Bei den Terrorangriffen des 11. Septembers 2001 wuchsen die New Yorker Firefighter über sich hinaus und stiegen durch ihren Einsatz und Mut zu Helden einer ganzen Stadt oder gar der kompletten Nation auf. Höchste Zeit also für Hollywood, seinem Volk den Film zum Held zu servieren. Jay Russells Action-Drama „Im Feuer“ ist optisch spektakulär, hat aber inhaltlich bitter wenig Interessantes zu bieten, was angesichts der enormen Schauwerte wirklich unglücklich ist, da der Film so im Mittelmaß stecken bleibt.
Bei einem Großbrand in Baltimore wird Feuerwehrmann Jack Morrison (Joaquin Phoenix) zum tragischen Helden. Als er ein Opfer aus dem brennenden Gebäude rettet und es anschließend waghalsig an der Fassade abseilen will, erschüttert eine riesige Feuerexplosion das Hochhaus. Jack bricht durch mehrere Stockwerke hindurch ein und bleibt schwer verletzt in den Trümmern liegen. Captain Mike Kennedy (John Travolta) schickt einen Trupp seiner Leute in die Flammen, um Jack rauszuholen. Während der Feuerwehrmann auf seine Rettung wartet, hat er Zeit, sein Leben Revue passieren zu lassen... Er erinnert sich, wie er seine Frau Linda (Jacinda Barrett) kennenlernt, seinen Einstand als Rookie-Firefighter erlebt und den ersten Einsatz durchsteht. Nachdem sein bester Freund Ray (Balthazar Getty) bei einem Brand stirbt, fühlt sich Jack verpflichtet, dessen Platz einzunehmen. Er meldet sich für den gefährlichsten Job von allen und ist fortan dafür zuständig, die Opfer aus den Flammen zu retten. Das führt zu Spannungen in seiner Familie, die inzwischen um die Kinder Katie (Brooke Hamlin) und Nicky (Spencer Berglund) angewachsen ist.
Der letzte große Film über Feuerwehrmänner liegt schon eine Weile zurück. 1991 schickte der spätere Oscargewinner Ron Howard („A Beautiful Mind“) in „Backdraft“ eine Starriege ins Feuer und konnte damit an der Kinokasse einen soliden Hit landen. Die Kritiker spotteten jedoch über die dünne Story, die mehr einer Soap-Opera-Episode entsprungen schien, denn einem abendfüllenden Actionkinofilm. Aus diesem Umstand hat Regisseur Jay Russell, der mit der Familien-Komödie „Mein Hund Skip“ nicht gerade eine Topreferenz aufbieten kann, wenig gelernt oder die falschen Schlüsse gezogen. „Ladder 49“ wirkt weniger wie ein dramatisch angelegter Kinofilm, sondern vielmehr wie eine gut gemeinte Verbeugung vor den Helden des 11. Septembers, die gleichzeitig ihren Sympathiebonus ausspielen müssen. Das Ganze soll als Nebeneffekt der Stoff für ein aufregendes Action-Drama sein. Doch lediglich in den exzellent komponierten Brand- und Explosionsszenen kocht „Ladder 49“ auf voller Flamme. Die Pyrotechniker liefern ein wahres Feuerwerk für die Augen, die Spannung und Emotionalität ist bei diesen wenigen Sequenzen packend.
Leider wussten Regisseur Russell und sein Autor Lewis Colick („Tödliches Vertrauen“, „Das Attentat“, „Bulletproof“) die Zwischenzeit nicht sinnvoll zu füllen. Was passiert schon im Leben eines völlig normalen Feuerwehrmannes? Er muss sich als Frischling beweisen, findet eine hübsche Frau, die auf kernige Typen steht, heiratet, die Kinder kommen zur Welt, Kollegen sterben, die Frau hat Angst um ihren Mann... Gähn. Das ist ungefähr ähnlich spannend und interessant wie das Privatleben eines Busfahrers oder Bahnschrankenwärters. Durch den Verzicht auf eine Krimi-orientierte Handlung wie in „Backdraft“ brockt sich Regisseur Russell das größte Problem des Films ein. Die Idee, die konventionelle Struktur zu ändern und seine Hauptfigur Jack Morrison um sein Leben kämpfen zu lassen und sich in der zweiten Erzählebene in Rückblenden zu erinnern, funktioniert auch nicht richtig. Die Gegenwartsgeschichte um seine versuchte Rettung bietet zu wenig Substanz, um fesseln zu können und die Flashbacks bestehen aus zuviel Flickwerk nach Schema F.
Zumindest sind die Charaktere zum Teil ordentlich ausgearbeitet, sodass sie ein Mindestmaß an Profil bekommen. Das nutzt aber auch nicht viel, da zwischen den Brandszenen oft Leerlauf herrscht. Für die Schauspieler bieten sich keine Möglichkeiten, zu glänzen. Sowohl Joaquin Phoenix („The Village“, „Signs - Zeichen“), aber noch viel mehr Altstar John Travolta („Pulp Fiction“, „Get Shorty“) haben beim Spielen auf Autopilot geschaltet. Natürlich sind sie so gut, dass selbst eine uninspirierte Leistung auf der Leinwand immer noch grundsolide wirkt – mehr aber auch nicht. Interessant und wichtig ist „Ladder 49“ allerdings für Jacinda Barrett. Die Australierin, die als Jacks Frau Linda Ausstrahlung zeigt, ist auf dem Weg zum Star. Nach „Der menschliche Makel“ und „Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns“ ist dies ihre dritte größere Rolle, in der sie durch ihre Natürlichkeit auffällt. Von den weiteren Nebendarstellern hat „Terminator“ Robert Patrick als kantiger Feuerwehrmann Lenny noch einige erinnernswerte Szenen, die dem Film immerhin ein bisschen Konfliktpotenzial, das ansonsten rar gesät ist, entlocken.
Jay Russell verpasst es, mit „Im Feuer“ durch die strikte Fokussierung auf das amerikanische Publikum, dem das einfache Leben der neuen Helden als emotionale Schonkost ohne großartige Storytwists serviert wird, einen anspruchsvollen Unterhaltungsfilm mit mehr Nährwert als dem eines Fast-Food-Burgers aufzubereiten. Dabei nimmt sich das Feuerwehr-Epos so ernst, dass nur Platz ist für korrekte amerikanische Werte. Die Gegenthese zu Russells „Ladder 49“-Feuerwehrmännern liefert übrigens überraschenderweise ein grandios aufspielender Mark Wahlberg in David O. Russells Komödien-Groteske „I Heart Huckabees“. Sein durchgeknallter Firefighter ist auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Aber eines weiß er bereits. „I’m no fuckin’ hero.“ Ein kleiner Anflug dieser Ironie und Leichtigkeit hätte dem klischeehaften und drögen „Ladder 49” gut zu Gesicht gestanden.