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    Das Weiße Haus sieht schwarz
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Das Weiße Haus sieht schwarz
    Von Morton Gudmonsdottir

    Eines vorweg: Stand-Up-Comedian Chris Rock ist absolute Geschmackssache. Die einen mögen sein infantiles Herumgehampel, den anderen geht dies mächtig auf die Nerven. Erstere will Rock jetzt mit einem Großangriff beglücken. Bei der Polit-Komödie „Head Of State“ führte er erstmals Regie, produzierte, schrieb am Drehbuch mit und übernahm selbstverständlich die Hauptrolle. Das Ergebnis ist zwiespältig. Witzig und überdreht, aber harmlos und oft unausgegoren pendelt der Film zwischen guter Unterhaltung und verschenkten Möglichkeiten.

    Mays Gilliam (Chris Rock) hat es nicht leicht. Der idealistische Distriktvertreter eines heruntergekommen Stadtteils von Washington D.C. verliert nacheinander seinen Job, seine Freundin Kim (Robin Givens), sein Auto und sein Fahrrad. Doch sein Pech soll sich schnell zum Guten wenden – denkt er zumindest. Nachdem der Präsidentschaftskandidat seiner Partei bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, wollen Senator Bill Arnot (James Rebhorn) und die Wahlkampfmanager Martin Geller (Dylan Baker) und Debra Lassiter (Lynn Whitfield) plötzlich ihn völlig überraschend als Kandidaten aufstellen. Allerdings planen sie nicht, dass Mays besonders gut abschneidet. Im Gegenteil: Er soll sich so gut wie möglich blamieren, damit Senator Arnot bei der nächsten Wahl in vier Jahren größere Chancen hat. Nach ersten Peinlichkeiten wird Mays von seinem Bruder Mitch (Bernie Mac) der Kopf gewaschen. Er fängt nun an, sich für die kleinen Leute zu engagieren, macht seine Sache dabei besser als alle denken und holt in den Umfragen auf seinen Gegenkandidaten mächtig auf...

    Die USA im Wahlkampf: Das ist für die amerikanischen Filmemacher immer mal wieder ein willkommenes Thema. Ernsthaft und brillant tat dies Mike Nichols in „Mit aller Macht“, böse und satirisch ging Tim Robbins sein oft ignoriertes Meisterwerk „Bob Roberts“ an, während die „President-in-trouble“-Komödien „Dave“ (Ivan Reitman) und „Hallo, Mr. President“ (Rob Reiner) sympathisch, aber harmlos daherkamen. Wenn ein Mann wie Chris Rock („Bad Company“) sich dieses Themas annimmt, ist klar, dass er sich auf seine Stärken besinnt: die Komik. Und so versucht er auch gar nicht erst, aus „Head Of State“ eine tiefsinnige Satire (wie zum Beispiel Warren Beatty mit seinem „Bulworth“) zu stricken. Bei Rock soll herzhaft gelacht und den Oberen kalauernd der ein oder andere Seitenhieb verpasst werden. Dieses Vorhaben gelingt auch größtenteils. Einzelne Episoden sind wirklich urkomisch. Wenn die weißen Vorortwähler in Anbetracht eines möglichen schwarzen Präsidenten in Panik verfallen, ist das nicht nur witzig, sondern auch eine gekonnte Persiflage vorhandener Vorurteile. Die Rassenthematik bringt Rock zumeist in Kalauermanier unter sein Publikum. Das widerspricht jeglichem Anspruch, ist aber oft ganz amüsant. Dazu gibt es ein paar nette Running Gags wie die sporadisch auftauchende Ex-Freundin Robin Givens.

    Das Problem bei „Head Of State“ ist allerdings ein ganz anderes. Chris Rock ist ein talentierter Komiker, aber alles andere als ein versierter Regisseur. Seine (natürlich) vorhersehbare Story verliert desöfteren den Rhythmus, die Storytwists, die Rock einstreut, sind nicht zwingend und wirken beliebig. Gelegentlich gleitet Rock sein Film unpassenderweise ins Cartoon-hafte ab, das Gesehene gerät zur Polit-Farce, wirkt sogar oft improvisiert und nicht durchdacht. Diese Mängel sind der Unerfahrenheit des Regisseurs zuzuschreiben. Ärgerlicher ist jedoch die Tatsache, dass aus den vorhandenen Ideen mehr zu machen gewesen wäre. Stärkerer Biss hätte „Head Of State“ gut zu Gesicht gestanden.

    So ist „Head Of State“ wie alles von und mit Chris Rock Geschmackssache. Seine Fans werden sich sicherlich bei dem Film amüsieren und auch der Komödienbesucher, der nicht allzu viel Tiefgang erwartet, wird an den richtigen Stellen lachen. Für einen rundum gelungenen Film ist das aber leider zu wenig. Rock verschenkt zuviel Potenzial, um auf ganzer Linie überzeugen zu können. Die US-Zuschauer sahen es ähnlich. „Head Of State“ spielte in Amerika 38 Millionen Dollar ein – nicht schlecht, aber auch nicht gut. So wie der gesamte Film.

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