuchsen mit Disney-Filmen auf, ließen sich in die bezaubernden Welten versetzen und fieberten mit den Charakteren mit. Doch nach der glorreichen Mitte der 90er Jahre, in denen die gezeichneten Filme mehr und mehr Menschen ins Kino lockten, verloren die nachfolgenden Werke immer mehr ihren Zauber. Kritik wurde laut, die Filme hätten immer das gleiche Figurenraster anzubieten, hätten immer die gleiche Message. Viele fühlten sich von singenden Protagonisten und allgemein den musikalischen Einlagen, die doch eine der Stärken der früheren Filme waren, gestört. „Die Kühe sind los“ spielte in den Vereinigten Staaten nur 55 Millionen Dollar ein, für eine Disney-Produktion enttäuschend wenig. Die stolzen 110 Millionen Dollar, welche die Produktion verschlang, werden trotzdem aller Wahrscheinlichkeit nach durch den internationalen Verleih wieder eingespielt werden. Die letzten computeranimierten Filme spielten hingegen nach Einspielergebnis und Popularität in einer anderen Liga, was aber sicherlich nicht vornehmlich am optischen Geschmack des neuen Jahrtausends liegt.

    Irgendwo im weitläufigen Wilden Westen der USA liegt die kleine Range „Patch of Heaven“, auf der die Tiere von der Eignerin noch als Familienangehörige gesehen und geschätzt werden und ein gemütliches und sorgloses Leben führen. Kurz nachdem die freche, ehemalige Show-Kuh Maggie auf der Farm eingetroffen ist und sich mit den beiden Kühen der Farm, der vornehmen Mrs. Caloway und der naiven, NewAge-Kuh Grace bekannt gemacht hat, wird das ruhige Idyll jäh in Aufruhe versetzt. Sheriff Brown überbringt eine Hiobsbotschaft: Sollte Farmerin Pearl nicht innerhalb von drei Tagen ihre Schulden bei der Bank abbezahlen können, soll „Patch of Heaven“ zwangsversteigert werden. Pearl sieht aber überhaupt keine Möglichkeit, die geforderten 750 Doller aufzutreiben, doch die drei grundverschiedenen Kühe wollen nicht einfach so den Kopf hängen lassen und fassen den Entschluss die Farm aus eigener Kraft zu retten. Wie sollen die drei „Milchschnitten“ aber soviel Geld auftreiben. Zufälligerweise ist für die Ergreifung des berüchtigten Viehdiebs Alameda Slim eine Belohnung von 750 Doller ausgesetzt. So machen sich die drei auf den Weg um den Verbrecher hinter Schloss und Riegel zu bringen.

    Leider ist der Film kein würdiger Abschied für den traditionellen 2D-Animationsfilm. Der Stil der Zeichnungen ist gewöhnungsbedürftig und erinnert eher an Warner Brothers Fernseh-Zeichentrickproduktionen wie „Loony Toons“ als an „Arielle“ & Co. Die Kühe wirken wie wandelnde Quadrate, die Schweinchen fast wie Kugeln, zudem lassen die minimalistischen Hintergründe jeglichen Detailreichtum vermissen. Positiv zu erwähnen ist aber, dass die wenigen am Computer erstellten Szenen gut in die 2D-Umgebung eingebunden wurden. Man ist von Disney-Produktionen aber einen höheren Standart der Zeichnungen gewöhnt. Alan Menken, der Meister der Disney-Scores, komponierte zur Geschichte passende Country- angehauchte Stücke, die zwar nett anzuhören sind, aber trotzdem nicht gerade Begeisterungsstürme hervorrufen. Die Geschichte an sich ist sowohl sehr simpel als auch durchschaubar und den Charakteren hätte eine bessere Ausarbeitung sicherlich gut getan. Für die Synchronisation wurden bekannte Schauspieler und Persönlichkeiten engagiert, wie es mittlerweile bei Animationsfilmen üblich ist (u. a. Christiane Hörbiger, Hella von Sinnen, Marie Bäumer). Hervorzuheben ist hier vor allem die Idee, die Stiere Boris und Noris von den Boxern Vitali und Wladimir Klitschko sprechen zu lassen.

    Unglücklicherweise sind auch die allermeisten Sprüche und Gags nicht zündend, was besonders schwerwiegend auffällt, wenn dem Publikum eine kurze Lachpause zugestanden wird, aber niemand im Kino in Gelächter ausbricht. Die einzige Szene, die wirklich in Erinnerung bleibt, ist eine Hommage an den Klassiker „Dumbo“. Alameda Slim hat die skurrile Gabe, Rinder mit seinem Jodellied in Hypnose zu versetzen und somit gefügig zu machen. Als er diese Fähigkeit einsetzt und die Kühe in Trance fallen, erinnert alles von der Farbgebung bis zur geometrischen Anordnung der Kühe an die surrealistische Dumbo- Traumsequenz.

    Auch wenn sich nun alles niederschmetternd anhören mag, ist „Die Kühe sind los“ sicherlich kein gänzlich misslungener Film. Vor allem kleinere Kinder werden wahrscheinlich auf der Kuhreise, die Freundschaft und Teamgeist suggeriert, ihren Spaß haben. Der seltsam kantig anmutende Möchtegern-Slapstick-Film kann aber einfach mit den großen früheren Produktionen nicht mithalten. Hier wird keine faszinierende und detailreiche Welt mit sympathischen Helden und einer herzlichen, gefühlvollen und trotzdem modernen und für alle Generationen witzigen Story versehen, so wie es „Findet Nemo“ und „Shrek 2“ vormachen. Nicht die technische Darbietung, sondern vor allem die Geschichte und die Tatsache, auf welche Art und Weise sie dargeboten wird, sind entscheidend für den Erfolg eines Filmes. „Die Kühe sind los“ ist ein lauer Film, der nichtsdestotrotz den kleinsten Kinobesuchern gefallen wird, die Disney-Tradition allerdings leider nur mit einem leisen, etwas gequälten „Muh“ ausklingen lässt.

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