Mein Konto
    Rush Hour 3
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Rush Hour 3
    Von Jürgen Armbruster

    Bei einem Blick auf das Produktionsbudget von Brett Ratners Action-Komödie „Rush Hour 3“ möchte man eigentlich seinen Augen kaum trauen. Sage und schreibe 140 Millionen Dollar soll dieser Film gekostet haben. Das ist mehr als das Vierfache der damaligen Kosten von Rush Hour und entspricht so ziemlich genau dem Betrag, den der erste Teil der Reihe insgesamt an den amerikanischen Kinokassen eingespielt hat. Sogar die diesjährige Mammut-Produktion Stirb langsam 4.0 war rund 30 Millionen Dollar billiger. Da darf schon die Frage erlaubt sein, wofür genau das ganze Geld eigentlich verwendet wurde. Die einfache Antwort: Je nach Quelle hat Quasselstrippe Chris Tucker mindestens 20 Millionen Dollar an Gage kassiert, Kollege Jackie Chan nur unwesentlich weniger. Teilweise ist sogar von weit höheren Beträgen inklusive Gewinnbeteiligungen die Rede. Schauspielgagen in dieser Größenordnung sind natürlich immer höchst diskutabel. Wenn das Ergebnis dieser horrenden Investition allerdings – wie in diesem Fall – ein derart mäßiger Film ist, wird die Sache bedenklich.

    Seit dem letzten gemeinsamen Abenteuer hat sich einiges getan: Detective James Carter (Chris Tucker) wurde zwischenzeitlich zum Streifenpolizisten degradiert und Chief Inspector Lee (Jackie Chan) hat wieder seinen alten Job als Leibwächter des chinesischen Botschafters (Michael Chow). Durch ein Attentat auf Lees Schutzbefohlenem wird das ungleiche Paar jedoch wieder zusammen geführt. Der schwer verletzte Diplomat, der eigentlich gerade der chinesischen Mafia vor dem Internationalen Strafgerichtshof (dessen Sitz kurzerhand von Den Haag in eine nicht näher benannte amerikanische Metropole verlegt wurde) einen schweren Schlag versetzen wollte, bittet die beiden darum, seine Tochter Soo Yung (Jingchu Zhang) zu beschützen. Und da Angriff bekanntlich die beste Verteidigung ist, nehmen Carter und Lee auf eigene Faust die Ermittlungen in dem Fall auf. Dabei haben sie nur einen Anhaltspunkt, einen Triaden-Mythos namens Shy Shen, den sie als Strippenzieher hinter dem Anschlag auf den Botschafter vermuten. Ihre Suche führt sie dabei nach Paris…

    Der Sommer 2007 und die Trilogien. Weder Pirates Of The Caribbean - Am Ende der Welt, Spider-Man 3 noch Shrek, der Dritte stießen bei der Kritik durchweg auf positives Echo. Mancherorts gab es sogar richtig auf die Mütze. „Rush Hour 3“ wird da keine Ausnahme machen und ist ein ganz heißer Anwärter auf den heißumkämpften Titel „Schlechtester dritter Teil eines Franchise im Jahr 2007“. Wobei hier zumindest in der Theorie einige Ansätze durchaus Sinn ergeben und ein positiveres Ergebnis in Aussicht stellten. Der unterhaltsame erster Teil Rush Hour und die mäßige Fortsetzung Rush Hour 2 lebten vor allem vom Culture Clash der Hauptdarsteller. Auf der einen Seite der mit dem Tempo eines Maschinengewehrs quasselnde Vorzeige-Schwarze, auf der anderen Seite das disziplinierte asiatische Kampfsport-Ass. Getoppt werden sollte dies in „Rush Hour 3“ dadurch, dass die beiden Protagonisten zusätzlich noch in einen weiteren Kulturkreis – das Alte Europa – verfrachtet werden. Das ist zwar im Grunde ebenfalls ein alter Hut, hätte aber dennoch zumindest das Potenzial für solides Popcorn-Kino gehabt. Auch an Ambitionen mangelte es den Machern um Regisseur Brett Ratner nicht. Für die weiblichen Hauptrollen waren eigentlich Bollywood-Superstar Aishwarya Rai (Dhoom 2) und Chinas Export-Schlager Li Gong (Miami Vice, Die Geisha, 2046) vorgesehen, für die Rolle des Schurken flirtete man heftig mit Martial-Arts-Ikone Tony Jaa (Ong-Bak, Revenge Of The Warrior - Tom Yum Goong). Geklappt hat es mit keiner dieser Wunschbesetzungen, also mussten kleinere Brötchen gebacken werden.

    Dass „Rush Hour 3“ so ganz und gar nicht funktioniert, liegt vor allem am vollkommen einfallslosen bis hanebüchenen Drehbuch von Jeff Nathanson („Speed 2: Cruise Control“, Terminal). Zugegeben: Eine ausgefuchste Geschichte muss ein Film der „Rush Hour“-Reihe überhaupt nicht bieten, aber was dem Zuschauer hier vor die Nase gesetzt wird, hat dieser einfach nicht verdient. Das Desaster fängt dabei schon in der ersten Szene des Films an: Chris Tucker steht mitten auf einer Kreuzung und regelt den Verkehr. Dabei hat er die iPod-Kopfhörer im Ohr und macht den Michael Jackson. Das Resultat ist natürlich vorhersehbar. Wer meint, dass der Tiefpunkt damit schon erreicht wurde, irrt sich gewaltig. Im Grunde geht es über weite Strecken des Films nur in eine Richtung: weiter bergab. Weitere Beispiele (Achtung, Spoiler!): Carter und Lee finden heraus, dass die Triaden dem Showgirl Genevieve (das französische Supermodel Noémie Lenoir) nach dem Leben trachten. Um sie zu retten, schleichen sich die beiden Helden während einer Show von Genevieve auf die Bühne und beginnen ein wenig ohrenfreundliches Liedchen zu trällern. Die Bühne wird währenddessen von den Attentätern der Triaden mit großkalibrigen Gewehren in seine Bestandteile zerlegt. Und was macht das Publikum? Es steht auf und applaudiert, hält dies alles für einen Teil der Show. Ein weiteres Highlight: Shy Shen entpuppt sich nicht als Person, sondern als eine Liste mit den mächtigsten Triaden-Oberen. Und wo befindet sich diese Liste? Selbstverständlich wurde diese auf den Hinterkopf von Genevieve tätowiert, die sich natürlich mittlerweile zu Carters Love Interest entwickelt hat. Noch Fragen?

    Aber auch darüber hinaus hat „Rush Hour 3“ dem Zuschauer einfach wenig bis nichts zu bieten. Chris Tuckers loses Mundwerk geht einem bereits nach kurzer Zeit einfach nur noch auf die Nerven. Und Jackie Chans Kampfeinlagen sind eben auch seit Jahren mit leichten Variationen immer wieder dieselben. Dies gilt insbesondere für den großen Finalkampf auf dem Eiffelturm. Wer hier ein Déjà Vu hat, hat wohl wahrscheinlich Shanghai Knights (ebenfalls mit Jackie Chan) gesehen. Die Szenen ähneln sich teils frappierend. Nur wurde eben der Big Ben durch den Eiffelturm ersetzt. Die wirklich negative Überraschung ist jedoch, dass auch die Inszenierung allenfalls durchschnittliches Niveau erreicht. Dabei gilt Regisseur Brett Ratner (X-Men: Der letzte Widerstand, After The Sunset, der kreative Kopf hinter der Erfolgsserie „Prison Break“) eigentlich als solider Handwerker. Aber auch er ergibt sich in seinem Schicksal, spult artig Dienst nach Vorschrift ab und war gedanklich wahrscheinlich schon bei seinem nächsten Projekt. Gute Ideen, wie beispielsweise die Reminiszenz an den Kampf zwischen Bruce Lee und Kareem Abdul Jabbar in „Game Of Death“, sind zwar ab und an vorhanden, gehen jedoch vollkommen unter. Einen kleinen Lichtblick gibt es aber dennoch: Hiroyuki Sanada (Wu Ji - Die Reiter der Winde, Last Samurai, Sunshine) versprüht als Jackie Chans Filmbruder und Bösewicht mehr Charisma als Tucker und Chan in allen gemeinsamen Szenen und stielt den beiden locker die Show.

    Ansonsten ist „Rush Hour 3“ vor allem pädagogisch besonders wertlos. Wir lernen, dass man in Paris von jedem Fenster aus den Eiffelturm sieht, bei der Einreise nach Frankreich eine Rektaluntersuchung auf einen wartet und alle Menschen, die etwas gegen Amerikaner haben, nur ein wenig Zeit mit einem Amerikaner verbringen müssen und schon wollen sie selbst Amerikaner werden. Der letzte Punkt gilt insbesondere für französische Taxifahrer. Abschließend bleibt uns nur noch ein kleiner Nachruf: Roman Polanski ist mit seinem ersten Auftritt als Schauspieler in einer amerikanischen Filmproduktion seit über 15 Jahren (als Ermittler Revi) ganz offiziell zur Witzfigur verkommen. Mögen seine besseren Zeiten in Erinnerung bleiben…

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top