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    Das Streben nach Glück
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Das Streben nach Glück
    Von Christian Horn

    Die Liebe des US-Amerikaners zum Underdog hat ein neues Gesicht: Will Smith, alias Chris Gardner. Das vage auf der Biographie des tatsächlichen Chris Gardners basierende Drama „Das Streben nach Glück“ erzählt von einem Schwarzen, der völlig abgebrannt ist, aber nie aufgibt und sich – immer seinen fünfjährigen Sohn schützend – mit jeder Menge Witz, Charme und Strebsamkeit von ganz unten nach ganz oben arbeitet, oder besser gesagt: durchbeißt. Einmal mehr zelebriert ein amerikanischer Mainstreamfilm die Idee vom „amerikanischen Traum“, das Prinzip vom Tellerwäscher zum Millionär zu kommen, wenn man es nur will – pünktlich zum US-Weihnachtsfest (für die Deutschen fällt dieser Aspekt im Januar flach) und fernab vom knallharten Realismus der zeitgleich ins Kino kommenden Dokumentation Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez (Regie: Heidi Specogna). Und trotzdem: Unterhaltsam ist Will Smith’ als Streber nach Glück allemal, und schlecht ist der Film trotz seiner Rührseligkeit, die oft zum Kitschigen tendiert, nicht wirklich.

    Der italienische Regisseur Gabriele Muccino, der 2002 mit Ein letzter Kuss den Publikumspreis auf dem Sundance Festival gewann, inszenierte „Das Streben nach Glück“ nach einem Drehbuch von Steven Conrad, das auf der wahren Lebensgeschichte von Chris Gardner basiert. Oder vielmehr auf einem 15-minütigen Ausschnitt aus einer amerikanischen Fernsehserie, den der Produzent gesehen und Will Smith gezeigt hatte. Ein Biopic ist „Das Streben nach Glück“ also keineswegs, der Verweis auf den „echten“ Gardner scheint hier vielmehr als vorweggenommene Rechtfertigung für den märchenhaften Verlauf der Geschichte zu dienen. Und natürlich wurde dramaturgisch einiges verändert: Gardners Sohn war damals noch ein Säugling, ist im Film aber fünf Jahre alt (um eine Rolle spielen zu können), und in Wirklichkeit hatte Gardner einen kleinen Lohn für sein Praktikum bekommen, das im Film komplett unbezahlt ist.

    Der Film spielt im San Francisco der frühen 80er Jahre und beginnt inmitten einer zerrütteten Familie. Chris Gardner (Will Smith; Independence Day, Ali) und seine Frau Linda (Thandie Newton; Mission: Impossible 2, L.A. Crash) leben quasi im Dauerstreit, in dem es immer wieder um das nicht vorhandene Geld der Familie geht. Der kleine Christopher – gespielt von Will Smith’ Sohn Jaden – lebt mitten drin im emotionalen Chaos. Der Vater versucht mit mäßigem Erfolg selbst entwickelte Röntgengeräte zu verkaufen und die Mutter muss schon Doppelschichten schieben, um wenigstens das Nötigste an Geld ins Haus zu bekommen. Trotzdem geht es finanziell weiter steil bergab: die Steuerzahlungen stehen vor der Tür, der Vermieter wartet auf mehrere Mieten und Chris kann nicht mal die Knöllchen an seinem Auto bezahlen. Linda verlässt schließlich die Familie, um nach New York zu gehen, und Chris steht mit seinem Sohn allein da. Durch Zufall erhält er die Möglichkeit, bei einem angesehenen Börsenmakler ein Praktikum zu machen, das allerdings unbezahlt ist und die Geldnotlage also auch nicht verbessert. Aber die Chance auf eine Übernahme nach dem Praktikum hält Chris bei der Stange, und selbst als sein Vermieter ihn vor die Tür setzt, er eine Nacht im Gefängnis verbringen muss (weil er die Abschleppgebühren für sein Auto nicht zahlen kann) und zudem noch die Steuern abgebucht werden, was seinen Kontostand auf 25 Dollar fallen lässt, kämpft er weiter. Hauptantrieb ist für ihn dabei nicht sein eigenes Wohl, sondern das seines Sohnes.

    Dass dieser von Will Smith’ wirklichem Sohn gespielt wird, tut dem Film ziemlich gut, Vetternwirtschaft hin oder her. Die Chemie zwischen beiden stimmt und so hat „Das Streben nach Glück“ seine stärksten Momente in den Vater-Sohn-Szenen. Etwa als die beiden ihre erste Nacht als Obdachlose verbringen müssen. Vater und Sohn sitzen in der U-Bahn-Station und spielen Zeitreise; sie stellen sich Dinosaurier vor und flüchten vor diesen in eine Höhle, die ihnen Schutz bietet und in der sie sicher die Nacht verbringen können. Dass diese Höhle in Wirklichkeit eine Bahnhofstoilette ist, wird dem Sohnemann dank des Spiels als Abenteuer und nicht als Pennerdasein präsentiert. Diese Szene ist nur ein Beispiel für die vielen Stellen des Films, in denen Chris Gardner seinen Sohn beschützt und die den Film letztlich zu einer Geschichte werden lassen, die von der bedingungslosen Liebe eines Vaters zu seinem Sohn erzählt. Und davon, mit wie viel Kraft und nahezu unerschütterlicher Zuversicht Chris Gardner kämpft, um für seinen Sohn sorgen zu können – und dazu gehört eben auch das nötige Kleingeld. Wenn er am Ende, nachdem er beim Börsenmakler fest angestellt worden ist, sagt, dass dieser Teil seines Lebens „Glück“ heißt, dann fährt es einem durch den Kopf, dass er dieses Glück in der Beziehung zu seinem Sohn schon lange gefunden hatte. Vielleicht handelt der Film davon, dass Geld alleine nicht glücklich macht, aber Glück ganz ohne Geld nur sehr schwer möglich ist.

    Inszenatorisch bietet „Das Streben nach Glück“ wie zu erwarten nichts Aufsehen erregendes, sondern solides Handwerk, das vom künstlerischen Anspruch her über dem Hollywood-Durchschnitt liegt. Sowohl Will Smith als auch sein Sohn Jaden spielen überzeugend. Smith gelingt es, tragische und komische Momente mit Präsenz zu füllen und glaubwürdig zwischen den Gefühlslagen zu wechseln; als Schauspieler ist er über die Jahre sichtlich gereift. Dass mit Gabriele Muccino ein Nicht-Amerikaner den amerikanischen Traum verfilmt hat, erweist sich als glückliche Entscheidung. Denn obwohl am Ende alles gut ausgeht, hat der Regisseur oftmals ein Auge auf den Abgründen in San Franciscos Straßen, zum Beispiel auf die endlose Schlange vor dem Obdachenlosenheim, aus der nicht jeder ein Zimmer für die Nacht bekommt und aus der mit Sicherheit nicht jeder wie der Phönix aus der Asche als „self made man“ zurück in ein geordnetes Leben finden wird. Leider bleiben solche Momente nur Ansätze und letztlich überragt das große Versprechen den Film, dass jeder es in Amerika zu was bringen kann, der irgendeine Begabung hat (symbolisch dafür steht die Szene mit dem Zauberwürfel).

    Wer sich in der kalten Jahreszeit noch mal so richtig das Herz erwärmen lassen will oder Trost für die unzähligen Jahresend-Rechnungen sucht, ist mit „Das Streben nach Glück“ gut bedient. Freunde der Realität investieren das Geld besser in eine Karte für „Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez“.

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