Dass es hin und wieder Leute gibt, die das Kino vor Beendigung des Films verlassen, ist nicht wirklich eine Seltenheit. Insbesondere in den so genannten Sneak-Previews, also den Vorführungen eines unbekannten Überraschungsfilms. Manchmal meint es das Glück eben nicht gut mit einem und der gezeigte Film entspricht so ganz und gar nicht dem eigenen Geschmack. Da zieht es der ein oder andere hin und wieder vor, zu gehen und den angefangenen Abend anderweitig zu beenden. Dass allerdings mehr als die Hälfte der Zuschauer während der Vorführung den Saal verlässt, ist ein absolutes Novum, das der Autor dieser Zeilen eigentlich für undenkbar hielt. Zumindest bis heute, denn Eli Roth ist mit seinem Splatter-Movie „Cabin Fever“ dieses Kunststück tatsächlich gelungen!
Bei dem, was einem Eli Roth hier auftischt, fällt es Genre-typisch äußerst schwer, so etwas wie einen roten Faden heraus zu filtern. Doch wagen wir trotzdem den Versuch. Die fünf Freunde Paul (Rider Strong), Karen (Jordan Ladd), Bert (James DeBello), Marcy (Cerina Vincent) und Jeff (Joey Kern) haben soeben ihren College-Abschluss hinter sich gebracht. Eigentlich sollte also folglich spätes Frühjahr bzw. Sommer sein, allerdings ist die Szenerie irgendwann im späten Herbst angesiedelt. Doch das ist nur eines der zahlreichen Logikfehler in „Cabin Fever“. Wie dem auch sei, nach dem Klausurstress der letzten Wochen ist erst einmal eine deftige Sause und Abschalten angesagt. Zu diesem Zweck hat Berts Mutter für das Gespann eine Blockhütte in den Wäldern angemietet. Selbstverständlich in vollkommener Abgeschiedenheit. Wie sollte es auch anders sein? Doch die ländliche Idylle um jede Menge Bier, bewusstseinserweiternde Stoffe und Sex ist nur von kurzer Dauer. Bereits nach wenigen Tagen kommt ein nach Hilfe suchender Einheimischer an ihrer Blockhütte vorbei. Ein sonderbarer, Fleisch fressender Virus scheint ihn befallen zu haben. Die Freunde verweigern ihm aus Angst sich selbst zu infizieren den Eintritt in ihre Hütte und jagen ihn davon. Lange hat er offensichtlich ohnehin nicht mehr zu leben. Also wozu ein Risiko eingehen? Aber immerhin lebt er noch lange genug, um den Weg zum hiesigen Trinkwasser-Reservoir zu finden und bei seinem Todesröcheln in eben jenes zu stürzen. Der Rest der Handlung? Den ganz sich wohl jeder selbst zusammen reinem…
Eine originelle Geschichte schaut anders aus. Die Spannung muss bei „Cabin Fever“ also durch andere Punkte geschürt werden. Die Antworten von Eli Roth und Co-Drehbuchautor Randy Pearlstein sind dabei ebenfalls denkbar einfach: Skurrile Hinterwäldler-Charaktere, gruppeninterne Spannungen und vor allem sehr viel Blut. Fast schon unerträglich viel Blut in perversester Form. Was macht beispielsweise eine Frau, bei der sich krankheitsbedingt die Haut an den Füßen allmählich auflöst? Richtig, sie greift zum Lady-Shaver. Was sollte sie auch anderes tun? Liegt schließlich auf der Hand. Die mit Abstand makaberste Szene ist aber eine andere. Karen ist irgendwann so von dem Virus gezeichnet, dass sie - unfähig sich auch nur zu bewegen - vollkommen hilflos auf dem Boden liegt. Ein gefundenes Leckerli für einen herumstreunenden Hund, der mal eben ein paar kräftige Bissen von Karens mittlerweile schön saftigem Gesicht nimmt, vom dem mit Ausnahme des Gebisses und der Augenpartie nicht mehr viel übrig bleibt. Doch die so geschundene überlebt diese grausige Tortur tatsächlich und wird wenig später von Paul entdeckt. Dieser hat Mitleid mit Karen und möchte sie von ihren Leiden erlösen. Wie macht dies der Gentleman von heute? Nimmt er vielleicht das Gewehr, mit dem er kurz zuvor den Hund erlegt hat? Nein, er greift selbstverständlich zum Spaten und drischt ein paar Mal kräftig auf seine ehemalige Liebe ein…
Für all diejenigen, die jetzt immer noch ein Interesse daran verspüren, sich „Cabin Fever“ anzuschauen, sind hier noch weitere Gründe, warum es besser ist, dies nicht zu tun. Vollkommen jämmerlich und fehl am Platz wirken die Versuche von Roth und Pearlstein, so etwas wie Humor in ihr unterirdisches Machwerk einfließen zu lassen. Bert macht mit dem Luftgewehr Jagd auf schwule Eichhörnchen, steckt den halben Wald zum Grillen in Brand und der offensichtlich geistig zurückgebliebene Dorfjunge Dennis (Matthew Helms) sieht in allem und jeden einen zum anbeißen leckeren Pfannkuchen. Dämlicher geht’s eigentlich nicht mehr. Und lustig ist das auch nicht. Aber auch das Verhalten der einzelnen Personen lässt einen nur ungläubig den Kopf schütteln. Eine grausame, alles dahinraffende Krankheit grassiert unter seinen Freunden und Paul hat nichts anderes zu tun, als im nächst gelegenen Haus die nackte Frau des Hausherren anzugaffen anstatt Hilfe zu rufen? Alles klar…?!
Es ist erstaunlich, dass es trotz allem ganz offensichtlich ein gewisses Hardcore-Fanpotenzial für Filme wie „Cabin Fever“ gibt. Dem knappen Budget von gerade einmal 1,5 Millionen Dollar stand in den USA die exzellente Ausbeute von 22 Millionen auf der Haben-Seite gegenüber. Wer tatsächlich auf blutrünstige, hirnlose Splatter-Filme im Stil der 70er und 80er Jahre wie jüngst „Haus der 1000 Leichen“ steht und seinen Spaß daran hat, wenn ein krankes Hirn seine noch viel krankeren Ideen auf ein Stück Zelluloid bannt, findet hier genau die Art von Film, die er sucht. Alle anderen bleiben zuhause und starren 90 Minuten lang eine weiße Wand an. Das ist einerseits günstiger und andererseits mindestens genau so unterhaltsam.