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    Æon Flux
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Æon Flux
    Von Carsten Baumgardt

    Die Ausgangslage für „Aeon Flux“ klang ausgesprochen gut: Eine kultige MTV-Sci-Fi-Zeichentrickserie als Vorlage, eine Oscarpreisträgerin als Action-Heroine und dazu eine hochgelobte Indie-Regisseurin hinter der Kamera. Doch nachdem in den USA die Pressevorstellungen abgesagt wurden, machte die schlechte Kunde schnell die Runde. In 99 Prozent der Fälle kündigt sich ein lupenreiner stinker, wie die Amerikaner diese Sorte von Machwerk liebevoll nennen, an. Der Verleih zog also die Notbremse, gab den Film praktisch auf und überließ ihn seinem Flop-Schicksal. In Deutschland hat die UIP etwas mehr Zutrauen in „Aeon Flux“ und zeigte ihn vorab. Ja, irgendwie wird der Betrachter den Gedanken nie los, dass mit dem Science-Fiction-Actioner etwas nicht stimmt, aber so verheerend wie befürchtet, ist „Aeon Flux“ zum Glück doch nicht.

    Schöne, neue Welt 2415: Die Menschheit erholt sich immer noch von einer Viruskatastrophe, bei der fast alle Erdbewohner ausgerottet wurden. Im hermetisch von der Außenwelt abgeriegelten Stadtstaat Bregna regiert eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Führung der Brüder Trevor (Marton Csokas) und Oren Goodchild (Jonny Lee Miller) in einem totalitären System. Aeon Flux (Charlize Theron) gehört der Untergrundbewegung der Monicans an. Als ihre Schwester Una Flux (Amelia Warner) von Regierungsagenten umgebracht wird, schwört sie Rache. Auf Befehl ihrer Rebellenführerin (Frances McDormand) zieht sie gemeinsam mit Kampfgefährtin Sithandra (Sophie Okonedo) aus, um Trevor Goodchild zu töten und den Staat zu stürzen. Beim Einbruch in die hochgesicherten Staatsgebäude sind nicht nur Aeons akrobatische Fähigkeiten gefragt. Sie ist die perfekte Attentäterin, eine tödliche menschliche Waffe. Aber das ist nicht genug, der Anschlag misslingt. Damit fangen die Komplikationen aber erst an...

    Wer erinnert sich nicht gern an das bizarre Vergnügen, den Comer See als Kulisse in Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger entdecken zu dürfen bzw. müssen (je nach Standpunkt). Bei „Aeon Flux“ bekommt das Besucherauge auch sehr viel dieser Art geboten. Die Gärten des Potsdamer Schlosses Sanssouci (immer einen Ausflug wert, nebenbei bemerkt) dienen unter anderem als 1:1-Kulisse für den Film, der komplett in Berlin bzw. Potsdam und den Babelsberg Studios gedreht wurde. Die Produktionsdesigner machten aus der relativen Not (Budget = 55 Millionen Dollar) eine Tugend und integrierten reale Bauten in ihre Zukunftsvision. Das hat viel Charme und wirkt optisch sehr, sehr hübsch - eindeutig ein Pluspunkt von „Aeon Flux“, auch wenn der avantgardistische Touch mehr von den Kostümen und Frisuren herrührt als von der Handlung. Und wer genauer hinsieht, entdeckt auch den deutschen TV-, Werbe- und Kinodarsteller Ralph Herforth (Agnes und seine Brüder, „Bang Boom Bang“, „Der Eisbär“), wie er hinter einer Hecke hervorlugt. Im Folgenden darf er sich noch ein bisschen körperlich ertüchtigen und durch die Gegend ballern, bevor er sich genregerecht verabschiedet. Immerhin war Herforth dabei - das Motto vieler Deutscher, die in US-Mainstreamfilmen mitwirken (Til Schweiger wird wissen, was gemeint ist...).

    Die MTV-Zeichentrickserien-Vorlage von Peter Chung stammt aus dem Jahr 1995. Regisseurin Karyn Kusama orientiert sich daran, traut sich aber nicht, die Radikalität und ausufernde Gewalt ganz zu übernehmen. Das ist nicht weiter wild, stilistisch bietet „Aeon Flux“ sowieso eher comicartige Blutszenen. Das größte Vergnügen und der beste Trumpf des Films ist erwartungsgemäß Charlize Theron (Monster, Gottes Werk und Teufels Beitrag, The Italian Job), die sich in den athletischen Fußstapfen von Angelina Jolie (Lara Croft: Tomb Raider, Lara Croft Tomb Raider 2 - Die Wiege des Lebens, Mr. And Mrs. Smith) und Jennifer Garner (Elektra) bewegt und dabei in ihrem hautengen sexy Spandexoutfits eine ausgezeichnete Figur macht (ist wörtlich zu nehmen). Im Gym auf Hochglanz durchtrainiert, ist die Südafrikanerin eine Augenweide. Vielen Dank dafür. Ihre Actioneinlagen sind zumeist sehenswert und pendeln zwischen zirkusartiger Athletik, körperbetontem Nahkampf und Bodenturnen auf olympischem Niveau, was gelegentlich ein wenig ulkig anmutet. Theron ist nichts vorzuwerfen. Ihren Nebenleuten Marton Csokas und Jonny Lee Miller eigentlich auch nicht. Sie hauen gewiss niemanden aus den Socken, sind aber immerhin für solide Leistungen gut. Warum Frances McDormand (Oscar für Fargo) ihr Mitwirken zugesagt hat, bleibt indes schleierhaft. Vielleicht hatte Tilda Swinton keine Zeit. Für sie wäre die Rolle der medialen Rebellenfürstin wie maßgeschneidert. Pete Postlethwaite (Die üblichen Verdächtigen) macht bei seiner „Architekten“-Einlage aus Matrix Reloaded einen tranigen Eindruck und spielt seinem Rollenalter (400 Jahre) entsprechend.

    Warum nur meckert ein Großteil der US-Presse über „Aeon Flux“? Die Antwort fällt nicht schwer. Die Storybearbeitung aus der Feder des Duos Matt Manfredi und Phil Hay (The Tuxedo, nicht gerade eine Top-Referenz) bietet nicht viel mehr als eine durchschnittliche „Alias“-Folge. Zudem dauert es eine Weile, bis der Zuschauer durchschaut, worum es überhaupt geht, aber dieses Problem wird die Amerikaner weit mehr beschäftigen als die Europäer. Die eingeflochtene Klonthematik entpuppt sich als müde Storykrücke, die nicht unbedingt zu Begeisterungsstürmen animiert. Der übergeordnete Überwachungsstaat wird inhaltlich nur sehr oberflächlich abgehandelt. Selbst die Entwicklung einer zukünftigen Zivilisation war in ähnlicher Form in Star Trek - Der Aufstand schon wesentlich besser zu sehen. Das ist alles wirklich hübsch anzusehen, aber richtig packend und zwingend wirkt „Aeon Flux“ nie. Einige optische Highlights und passable Actionszenen sorgen zwischendrin für Kurzweil, aber Regisseurin Kusama gelingt es nicht, den Adrenalinpegel des Betrachters ständig am Limit zu halten. Trotz der kurzen Spielzeit von 92 Minuten drängt sich der Blick zur Uhr dann und wann auf.

    „Aeon Flux“ fehlt einfach ein origineller Eindruck. Fast alles, was präsentiert wird, war schon einmal da. Ein bisschen Matrix und Die Insel hier, eine Prise Jennifer-Garner-Elektra dort, dazu Elemente aus Blade Runner und Das fünfte Element, Ideen von George Orwell und Aldous Huxley und fertig ist der futurische Action-Thriller. Das Problem: Abgesehen von „Elektra“ ist jedes der genannten Vorbilder besser als „Aeon Flux“. Was beispielsweise Karyn Kusama von ihren Qualitäten als Indie-Regisseurin („Girlfight“) einbringen konnte, ist auf der Leinwand nicht positiv nachvollziehbar. „Aeon Flux“ ist nicht die angekündigte Katastrophe, aber ganz bestimmt ein Film der verschenkten Möglichkeiten. Ein versierteres Drehbuchteam hätte aus der Vorlage mehr herausholen und dem Sci-Fi-Reißer ein besseres Gleichgewicht verleihen können. Von dem Phrasenschwein-Prädikat „Film wie aus einem Guss“ ist „Aeon Flux“ meilenweit entfernt.

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