„Duell“ war der Film, mit dem Steven Spielberg erstmals in der Filmwelt Aufmerksamkeit erregte. In zwölf Tagen gedreht, ist „Duell“ ein beängstigend real wirkender, hoch spannender Psycho-Thriller, welchen jeder Fan des Spannungskinos gesehen haben sollte.
David Mann (Dennis Weaver) ist ein durchschnittlicher Bürger, wie ihn ein jeder aus dem täglichen Leben kennt. Ärger will er nicht, seine Frau hat weit mehr zu melden als er. Er ist dabei, einen wichtigen Kunden aufzusuchen. Unterwegs tuckert ein alter Tanklaster vor ihm her. Nachdem David ein Weilchen unentschlossen hinterher geschlichen ist, überholt er. Diese Entscheidung wird er bald bitter bereuen. Denn der Trucker nimmt das Überholmanöver sehr, sehr persönlich und beginnt David über die Autobahn zu jagen. Und David muss erkennen, dass es gar nicht so einfach ist, diesem speziellen Truck davonzufahren…
Eine in 90 lange Filmminuten dargestellte Jagd zwischen Autofahrer und Trucker. Kann das überhaupt spannend sein? Kann das überhaupt glaubwürdig sein? Mögliche Fragen in dieser Richtung wird sich der Betrachter nach Beginn des Films nicht mehr stellen. Kaum ist das originelle Intro verblichen, wird der Betrachter schon – zwar behutsam aber bestimmt – in die Handlung hinein gesogen. Steven Spielbergs „Duell“ ist ein faszinierendes, kraftvolles Erlebnis und weit mehr als ein einfacher B-Movie-Suspense-Thriller.
Auch ein Meister braucht Vorbilder. In „Duell“ war das Vorbild des mittlerweile einflussreichsten Regievirtuosen der Welt ein ganz Großer: Alfred Hitchcock. Gerade Billy Goldenberg scheint sich musikalisch eng an Hitchcocks Filme zu orientieren, wie bei Psycho zum Beispiel setzt Spielberg die Musik spärlich ein. Der Spannungsaufbau wirkt überlegt, beginnt aus einer nachvollziehbaren Situation heraus. Stetig dreht sich die Spannungsschraube an. Das Geschehen mündet in ein nervenaufreibendes Finale.
In einem Punkt unterscheidet sich Spielbergs „Duell“ aber von Hitchcocks Suspense-Meisterwerken. Der Betrachter weiß nie mehr als der Hauptdarsteller selbst. Der sympathische Dennis Weaver mimt den Allerweltsbürohengst und seine notgedrungene Wandlung zum Kämpfer überzeugend. Da er die perfekte Identifikationsfigur ist, erhöht sich die Spannung für den Zuschauer noch einmal zusätzlich. Den Trucker wird das Publikum nicht zu Gesicht bekommen. Die Gesichtslosigkeit des Fahrers, das unangenehme Äußere des Tanklasters machen die Gefahr bedrohlicher und den Truck zum Monster. Und ein Monster fährt auch schneller als übliche Laster.
Gegen Ende mag sich die eine oder andere kleinere Unnachvollziehbarkeit einschleichen (z. B. wieso kehrt David nicht einfach um, als er einsieht, sein Kunde nicht mehr erreichen zu können?), diese Schwächen fallen aber kaum ins Gewicht und können nötigenfalls auf die panische Angst des Hauptdarstellers zurückgeführt werden. Insgesamt aber präsentiert sich „Duell“ als stimmiges, psychologisches Porträt eines typischen Durchschnittmannes. „Duell“ geht in die Tiefe, die Charakterisierung des Antihelden ist bemerkenswert und gut durchdacht. Kleine Details in der Handlung verstärken den psychologischen Aspekt der Story und tragen zur Mehrdimensionalität des Protagonisten bei.
Spannend ist der Film nicht nur, weil Steven Spielberg ein begnadeter Regisseur ist, sondern auch aufgrund seines sehr realitätsnah wirkenden Themas. Ein jeder von uns wird im Verkehr schon auf Psychopathen - und seien es nur unverantwortliche Raser - getroffen sein. Es müssen nicht mal Trucker sein, so mancher Autofahrer ist schon gefährlich genug. Das können einige Leser aus eigener, wohlmöglich schmerzlicher Erfahrung zweifellos bestätigen. So ist „Duell“ in vielerlei Hinsicht extrem spannend und das von Beginn an, bis zuletzt.
„Duell“ hält einige bemerkenswerte Szenen bereit. Diese sollen nun gar nicht namentlich erwähnt oder genauer beschrieben werden, denn die Wirkung eines Films ist natürlich am Größten, wenn das Publikum möglichst wenig weiß. Bei manchen Werken trifft diese Regel ganz besonders zu, „Duell“ ist so ein Film. Spannend sind nicht nur Szenen im Auto, es gibt auch Geschehnisse außerhalb der langen, endlosen Straßen in Amerikas Westen. Und die Ereignisse dort entwickeln sich nicht minder spannend. Gerade die denkwürdigsten Szenen sind die, wo David nicht fährt. Sie lockern die Jagd nicht auf, wie es der eine oder andere erwarten könnte, sondern kurbeln die Spannung noch weiter an.
In „Duell“ beweist Spielberg, dass er auch ohne Geld Meisterliches bewerkstelligen kann: innovative Kameraeinstellungen- und Fahrten sowie eine absolut perfekte Inszenierung. Der Meister, damals noch sehr jung, gibt sich keine Blöße. Einfallsreich zieht Spielberg alle Register des Spannungskinos, kopiert aber nicht (damals) große Vorbilder, sondern kreiert etwas völlig Einzigartiges.